Politica | Landesregierung

Lanz(e) für Jasmin?

Im Hintergrund beginnt die Landesregierung SVP-Lega langsam Gestalt anzunehmen. Wer bleibt, wer kommt und wer unbedingt was werden will. Ein Überblick.
Philipp Achammer, Arno Kompatscher
Foto: Salto.bz
Offiziell hat man sich auf eine gemeinsame Sprachregelung geeinigt. „So lang nicht klar ist mit wem wir eine Koalition eingehen“, heißt es aus dem Palais Widmann und aus der SVP-Zentrale unisono, „wird über Personen oder Ämter nicht gesprochen“.
Die Wirklichkeit sieht aber deutlich anders aus. Denn innerhalb der SVP läuft seit Wochen ein harter Kampf um die Sitze und Ämter in der Landesregierung, in der Regionalregierung und im Landtagspräsidium.
Ich beneide den Arno nicht“, sagt ein Mitglied der Landesregierung mit Blick auf den Druck, der in Sachen Regierungsbildung auf dem Landeshauptmann lastet. Obwohl es offiziell noch mehrere politische Szenarien gibt und sich damit natürlich auch die personelle Zusammensetzung ändern könnte, zeichnet sich im Nebel der Verhandlungen, Ablenkungsmanöver und Hinterzimmergesprächen bereits jetzt ein konkretes Bild ab, wer in den kommenden fünf Jahren in der Landesregierung sitzen wird.
 

Die Aufstockung

 


Sicher ist: Arno Kompatscher wird die Landesregierung auf neun Mitglieder aufstocken. Möglich wären auch acht Landesräte und Landesrätinnen. Doch am Ende werden es, um die Befindlichkeiten der Bezirke, Richtungen und Lobbys unterm Edelweiss einigermaßen zufrieden zu stellen, neun Mitglieder werden. Das heißt, es braucht zwei italienische Landesräte und mindestens zwei Frauen.
Auch bei der Wahl der Koalition hat es Arno Kompatscher nicht einfach. Es ist kein Staatsgeheimnis, dass sich der amtierende Landeshauptmann, könnte er frei wählen, für den PD und die Grünen entscheiden würde. Das Wahlergebnis und die eindeutige Mehrheit der Lega in der italienischen Wählerschaft, lassen diese Option aber sehr unwahrscheinlich werden. Die Abneigung der mächtigen Bauernlobby gegen die Grünen und die Erleichterung einflussreicher SVP-Kreise endlich den ungeliebten PD loszuwerden, sind das zusätzliche Schmieröl, auf dem die Lega in die Landesregierung rutschen wird.
Dabei aber wird die SVP nicht nur politisch-thematische Vorgaben auf den Koalitionstisch legen, sondern auch eine klare Bedingung. Die Lega muss eine Landesrätin stellen. Demnach werden mit großer Wahrscheinlichkeit Massimo Bessone und Rita Mattei für die Lega in die neue Landesregierung einziehen. Außer dem Ressort „Italienische Schule und Kultur“ ist noch offen, welche Bereiche die beiden Leghisti abdecken werden. Möglich ist aber, dass der Bereich Mobilität nach 15 Jahren in SVP-Hand wieder zu einem italienischen Landesrat zurückkehrt.
 

Die Gesetzten

 


Fix in die Landesregierung starten die ersten fünf Gewählten auf der SVP-Liste. Arno Kompatscher, Philipp Achammer, Arnold Schuler, Waltraud Deeg und Daniel Alfreider. Auch die Kompetenzverteilung steht dabei in groben Zügen bereits fest.
In den vergangenen Jahren diskutierte man im Umkreis von Arno Kompatscher ernsthaft über eine völlig neue Herangehensweise. Die klassische Ressort- und Ämterverteilung sollte aufgehoben und durch sogenannte „Lebensbereiche“ ersetzt werden. Die Landesräte und vor allem der Landeshauptmann sollten Kompetenzen bekommen, die quer durch die Ressorts gehen. Am Ende schaffte man es aber nicht, diese Idee gesetzlich und politisch umzusetzen.
Demnach wird es auch jetzt zur traditionellen Verteilung der Kompetenzen kommen. Arno Kompatscher wird - nach der Erfahrung der ersten fünf Jahre - dabei strategische Bereiche übernehmen, in denen in der kommenden Legislatur richtungsweisende Entscheidungen anstehen. Fast sicher ist, dass der Landeshauptmann den Bereich Wirtschaft abgeben wird. Damit werden auch bei ihm Kapazitäten für neue Aufgaben frei.
 
Philipp Achammer wird jene Agenden behalten, die er bereits in der vergangenen Legislatur verwaltet hat. Nach seinem außerordentlich guten persönlichen Wahlergebnis wird der SVP-Obmann aber noch etwas dazu bekommen.
Waltraud Deeg wird neben dem Bereich Familie auch den Bereich Wohnbau übernehmen. Daniel Alfreider wird als ladinischer Landesrat Florian Mussners Bereiche erben. Der gelernte Bauingenieur ist aber als Joker in dieser Landesregierung vielseitig einsetzbar. So könnte er am Ende auch im wichtigen Bereich der Urbanistik ein Wort mitreden.
 

