In Rom, wo demnächst ein neuer Bürgermeister gewählt wird, verkünden tausende Plakate die Verwirklichung von Berlusconis Wahlversprechen:" IMU abolita". Daß die ungeliebte Immobiliensteuer noch gar nicht abgeschafft ist, gehört zu den Nebensächlichkeiten, die den Cavaliere noch nie interessiert haben. Für den 76-jährigen könnte es kaum optimaler laufen. In den Umfragen liegt sein Rechtsbündnis mit 33 Prozent klar in Führung. Ohne ihr selbst anzugehören, bestimmt Berlusconi den Kurs der von ihm gewünschten Koalition. Das jüngste Urteil nimmt er zum Anlass, sich einmal mehr als Justizopfer darzustellen. Doch die Töne sind eher gedämpft. Seit Berlusconi dem Scharfmacher Niccoló Ghedini mit dem bekannten Strafverteidiger Franco Coppi einen politisch unverdächtigen Anwalt zur Seite gestellt hat, scheint er um Schärfung seines institutionellen Profils bemüht. Er bellt, aber er beißt nicht. Ist darauf bedacht, die Regierung nicht zu gefährden. Der Aufhebung des jüngsten Urteils durch das Kassationsgericht kann er zuversichtlich entgegenblicken, nachdem vor wenigen Tagen der dem Rechtsbündnis nahestehende Richter Giorgio Santacroce zum Präsidenten bestellt wurde.
Rückkehr der Dinosaurier
Indessen kehrt die alte Kaste unbekümmert zurück. Bei der Bestellung der 30 Kommissionspräsidenten in Kammer und Senat hievte der PDL eine ganze Reihe politischer Dinosaurier in einflußreiche Posten. Fabrizio Cicchitto, seit 37 Jahren in der Politik und ehemaliges Mitglied der Geheimloge P2, leitet den außenpolitischen Ausschuß der Kammer. Im Senat geht der Vorsitz an Pier Ferdinando Casini, der damit für seine Wahlniederlage belohnt wird. Der langjährige lombardische Präsident Roberto Formigoni, gegen den ein Gerichtsverfahren wegen Korruption läuft, wurde mit dem Vorsitz der Agrarkommission belohnt. Kompetenz ist Nebensache. Ex-Landwirtschaftminister Giancarlo Galan wird Präsident der Kulturkommission. Der Ausschuss, der über die Aufhebung der Immunität entscheidet, wurde Ignazio La Russa anvertraut. Francesco Nitto Palma schaffte die Wahl zum Präsidenten der Justizkommission auch ohne die Stimmen des frustrierten Partito Democratico. Da kann es kaum verwundern, daß die neue Regierung, die zehn Tage nach ihrer Vereidigung noch keine einzige Maßnahme genehmigt hat, sich zur Klausur in die toskanische Abtei Spineto zurückzieht.