Cultura | Klassik

„Botzen, dieß Sauloch“

Aufführungen zum "Tour-Leben" des jungen Mozart und seiner Schwester Nannerl präsentierte die Stiftung Haydn jüngst im Trentino und in Südtirol. Unter anderem in Bozen.
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Foto: Stiftung Haydn von Bozen und Trient
  • „Soll ich noch komen nach Botzen / so schlag ich mich lieber in d’Fozen“, schrieb das jugendliche Wunderkind Wolfgang Amadeus Mozart, sich beinahe selbst ohrfeigend, als er gerade einmal 16 Jahre alt war. Gemeinsam mit seinem Vater und ausgestattet mit außergewöhnlichem Talent befand er sich Ende Oktober 1772 auf einer seiner drei Italienreisen. Belegt ist insbesondere, dass ihm in der alten Handelsstadt wenig schmeichelhafte Gedanken durch den Kopf gingen. 

  • Schlag ins Gesicht: Brief vom 28. Oktober 1772 zu Bozen. Einsehbar in der internationalen Stiftung Mozarteum Salzburg. Foto: Briefausgabe Online, Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg.

    Widerlegt wurde hingegen, dass er im wenig geschätzten Bozen aus Langeweile ein Streichquartett komponierte, wie einige lokale Musikexperten zu wissen glaubten und falsch interpretierten. Die Forschung geht mittlerweile davon aus, dass er seine freie Zeit allenfalls „zur Skizzierung oder Niederschrift erster Ideen und Entwürfe für ein Streichquartett“ genutzt haben könnte, wie der Mozart-Experte Wolf-Dieter Seiffert anmerkt. Doch auch das sei bestenfalls Spekulation, betont Seiffert. In seiner Abhandlung kritisiert Seiffert den Bozner Musikhistoriker Giacomo Fornari scharf: Es scheine, als kenne dieser „die Werke, über die er schreibt“, gar nicht. 
    Mozart war bereits im Dezember 1769 nach einem Auftritt in Brixen in Bozen gewesen, wo er als Gast des Bürgermeisters empfangen wurde. Eine Gedenktafel an einem Gebäude in der Talfergasse erinnert an diesen Besuch.
    Am vergangenen Donnerstag (in Bozen) und gestern und heute (im Trentino) lud die Stiftung Haydn zu einem Familienkonzert mit dem Titel La Piccola Mozart, das die Geschichte von Nannerl – ebenfalls ein musikalisches Wunderkind – und ihrem Bruder Wolferl erzählte. Im 18. Jahrhundert faszinierten die beiden Geschwister mit ihrer herausragenden musikalischen Begabung zahllose Zuhörer an den europäischen Adelshöfen. Giulia Amato verkörperte Nannerl, während Fabrizio Calfapietra die Rolle von Wolferl übernahm.

  • Ab in die Kutsche: Roadmovie in die Geschichte und durch Europa Foto: Stiftung Haydn von Bozen und Trient

    Das Konzerttheater – in Zusammenarbeit mit dem Ensemble Teatro und der Fondazione Arturo Toscanini – griff diese Geschichte auf und präsentierte ein musikalisches Roadmovie als moderne Märchenerzählung „über Träume, Gleichberechtigung und den Mut, den eigenen Weg zu gehen“. Die rasant erzählte Geschichte beginnt im Jahr 1762, als Nannerl elf und Wolferl im sechsten Lebensjahr standen. Während die Karriere des kleinen Bruders daraufhin immer weiter aufblühte, blieb Nannerls Karriere auf der Strecke. 
    Unter der Leitung von Danila Grassi spielte das Haydn-Orchester die Ouvertüre zu Le nozze di Figaro sowie die Sinfonie Nr. 41 in C-Dur KV 551, auch bekannt als Jupiter-Sinfonie.  Zwar weniger rockig – „Er war ein Mann der Frauen /
    Frauen liebten seinen Punk“... – und lüstern als Falcos Rock Me Amadeus, aber doch mit einem Hauch von ADHS, ohne es natürlich explizit zu benennen. Auch in dieser Hinsicht forscht die Wissenschaft noch, ob Mozart (wie auch Gustav Mahler) möglicherweise an einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung litt. Gut möglich. Und entsprechend angepasst war die superaktive Überfreude im Schauspiel von Fabrizio Calfapietra.
    Gesichert bleibt Mozarts Verhältnis zu Haydn. Ihre Beziehung ist zwar nicht ausführlich dokumentiert, doch sechs Streichquartette von Mozart sind Haydn gewidmet – allerdings (auch hier) ist keines aus Bozen. 

  • Foto: SALTO