"Der Gesang des Todes"
Zunächst konnte es verwunderlich wirken, warum das Münchner Literaturhaus in Südtirol eine Ausstellung über Robert Musil und sein Verhältnis zum Ersten Weltkrieg mitgestaltet. Besteht hierzulande überhaupt das Interesse an dem Thema? Wer Zweifel dran hatte, der wurde bei der Eröffnung der Ausstellung eines Besseren belehrt. Die Besucher erschienen zahlreich und das lag möglicherweise auch an der Prominenz, die über Musil referierte: Karl Corino, Robert Musils Biograf und Literaturkritiker, las aus Musils Texten vor. Der Landesrat Florian Mussner machte auf die vielfältige Museenlandschaft in Südtirol aufmerksam und Reinhard G. Wittmann, der Direktor des Literaturhauses München, erzählte Einiges über Robert Musils Bezug zu Südtirol.
Und in der Tat stellte sich bei seinen Ausführungen heraus, dass es gar nicht abwegig ist, auf Schloss Tirol eine Ausstellung über Musil zu machen. Nach seiner Offiziersausbildung und dem Studium wird Musil schon im September 1914 in Südtirol stationiert. Nach der Kriegserklärung Italiens an Österreich wird der Schriftsteller an die Ortlerfront versetzt, wo er seine Kompanie anführt. Danach wechselt er noch öfters den Ort, an dem er Dienst leistet, unter anderem kämpft er am Isonzo und in der Valsugana. Dazwischen gibt es auch für ihn immer wieder Lazarettaufenthalte. Im Jahr 1916 arbeitet er in Bozen als Redakteur der Tiroler Soldatenzeitung.
Diese Stationen im Leben Musils sind in der Ausstellung auf Schloss Tirol ausführlich dokumentiert. Neben originalen Exponaten aus dem Ersten Weltkrieg und Audio-Auszügen aus verschiedenen Texten Musils, die sich mit dem Weltkrieg befassen, gibt es jede Menge Fakten auf zweisprachigen Tafeln und für das Auge beeindruckende Bilder bekannter Künstler wie Albin Egger-Lienz, die wie Musil während des Krieges für Propagandazeitungen tätig waren.
Historiker Hans Heiss, Landesrat Florian Mussner und Leo Andergassen, Direktor des Landesmuseums Schloss Tirol, besichtigen die Ausstellung "Der Gesang des Todes".
Musils eigene Einstellung zum Krieg konnte sich anfangs dem allgemeinen Enthusiasmus nicht entwinden, schlug aber bald schon in Skepsis um, wie aus seinen Tagebüchern ersichtlich wird. In seinen öffentlichen Schriften äußert er sich erst nach dem Krieg über dessen schreckliche Sinnlosigkeit. Er wurde Anhänger der paneuropäischen Idee Richard Coudenhove Kalergis: Um Krieg, die mörderische Folge „der rivalisierenden Bestialstaaten“, in Zukunft zu verhindern, kann laut Musil nur eine Union der Europäischen Staaten eine überzeugende Lösung sein. Leider brauchte Europa einen weiteren Weltkrieg, um das zu verstehen.
Eine sehenswerte Ausstellung, die auch verschiedene Workshops für Schulen anbietet. Kontakt:
Landesmuseum für Kultur- und Landesgeschichte Schloss Tirol
Tirol, Schlossweg 24
Tel. +39 0473 220221 - Fax +39 0473 221132