Cultura | Sehenswerter Film

Was ist Demokratie?

Der Demokratie auf den Puls fühlen will die US-amerikanische Regisseurin Astra Taylor in ihrem Werk "What is democracy?" und begibt sich dafür auf eine zweifache Reise.
Avvertenza: Questo contributo rispecchia l’opinione personale dell’autore e non necessariamente quella della redazione di SALTO.

„What is democracy?“ ist das dritte Werk der aufstrebenden US-Regisseurin Astra Taylor (Zizek!, Examined Life) mit einem reichlich anspruchsvollen Thema: wo liegt die reale Macht in den heutigen Demokratien? Werden unsere demokratischen Systeme von Finanzoligarchen gesteuert? Leben wir gar schon in einer „Post-Demokratie“ (Colin Crouch), wo hinter dem Ritual der Wahlen ganz andere Mächte schalten und walten? Taylor will’s genau wissen und hat sich auf eine lange Recherche gemacht vom alten Griechenland über das mittelalterliche Siena bis in die Suburbs amerikanischer Großstädte von heute. Warum hat die Demokratie dort einen Trump erzeugt und im Vereinigten Königreich den Brexit ermöglicht? Was hindert Afroamerikaner daran, ihre demokratischen Rechte auszuüben? Warum haben sich die Griechen der Finanzkrise vor 10 Jahren nicht demokratisch erwehrt und andere Widersprüche dieses Systems mehr.

Die ursprüngliche Bedeutung von Demokratie, nämlich Volksherrschaft, ist der rote Faden für Astra Taylors filmische Recherche. Schon Platon erklärte, dass Demokratie bei starker Ungleichheit unter den Bürgern bezüglich Einkommen und Vermögen leiden würde. Wenn Reiche immer reicher werden und die große Mehrheit der Bürger weder Zeit, Bildung noch Geld hat, um sich um Politik zu kümmern, leidet die Demokratie. Eine der Grundlagen der antiken Demokratie war nämlich nicht nur die Gleichheit des Stimmengewichts der Bürger, sondern auch die Vergleichbarkeit in der Lebenslage der Stimmberechtigten. Die Demokratie des alten Athens zwang die Vermögenden sich mit den wirtschaftlich Schwächeren auseinanderzusetzen und gemeinsam zu entscheiden. Heute sind wir bei Wahlen gleich, doch die Wohlhabenden und Mächtigen haben im realen Entscheidungsprozess ein ganz anderes Gewicht und ganz andere Möglichkeiten, die Wahlen und Abstimmungen in ihrem Sinn zu beeinflussen. Das gilt nicht nur für die USA und Facebook-Fakes.

Doch diese filmische Reise durch die Demokratie von Astra Taylor ist nicht so sehr philosophischer Natur, sondern verschiedenste Menschen in ganz verschiedenen Kontext  liefern ihr Antworten auf „What is democracy“? Vom syrischen Flüchtling bis zum US-Abgeordneten räsonieren Menschen darüber, was Demokratie heute bedeuten könnte: das Thema klingt abstrakt, der Film selbst alles andere als abstrakt. Taylors Film berührt viele wunde Punkte der heutigen Demokratie, wie eine Warnleuchte an all jene, die Wert auf Demokratie legen, leuchtet die Botschaft durch: kümmert euch um eure Rechte auf Mitsprache und Mitbestimmung, wenn ihr nicht in der Oligarchie enden wollt.

Zu sehen ist der Film in der Reihe MONDOVISIONI, organisiert von der GfbV und POLITiS, in der  Bibliothek Kulturen der Welt, Schlachthofstr.50, Bozen, am Dienstag, 19.2.19, 18-20 Uhr, freier Eintritt. Hier das Gesamtprogramm der Reihe: http://www.gfbv.it/4appuntamenti/4indice.html