Ambiente | Transit

Das Gipfel-Rasseln

Warum der Brenner-Verkehrsgipfel, der am Dienstag in Bozen stattfinden soll, weiter für Verstimmung sorgt. Und warum bald zwei Kompatschers auf der Straße stehen könnten.
Autobahn Richtung Innsbruck
Foto: Salto.bz

Die Feuer sind abgebrannt, die Fahnen und Trachten wieder fein säuberlich verräumt – der Treueschwur dem Herzen Jesu ist erneuert. Die Gefahr aus Bayern scheint aber noch nicht gebannt.
1796 siegten die Tiroler Truppen gegen Franzosen und Bayern am Bergisel – hier haben die Herz-Jesu-Feiern ihren Ursprung. 200 Jahre später droht dem Heiligen Land Tirol offenbar neues Ungemach. In der Person der bayerischen Staatsministerin für Verkehr.

 

Nur gemeinsam zu meistern

Die CSU-Ministerin Ilse Aigner soll für ihren Partei- und Amtskollegen auf Bundesebene, Andreas Scheuer, am morgigen Dienstag nach Bozen kommen. Der deutsche Verkehrsminister Scheuer hatte am Donnerstag seine Teilnahme am Brenner Meeting abgesagt – und damit für dicke Luft vor dem länderübergreifenden Verkehrsgipfels zur Transit-Problematik entlang der Brenner-Route gesorgt. Eine Absage des gesamten Treffens stand im Raum.

Doch nun soll Aigner 12. Juni nach Bozen kommen. Von ihr erwarten sich vor allem die Nordtiroler Entgegenkommen. Denn zwischen Bayern und dem Bundesland Tirol herrscht seit Langem dicke Luft. Im Freistaat kritisiert man die LKW-Fahrverbote und -Blockabfertigungen auf österreichischer Seite. Aber dort will man nicht davon abrücken. “Als Landeshauptmann habe ich die Verpflichtung, die Tirolerinnen und Tiroler zu schützen”, stellt Günther Platter klar. Der Tiroler Landeshauptmann reagierte unwirsch auf die Absage von Andreas Scheuer. Ebensowenig erfreut über die offensichtliche Gesprächsverweigerung war auch Arno Kompatscher. “Jedes Jahr rollen rund 2,5 Millionen LKW über den Brenner, deshalb ist ein schnelles Eingreifen angezeigt, und zwar mit Maßnahmen für weniger Umweg-Verkehr durch die günstigere Maut, mit Maßnahmen für mehr Warentransport auf der Schiene und auch mit einem Verbot des Schwerverkehr-Transits auf der Staatsstraße”, hatte der Landeshauptmann im Vorfeld des Verkehrs-Gifpels verlauten lassen.

Nach Scheurers Absage fand Kompatscher deutlichere Worte: Wenn sich Deutschland jetzt nicht gesprächsbereit für gemeinsame Lösungen zeige und auf Zeit spielen wolle, “dann werden wir eben zur Selbsthilfe greifen, und auch ich selbst werde mich irgendwann auf die Straße stellen”, wird der Landeshauptmann von der Tageszeitung zitiert.

 

Nur nicht locker lassen

Die Zusage der bayerischen Verkehrsministerin Ilse Aigner für das Brenner Meeting, das zu platzen drohte, hatte die Wogen geglättet – zunächst.
Am Herz-Jesu-Sonntag berichten deutsche Medien von einem Vorschlag Aigners, der für erneute Verstimmung sorgt. Die Tiroler sollen das LKW-Nachtfahrverbot, das seit 1989 gilt, lockern. So Aigners Forderung vor dem Brenner-Gipfel. Damit könnte das zunehmende LKW-Verkehrsaufkommen besser verteilt werden. Prompt die Reaktion des Tiroler Landeshauptmannes: Eine Aufweichung des Nachtfahrverbots würde unweigerlich dazu führen, “dass noch mehr LKW den Weg durch Tirol nehmen”, so Platter. “Jetzt darüber nachzudenken ist für uns inakzeptabel.”

