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„Die Sprache ist veraltet“

Arianna Miriam Fiumefreddo von Centaurus kritisiert die Begriffswahl im SALTO-Artikel zur Situation von trans*Menschen: Die Perspektive der Betroffenen habe gefehlt.
transgender
Foto: Alexander Grey/Unsplash
  • Die Präsidentin des Vereins Centaurus, Arianna Miriam Fiumefreddo, kritisiert in einer Stellungnahme die SALTO-Berichterstattung zur Situation von trans*Menschen in Südtirol. 

  • Arianna Miriam Fiumefreddo: „Die gewählte Sprache ist veraltet und inkorrekt.“ Foto: privat

    „Die gewählte Sprache ist veraltet und inkorrekt. Um eine bessere Kommunikationsarbeit zu Themen, die die Selbstbestimmung von trans*Menschen betreffen, zu leisten, sollten Sie sich weiterbilden und um Unterstützung von trans* Aktivist*innen in der Region bitten. Die Menschen, die direkt involviert und interessiert sind, wissen am besten, wie man sie bezeichnen und über sie reden sollte. Auch weil die Sprache sich in diesem Bereich noch entwickelt“, erklärt Fiumefreddo.

  • Begriffsklärung

    Laut der italienischen Onlineplattform Infotrans.it bedeutet Transgeschlechtlichkeit nicht, dass trans*Menschen, wie im Titel des SALTO-Aritkels „Im falschen Körper stecken“ suggeriert wird, immer ein Unbehagen mit ihren Geschlechtsmerkmalen zeigen. „Viele Transgender-Personen zeigen kein Unbehagen mit ihren Geschlechtsmerkmalen (d. h. den körperlichen Merkmalen, die Männer von Frauen unterscheiden) und haben ein gelassenes und harmonisches Verhältnis zu ihrem Körper“, so Infotrans.it.

    Laut ihrem Glossar steht trans als Abkürzung für transgender: „Bezeichnung für Personen, deren Geschlechtsidentität und/oder Geschlechtsausdruck nicht mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht übereinstimmt. Der Begriff transgender hat nichts mit der sexuellen Anziehung oder Orientierung zu tun. Der Begriff transgender sollte immer als Adjektiv und nicht als Substantiv verwendet werden.“

  • Situation in Südtirol

    Wie Michael Peintner von der österreichischen Trans*/Inter*-Expert*innenkommission bestätigt auch Fiumefreddo von Centaurus, dass es im Südtiroler Sanitätsbetrieb noch Sensibilsierungsarbeit bedarf: „In Südtirol gibt es Dienstleistungen für trans*Menschen, einschließlich öffentlicher Dienste, aber wir stoßen auf große Schwierigkeiten, wenn es um nicht-binäre, queere und nicht-konforme trans*Menschen geht, also Menschen, die sich nicht so einfach in das binäre System männlich-weiblich einordnen lassen, oder Menschen, deren Äußeres und deren Geschlechtsidentität nicht den klassischen Vorstellungen entspricht.“ Hinzu komme, dass in den Diensten und öffentlichen Einrichtungen für trans* Personen in Südtirol oft noch eine pathologisierende Kultur vorherrsche, die Transgeschlechtlichkeit als Störung oder Krankheit betrachte und die sich schwer tue, sich von dieser Denkweise zu lösen. „Viele Menschen wenden sich gerade deshalb an Dienste außerhalb der Provinz, um diese Art von klinischer Kultur und veralteten Sichtweisen nicht ertragen zu müssen“, so Fiumefreddo.

    Viele Menschen tun sich in ländlichen Gebieten wie Tälern und Bergen immer noch schwer, sie selbst sein zu dürfen. 

    „Ich möchte in diesem Zusammenhang an den Diskriminierungsfall erinnern, den es vor Kurzem gegeben hat, als ein Allgemeinmediziner in Südtirol sich geweigert hat, einer trans* Person Bluttests zu verschreiben, die der außerhalb der Provinz tätige Endokrinologe der Person verlangt hatte. Dieser Allgemeinarzt hielt es für legitim, der trans* Person seine eigene Weltanschauung aufzuzwingen und ihr damit den Zugang zur Gesundheitsversorgung zu verweigern“, sagt die Präsidentin von Centaurus, um ein Beispiel zu nennen.

    Doch auch außerhalb der Krankenhäuser ist die Akzeptanz von LGBTQIA+ Personen in Südtirol oft nicht einfach. Sie hängt häufig mit dem Umfeld und der sozialen Position der Betreffenden zusammen. „In den Städten ist man im Allgemeinen besser dran, was Inklusion und Sichtbarkeit angeht, während sich viele Menschen in ländlichen Gebieten wie Tälern und Bergen immer noch schwer tun, sie selbst sein zu dürfen. Vieles hängt auch vom Zugang zu kulturellen Ressourcen ab, davon, dass man eher in zentralen/zugänglichen Gebieten als in der Peripherie lebt, aber auch von der Kultur, der sich eine Person zugehörig fühlt“, sagt Fiumefreddo.