Soja aus Bayern, nicht aus Südamerika
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Letzte Woche haben EU-Parlament und Europäischer Rat entschieden, die Entwaldungsverordnung erneut zu verschieben – auf Ende 2026. So sollen vor allem kleine und mittelständische Unternehmen von zusätzlicher Bürokratie verschont bleiben. Das europäische Waldschutzgesetz war bereits 2023 in Kraft getreten. Doch das letzte Jahr neu gewählte EU-Parlament entschied auf Druck von Teilen der Wirtschaft, die Verordnung zu verschieben. „Sowohl der Aufschub als auch die Vereinfachungen sind Schritte in die richtige Richtung“, erklärt der Südtiroler EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann (SVP). Er gehört der Europäischen Volkspartei (EVP) an, mit 188 von 720 Sitzen die größte Fraktion im EU-Parlament.
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Madeleine Rohrer: „Mit dieser Entscheidung zeigt die EVP, dass sie sich von der progressiven und proeuropäischen Linie verabschiedet hat.“ Foto: Seehauserfoto
Ziel der EU-Entwaldungsverordnung ist es, dass für die Herstellung von Produkten wie Kaffee, Kakao, Palmöl, Rindfleisch, Soja oder Papier keine neuen Flächen abgeholzt werden. Zudem sollen Holz und Holzfasern nur aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammen. „Mit dieser Entscheidung zeigt die EVP, dass sie sich von der progressiven und proeuropäischen Linie verabschiedet hat“, sagt die Grüne Abgeordnete im Südtiroler Landtag, Madeleine Rohrer. Wie auch die Europäischen Grünen kritisieren, wurde der Mehrheitsentscheid auch von Konservativen und Rechtsextremen im EU-Parlament mitgetragen. „Die Konservativen verbünden sich wieder mit der extremen Rechten. Das ist kein Ausrutscher, das ist eine Strategie“, teilt die deutsche Grüne EU-Abgeordnete Anna Cavazzini mit. Mittlerweile haben sich allerdings viele Unternehmen bereits auf das neue Regelwerk vorbereitet. In einem offenen Brief forderten bekannte Hersteller wie Nestlé oder Ferrero im Juli deshalb, dass Brüssel den eingeschlagenen Kurs beibehält und Planungssicherheit garantiert. Cavazzini rechnet damit, dass durch den erneuten Aufschub bis zu 150.000 Hektar Wald gerodet werden.
Beispiel SojaanbauDie Verordnung soll Unternehmen verpflichten, nachzuweisen, dass für die Herstellung von Lebensmitteln oder Papier keine neuen Flächen abgeholzt wurden. Die Südtiroler Landtagsabgeordnete Rohrer sieht hier auch die Südtiroler Landwirtschaft in der Pflicht: „Die Weidehaltung in der extensiven Landwirtschaft kann dazu beitragen, dass weniger Soja aus Südamerika für die Nutztierhaltung importiert werden muss. Denn der Sojaanbau zählt zu den Hauptverursachern für die Abholzung weltweit“, so Rohrer. EU-Parlamentarier Dorfmann versucht zu beschwichtigen: „Das Ziel der Verordnung, die Abholzung von Wäldern weltweit zu bremsen, ist nach wie vor zentral, nur die Umsetzung wäre in der ursprünglich vorgesehenen Form für Unternehmen, vor allem für kleine und kleinste, ein unendlicher Papierkrieg geworden.“
Herbert Dorfmann: „Das Ziel der Verordnung, die Abholzung von Wäldern weltweit zu bremsen, ist nach wie vor zentral.“ Foto: SeehauserfotoÄhnlich sieht das der Bayerische Bauernverband. Bereits letztes Jahr teilte dieser in einer Aussendung mit, dass ausgerechnet der regionale Anbau von Soja in Deutschland durch die neue EU-Entwaldungsverordnung gefährdet werde. „Eigentlich sind wir uns doch einig: Mit der nationalen Eiweißpflanzenstrategie und der Bayerischen Eiweißinitiative sollen Anbau und Verwertung von Eiweißpflanzen in Deutschland ausgeweitet, Importabhängigkeit reduziert und die Wettbewerbsfähigkeit heimisch erzeugter Leguminosen gestärkt werden“, so Günther Felßner, Präsident des Bayerischen Bauernverbands. Der deutsche Bauernverband fordert deshalb die Einführung einer Null-Risikokategorie für Länder wie Deutschland, wo keine Entwaldung stattfinde.
Die nächsten SchritteDie EU-Entwaldungsverordnung wird nun erst Ende 2026 für mittlere und große Unternehmen in Kraft treten. Kleine Betriebe werden die neuen Auflagen dagegen erst ab 30. Juni 2027 zu erfüllen haben. Zudem wird die EU-Kommission die Verordnung bis April 2026 nochmals prüfen, um übermäßige Belastungen für kleine und mittelständische Unternehmen zu vermeiden.
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