Politica | Bozen 2016

Am Flughafen soll's nicht scheitern

Es könnte von den Grünen abhängen, ob Mitte-Links in Bozen eine regierungsfähige Mehrheit schafft. Lantschner ist einer möglichen Koalition gegenüber nicht abgeneigt.

6,12 Prozent, vier Sitze im Gemeinderat, in jedem der fünf Stadtviertel mit mindestens einem Kandidaten vertreten – das ist das Ergebnis, das die Grünen-Projekt Bozen bei den Neuwahlen am 8. Mai eingefahren haben. “Sehr zufrieden” bis “teils, teils”, sind die Reaktionen, die am Montag im Sitz der Bozner Grünen in der Bindergasse 5 zu hören sind. Vor allem der Durchmarsch von CasaPound – die Neofaschisten haben mehr Stimmen als die Grünen erhalten – bereitet Sorgen. “Das ist beängstigend und wir müssen nun Alternativen aufzeigen und klar machen, dass die Werte, die diese Personen vertreten, in der heutigen Welt absolut nichts verloren haben”, so das klare Statement.


Ohne Grüne wieder nichts?

Abgesehen davon muss man sich am Montag noch anderen Debatten stellen. Die Grünen-Projekt Bozen könnten erneut das Zünglein an der Waage einer möglichen Regierungskoalition in Bozen sein. Gewinnt Renzo Caramaschi die Stichwahl am 22. Mai, ist er aller Voraussicht nach auf die vier Grünen Räte und ihre Stimmen angewiesen. Um eine Allianz mit der SVP kommt das Mitte-Links-Lager um Caramaschi nicht herum. Doch gemeinsam würde man nur auf 19 Stimmen (9 PD, 8 SVP, 2 Liste für Caramaschi) kommen. Fehlen noch vier auf die für eine Mehrheit nötigen 23 Stimmen. Auch wenn ein Schulterschluss mit Angelo Gennaccaro und Io sto con Bolzano gemacht wird, fehlen immer noch zwei. Andere Koalitionspartner als die Grünen bieten sich kaum an, wenn man davon ausgeht, dass sich der Movimento 5 Stelle nicht mit Caramaschi an einen Tisch setzen wird.

Von den vier Gewählten sind zwei Frauen und zwei Männer, zwei der deutschen und zwei der italienischen Sprachgruppe zugehörig. Die Grüne Choreografie ist perfekt.
(Tobe Planer)

Entsprechend eifrig wird in der Bindergasse 5 am Nach-Wahltag diskutiert. Anwesend sind die vier in den Gemeinderat Gewählten: Tobe Planer, Marialaura Lorenzini, Chiara Rabini und Bürgermeisterkandidat Norbert Lantschner. Was hält dieser von einer möglichen Koalition mit Caramaschi? Im Vorfeld der Wahlen hatten sich die Grünen ja dezidiert gegen eine Unterstützung des ehemaligen Bozner City-Managers ausgesprochen. “Ein Alleingang zumindest im ersten Wahlgang”, dafür hatten sich die Grünen entschieden. Nun ist dieser Geschichte. Und die Verhandlungen um eine eventuelle Unterstützung gehen von Neuem los. Gespräche zwischen Caramaschi und Lantschner hat es seit der Wahlnacht noch keine gegeben, sehr wohl aber Kontakte mit der Grünen Co-Sprecherin Corinna Lorenzi. Lantschner schließt eine Koalition mit dem Bündnis um Caramaschi nicht a priori aus. “Es gibt eine grundsätzliche Nähe zwischen uns und Mitte-Links und eine grundsätzliche Übereinstimmung im weitesten Sinn”, sagt er am Montag Mittag zu salto.bz. Nun gelte es, “im Einzelnen zu prüfen, wie in den Gesprächen ökologische, soziale und ökonomische Details herauskristallisiert werden”.


Knackpunkt Flughafen

Das heißeste Eisen ist dabei der Flughafen Bozen. Die Grünen zählen zu den härtesten Gegnern des “zu teueren, und schädlichen” Ausbau-Projekts, wie Marialaura Lorenzini betont. In den Reihen des PD spricht man sich ausdrücklich für den Flughafen aus. Für Caramaschi selbst ist der Flughafen kein Thema, an dem eine künftige Koalition mit den Grünen scheitern könnte: “Il tema (der Flughafen, Anm.d.Red.) non può essere motivo di divisione”, sagt Caramaschi zu salto.bz. Lantschner sieht das ziemlich ähnlich: “Der Flughafen ist ein sehr wichtiges Thema, aber nur eines der Mobilität und sicher nicht das entscheidende.” Er kündigt an, dass es sicherlich Gespräche dazu geben wird, “und wir werden klar reden und die Positionen abklären”, kündigt Lantschner an.

Der Flughafen ist nicht das Ja-oder-Nein-Thema.
(Norbert Lantschner)

Von ihrer Position gegen den Flughafen werden sich die Grünen nicht abbringen lassen, so viel wollen sie klar stellen. “Bis zum 12. Juni (Termin der Volksbefragung zum Flughafen, Anm.d.Red.) werden wir alles geben, um unsere Gegenargumente zu vertreten”, sagt Lorenzini. “Aber vielleicht schaffen wir es ja, sie (Caramaschi und seine Allianz, Anm.d.Red.) von unserer Sicht der Dinge zu überzeugen”, schmunzelt sie. Doch nicht nur der PD und Caramaschis Liste werden ausschlaggebend dafür sein, ob die Grünen mit in ein zukünftiges Regierungs-Boot geholt werden.


Das Grüne Verantwortungsbewusstsein

Da ist noch die SVP, bei der auch nicht immer alle glücklich waren über die “Nein-Sager” oder “Verhinderer”, wie die Grünen gern genannt werden. “Ich frage mich allerdings, was die Alternative wäre”, meint Tobe Planer etwas provokativ. Er hat am Sonntag zum dritten Mal den Einzug in den Bozner Gemeinderat geschafft – wie voriges Jahr mit den meisten Vorzugsstimmen. Sollte es zu Gesprächen mit Caramaschi kommen – und davon darf ausgegangen werden –, “werden wir ganz klar unsere Forderungen stellen”, sagt Planer.

Werden die Grünen-Projekt Bozen ihre strategisch günstige Ausgangslage ausnützen, um Druck auf Caramaschi auszüben? “Klarerweise werden wir versuchen, so viele Punkte wie möglich in das Regierungsprogramm einfließen zu lassen”, kündigt Planer an. Allerdings sei man auch gewillt, Kompromisse einzugehen. Aber: “Wir müssen nicht um jeden Preis mitregieren.” Das hatte Tobe Planer bereits im März verlautbart. Heute, nach geschlagenen Wahlen, wiederholt er sein Statement. “Aber”, fügt er hinzu, “alles in allem überwiegt das Verantwortungsbewusstsein und der konstruktive Wille, etwas für die Stadt zu tun. Und ich denke, dass sich die Wähler das auch von uns erwarten”.

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Martin Senoner Lun, 05/09/2016 - 15:35

Ich bin für eine Koalition der drei größten Fraktionen (Caramaschis Liste kann sich im Gemeinderat ja dem PD anschließen). Aber die Klientenpartei PD braucht unbedingt ein Korektiv bei den fünf Sternen!

Lun, 05/09/2016 - 15:35 Collegamento permanente