Ausgestellte Stadtgeschichte
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Vor wenigen Tagen sah sich das Comitato Remigrazione e Riconquista (ein Zusammenschluss aus mehreren Gruppen, darunter CasaPound) dazu veranlasst, ausgewählte Straßenschilder in Bozen mit italienischen Flaggen zu behängen. Abgesehen davon, dass diese Tat gegen die Straßenverkehrsordnung verstößt, da sie den Straßenteilnehmern und Straßenteilnehmerinnen die Aufmerksamkeit entziehen könnte, bleibt abzuwarten, ob es für die stolz geständigen Täterinnen und Täter eine Verwaltungsstrafe nach sich ziehen wird. Tatsache ist: es gibt dazu klare Regeln. Und eben auch Strafen für die Bozner „Schildbürger"
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Nicht am Faschismus rütteln, sonst bricht er zusammen...: Eine "fragile Arbeit" aus dem Jahr 1993 des Künstlers Peter Sauerer Foto: Peter SauererDie unangebrachte Beflaggung wurde an mehreren Straßenschildern angebracht, etwa am Schild in der F.-Filzi-Straße oder jenem in der Zara-Straße, das unter anderem Bozens Ex-Bürgermeister Giovanni Salghetti Drioli an den Ort seiner Vorfahren erinnert. Für alle jüngeren Zeitgenossen und Zeitgenossinnen sei daran erinnert, dass Salghetti Drioli sich 2001 öffentlich für die Umbenennung des Piazza della Vittoria in Piazza della Pace einsetzte, auch wenn seine friedliebende Politaktion ein Jahr später durch ein beratendes Referendum – es wurde von den rechten Parteien initiiert – gestoppt wurde.
1979 nimmt der Architekt Oswald Zoeggeler am Wettbewerb für eine neue Brücke über die Talfer teil. Der Entwurf gründet darauf eine Lösung für den ungelösten urbanen "Knoten" zu finden, der durch die Nichtfertigstellung von Piacentinis Plan hinterlassen wurde. Zoeggelers Entwurf ist „eine utopische Vision mit spielerischem und desillusioniertem Unterton", heißt es in der Ausstellung. Foto: Stadtgalerie BozenDas Forschungsprojekt Curating Bolzano Fascist Legacies. A Sustainable Approach to a City's Dissonant Heritage hat sich der Spurensuche des Faschismus im öffentlichen Raum von Bozen angenommen. Gestartet wurde das Uni-Projekt bereits vor drei Jahren von der Plattform BAU (Institut für Zeitgenössische Kunst und Ökologie), der Plattform Lungomare und weiteren Partnern – von der Gemeinde Bozen oder der TU München. Ein zentraler Aspekt der noch bis zum 23. November zugänglichen Ausstellung Inhabited Dissonance: Bolzano/Bozen 1922–2025 ist die Vermittlung der Forschungsergebnisse an ein großes Publikum.
Ergebnisse nicht nur einer Fachöffentlichkeit zugänglich zu machen, sondern der gesamten Stadtbevölkerung
Die Schau kombiniert Forschungsergebnisse, Archivmaterialien und künstlerische Interventionen, um die mannigfaltigen Bedeutungen der faschistischen Spuren im Stadtgefüge sichtbar zu machen. Ziel ist es, „historische Dissonanzen zu erkennen und zugleich eine kritische Haltung gegenüber möglicher Instrumentalisierung der Vergangenheit zu fördern.“
Unter der Leitung von Roberto Gigliotti, Andrea Di Michele und Waltraud Kofler Engl wurde dabei auf zwei Ebenen geforscht. Zum einen sollte das noch heute sichtbare bauliche Erbe der faschistischen Epoche untersucht und erfasst werden, zum anderen „ging es darum, die Ergebnisse nicht nur einer Fachöffentlichkeit zugänglich zu machen, sondern der gesamten Stadtbevölkerung“, erklärt Gigliotti.
Die einen nehmen die Einladung an, die anderen hängen vielleicht weiter Flaggen an Straßenschilder, um sich bedauerlicherweise einer gemeinsamen Aufarbeitung feige provozierend zu entziehen.
Neben Archivmaterial werden eigens für die Ausstellung geschaffene Arbeiten von Stefano Graziani, Eduard Freudmann und Ela Spalding präsentiert, die durch eine fotografische Untersuchung ergänzt werden. Für die Ausstellungsarchitektur zeichnet Claudia Mainardi vom Mailänder Studio Fosbury Architects verantwortlich, das vor zwei Jahren den italienischen Pavillon der Architekturbiennale in Venedig kuratiert hat. Beteiligt waren außerdem die Kunsthistorikerin Elisabetta Rattalino, die Architekturhistorikerin Gaia Piccarolo sowie der Kommunikationsdesigner und Designprofessor Gianluca Camillini.Zu sehen ist auch eine Reproduktion von Marcello Piacentinis Bau- und Erweiterungsplan für Bozen (1935–1945) als Reproduktion und die legendäre Holzskulptur Siegesdenkmal von Peter Sauerer aus dem Jahr 1993. Interessant Oswald Zoeggelers Wettbewerbsentwurf für die neue Talfer-Brücke 1979, fulminant Jakob De Chiricos Arbeit Der braune Melker.
Die Ausstellung lädt ein, sich mit der Stadt und ihrer faschistischen (Bau-)Geschichte zu befassen. Die einen nehmen die Einladung an, die anderen hängen vielleicht weiter Flaggen an Straßenschilder, um sich bedauerlicherweise einer gemeinsamen Aufarbeitung feige provozierend zu entziehen.Articoli correlati
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