Besser gar nicht als mit einem solchen Vorschlag nach Bozen kommen. Das ist der Tenor eines Schreibens, das das Transitforum Austria rund um Fritz Gurgiser noch am Sonntag an Ilse Aigner richtet. “Naiv” sei die Vorstellung, “Verkehr vom Tag in die Nacht zu verlegen, damit er ‘flüssiger’ wird und gleichzeitig blind und taub zu übersehen, dass gleichzeitig Lärm vom Tag in die Nacht ‘verteilt’ wird – vermutlich nach dem Motto ‘wenn es rund um die Uhr laut ist, wird es leichter ertragen’”, so die Tiroler Transitgegner, die Aigner auffordern, “unverzüglich Abstand” von ihrem Vorschlag zu nehmen. Andernfalls solle sie sich die Reise nach Bozen sparen und stattdessen die Alpenkonvention studieren und sich vor Ort “alpenkundig” und ein Bild davon zu machen, “wie es uns im größten Luft- und Lärmsanierungsgebiet Europas geht”. Auf dieser Grundlage könne dann an einer “längst überfälligen Änderung der verkehrs- und finanzrechtlichen Rahmenbedingungen” gearbeitet werden.

 

Kompatschers auf der Straße?

Klare Ansagen kommen vor dem morgigen Gipfeltreffen auch von südlich des Brenners. Oder besser gesagt, direkt vom Brenner. “Wir können es nicht länger dulden, dass andere über unsere Köpfe hinweg entscheiden und über uns Südtiroler und Tiroler im wahrsten Sinne des Wortes einfach drüberfahren!”, wettert der Bürgermeister der Gemeinde Brenner, Franz Kompatscher. Als angehender Landtagskandidat ist Kompatscher schon im Wahlkampf – und stellt seinem Namensvetter die Rute ins Fenster: “Ich wünsche mir für Südtirol und das Wipptal, dass Landeshauptmann Kompatscher den neuen italienischen Verkehrsminister und alle Beteiligten von der nicht mehr tragbaren Situation überzeugt.”

Bürgermeister Kompatscher wird noch deutlicher: “Ich habe Vertrauen in das politische Geschick unseres Landeshauptmanns, dass er sich weder von den Frächterlobbies noch von den Ministern dreinreden lässt. Sollten es die Umstände verlangen, bin ich der Erste, der Seite an Seite mit unserem Landeshauptmann auf die Straße geht, um den Verkehr in verkraftbare Bahnen zu lenken.”
Anno 1796 lässt grüßen.

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Albert Mairhofer Lun, 06/11/2018 - 20:38

• Wir brauchen keinen Transitkrieg, sondern die Elektrifizierung der Autobahn und die Einführung des Hängebahnsystems als Alternative zum Brennerbasistunnel und Zulaufstrecken:
Die Photovoltaik-Überdachung der Autobahn zum Schutz der gesamten Infrastruktur, zur Stromerzeugung für die Elektromobilität und zur Unterbringung von Strom- und Datenleitungen die zugleich auch tragende Elemente der Überdachung und der Multifunktionsschiene der Einschienen-Hängebahn sind. Diese ist zugleich Fahr-, Strom- und Leitschiene und an ihr rollen Trolleys mit Hebewerk
a) zur schwebenden Beförderung von Personen - Aerobus oder Flugtaxi- und
Gütern in Containern (10 t) und anderen Arten,
b) zum Ziehen und Steuern von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor oder
ohne eigenen Antrieb (Anhänger),
c) zur Übertragung von Strom und Steuerungsdaten an e-Fahrzeuge, die dadurch ihre
Batterie auch während der Fahrt (und natürlich auch an Rastplätzen) aufladen können,
und zwar oberhalb der 1. Fahrspur und
d) zum Betrieb einer Hochgeschwindigkeits-Einschienen-Hängebahn – HGHB - Aerobus oder „Flugtaxi“ - oberhalb der 2. oder 3. Autobahnspur.

Lun, 06/11/2018 - 20:38 Collegamento permanente