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Foto: A22
Chronik | Von Gerhard Mumelter aus Rom

Das Postenkarussell der Kaste

Während der Partito Democratico auf den politischen Selbstmord zusteuert, reibt sich Silvio Berlusconi die Hände. Er zieht im Hintergrund die Fäden und zwingt die Regierung dazu, seine Wahlversprechen zu erfüllen.

In Rom, wo demnächst ein neuer Bürgermeister gewählt wird, verkünden tausende Plakate die Verwirklichung von Berlusconis Wahlversprechen:" IMU abolita". Daß die ungeliebte Immobiliensteuer noch gar nicht abgeschafft ist, gehört zu den Nebensächlichkeiten, die den Cavaliere noch nie interessiert haben. Für den 76-jährigen könnte es kaum optimaler laufen. In den Umfragen liegt sein Rechtsbündnis mit 33 Prozent klar in Führung. Ohne ihr selbst anzugehören, bestimmt Berlusconi den Kurs der von ihm gewünschten Koalition. Das jüngste Urteil nimmt er zum Anlass, sich einmal mehr als Justizopfer darzustellen. Doch die Töne sind eher gedämpft. Seit Berlusconi dem Scharfmacher Niccoló Ghedini mit dem bekannten Strafverteidiger Franco Coppi einen politisch unverdächtigen Anwalt zur Seite gestellt hat, scheint er um Schärfung seines institutionellen Profils bemüht. Er bellt, aber er beißt nicht. Ist darauf bedacht, die Regierung nicht zu gefährden. Der Aufhebung des jüngsten Urteils durch das Kassationsgericht kann er zuversichtlich entgegenblicken, nachdem vor wenigen Tagen der dem Rechtsbündnis nahestehende Richter Giorgio Santacroce zum Präsidenten bestellt wurde.

Rückkehr der Dinosaurier
Indessen kehrt die alte Kaste unbekümmert zurück. Bei der Bestellung der 30 Kommissionspräsidenten in Kammer und Senat hievte der PDL eine ganze Reihe politischer Dinosaurier in einflußreiche Posten. Fabrizio Cicchitto, seit 37 Jahren in der Politik und ehemaliges Mitglied der Geheimloge P2, leitet den außenpolitischen Ausschuß der Kammer. Im Senat geht der Vorsitz an Pier Ferdinando Casini, der damit für seine Wahlniederlage belohnt wird. Der langjährige lombardische Präsident Roberto Formigoni, gegen den ein Gerichtsverfahren wegen Korruption läuft, wurde mit dem Vorsitz der Agrarkommission belohnt. Kompetenz ist Nebensache. Ex-Landwirtschaftminister Giancarlo Galan wird Präsident der Kulturkommission. Der Ausschuss, der über die Aufhebung der Immunität entscheidet, wurde Ignazio La Russa anvertraut. Francesco Nitto Palma schaffte die Wahl zum Präsidenten der Justizkommission auch ohne die Stimmen des frustrierten Partito Democratico. Da kann es kaum verwundern, daß die neue Regierung, die zehn Tage nach ihrer Vereidigung noch keine einzige Maßnahme genehmigt hat, sich zur Klausur in die toskanische Abtei Spineto zurückzieht.

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no name Fr., 10.05.2013 - 18:46

Einerseits frustrierend, andererseits, wer geglaubt hat, die alten Hasen räumen mir nichts Dir nichts das Feld, glaubt auch an den Yeti (selbst der wurde uns schon für viel Geld für echt verkauft, wer sich daran erinnern möchte...) und kann sich in Südtirol eines Besseren belehren lassen. Und doch...es gibt eine Veränderung, auf die ich baue: die Frauen, sie werden und müssen gehört werden, darin liegt die Lösung.

Fr., 10.05.2013 - 18:46 Permalink
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Martin Geier Sa., 11.05.2013 - 19:04

Ja; das ist nicht schön anzuschauen. Nachdem die Regierung eher moderat ausgefallen ist und sich die Parteien nicht so durchsetzen konnten wie sie es eigentlich gerne gewollt hätten so tun sie sich nun beim Apparat darunter gütlich. Infolge der Krise des PD ist es Berlusconi gelungen gar einige für ihn und sein Schicksal relevante Felder zu besetzen. Aus dieser Sicht ist es auch unlogisch daß B. ausgerechnet diese Regierung versenken würde; auch wenn er gute Umfragewerte hat. Weil es könnte auch anders kommen; keine Wahlen und PD und M5S einigen sich. Deshalb denke ich diese Regierung wird wohl wenigstens bis zu den Europawahlen 2014 halten; danach könnte es weitergehen; das hängt aber vom Ausgang ab. Aber immerhin; diese politische Regierung ist besser als keine und trotz der Exponenten oben ist sie besser als irgendeine technische- oder wacklige Minderheitsregierung. Da gebe ich Kronbichler recht; die beste Regierung zu der er je Nein gesagt hat. Natürlich ist es eine quasi alte DC Regierung in neuem Gewand, garniert mit dem compromesso storico; aber das passt zum Wesen des Landes.

Sa., 11.05.2013 - 19:04 Permalink