Die Bauern

 
Wer das Ressort Raumordnung, Landschaft und Natur übernehmen wird, ist eine der spannendsten und bisher noch offenen Fragen bei dieser Regierungsbildung. Im Hintergrund versucht vor allem der mächtige Bauernbund eine Rochade durchzusetzen. Weil Maria Hochgruber Kuenzer als Neuntgewählte und zweitbeste Frau auf der SVP-Liste mit Nachdruck einen Sitz in der Landesregierung fordert, hat man dort ein klares Szenario angedacht. Arnold Schuler soll die Urbanistik und den Natur- und Landschaftsschutz übernehmen und Maria Hochgruber Kuenzer die Landwirtschaft. Weil Schuler der Bauernbundspitze seit langem ein Dorn im Auge ist, glaubt man damit zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen zu können.
 
Diesen Plan hat aber Arnold Schuler zunichte gemacht. Auf der Sitzung des SVP-Landwirtschaftsausschusses zu Beginn dieser Woche hat der amtierende Landwirtschaftslandesart unmissverständlich klar gemacht, dass er auf sein Amt beharre und nicht daran denke in ein anderes Ressort zu wechseln. „Entweder Landwirtschaft oder sonst kann er auch gehen“, beschreibt ein Sitzungsteilnehmer Schulers Botschaft. Wer das Verhältnis zwischen Arno Kompatscher und Arnold Schuler kennt, der weiß, dass der Landeshauptmann diese Haltung respektieren wird.
 

Der Prellbock

 
Damit verbleiben noch zwei Plätze in der Landesregierung. Wobei einer davon bereits an Thomas Widmann vergeben ist. Widmann ist bei dieser Wahl noch einmal angetreten und hat auch die Leitung des SVP-Wahlkampfes übernommen, weil sein Comeback in der Landesregierung bereits vorher konkret thematisiert wurde.
Für Arno Kompatscher ist es ein doppelter pragmatischer, strategischer Schritt. Zum einen wird Widmann die Sanität übernehmen und damit jenes Problemfeld, das die SVP bei diesen Wahlen zumindest ein Mandat gekostet hat.
 
Zum anderen ist Widmann für Kompatscher ein Prellbock gegenüber zwei Machzentren, die nur allzu gern am Stuhl des Landeshauptmannes sägen: Der Athesia-Konzern und der Kreis der sogenannten „Alten“ um Luis Durnwalder. Ein Thomas Widmann in der Landesregierung ist Garant dafür, dass das Sperrfeuer auf Kompatscher aus diesen beiden Richtungen deutlich abnehmen wird. „Der Arno würde sich damit einige Probleme vom Hals schaffen“, ist sich ein Mitglied der SVP-Parteileitung sicher.
 

Das Duell

 
Um den verbleibenden letzten Platz in der Landesregierung dürfte es zu einem Stechen zwischen Gert Lanz und Jasmin Ladurner kommen.
Es war Arno Kompatscher, der den 47-jährigen Toblacher Unternehmer Gert Lanz im allerletzten Moment auf die SVP-Liste gesetzt hat. Kompatscher und Lanz verstehen sich seit langem persönlich sehr gut. Der Plan Kompatschers war es ursprünglich die Wirtschaftsagenden in der Landesregierung Lanz zu übergeben.
Das Problem dabei: Sowohl der Unternehmerverband, wie auch der HGV machen gegen den noch amtierenden LVH-Präsidenten (der Rücktritt ist bereits beschlossen) als Wirtschaftslandesart mobil. Dazu kommt, dass Lanz auch in der Pusterer SVP-Bezirksleitung mehr Feinde als Fürsprecher hat.
 
Demnach könnte am Ende Jasmin Ladurner die lachende Dritte oder der beste Kompromiss sein. Ladurner würde nicht nur den SVP-Bezirk Burggrafenamt und die JG in der Landesregierung vertreten, die 24-jährige Politologin wäre auch in Sachen Erneuerung ein Aushängeschild. Zudem hätte die Regierung Kompatscher II dann ein Drittel weiblicher Mitglieder. Dass Ladurner einen Gang mehr hat als viele auf der SVP-Liste, hat sie im Wahlkampf eindeutig bewiesen.
 

Land und Region

 
Damit aber dürfte Maria Hochgruber Kuenzer im Sitz um die Landesregierung aus dem Rennen sein. Die 60-jährige Bäuerin ist die Favoritin für das Amt der Landtagspräsidentin. Für Kuenzer, die im Landtagspräsidium bereits Erfahrung gesammelt hat, wäre es auf jeden Fall eine Herausforderung.
Sepp Noggler, der bei den Landtagswahlen ebenfalls sehr gut abgeschnitten hat, wird sein Amt als Regionalassessor behalten.
Ansprüche auf einen Sitz in der Landesregierung erhebt aber auch Franz Locher. Als Sechstgewählter liegt der Sarner Bürgermeister immerhin vor Widmann, Kuenzer und Lanz. 
Locher wird den Sprung in die Regierungsverantwortung kaum schaffen. Für ihn dürfte ein Amt im Landtags- oder Regionalratspräsidium herausschauen. Dafür hat man dem sichtlich unbescheidenen Neo-Landtagsabgeordneten innerhalb seiner Partei bereits einen Kosenamen gegeben.
Von salto.bz auf Lochers Chancen angesprochen, meint ein hoher SVP-Funktionär: „Ah, unser Trump“.