Warum gibt es keinen Subventionsbericht?
Der Umfang der jährlich vom Land und den Gemeinden an die gewerbliche Wirtschaft ausgezahlten Beiträge (Subventionen) ist beträchtlich. 2015 flossen immerhin 19,4% der Ausgaben aller in Südtirol tätigen öffentlichen Körperschaften in die Wirtschaftsförderung. Laut dem Statistischen Jahrbuch 2020 des ASTAT wurden 2015 174,3 Mio. an Kapitalbeiträgen und 173,5 Mio. Euro an laufenden Ausgaben an Unternehmen ausgezahlt. Nimmt man Land und Gemeinden zusammen, machte die Wirtschaftsförderung 2015 sogar 24,7% der Gesamtausgaben aus (1.787 Mio Euro). Davon ging der Löwenanteil an die Energiewirtschaft (1.261 Mio Euro, vor allem durch ALPERIA) und an die Landwirtschaft mit 166 Mio. Die „sonstige Wirtschaftsförderung“ belief sich auf 214 Mio. Euro. Die Kapitalzuweisungen des „erweiterten öffentlichen Sektors“ an die Unternehmen betrugen laut ASTAT 2016 519,9 Mio. Euro, 2017 383 Mio und 2018 434,2 Mio Euro. Diese Zuweisungen werden für 2020 und vor allem für 2021 aufgrund der coronabedingten Sondermaßnahmen stark ansteigen. Die quantitative Bedeutung der Subventionen steht damit außer Zweifel. Damit steigt die Notwendigkeit, ihre Wirksamkeit als wirtschaftspolitisches Steuerungsinstrument genauer zu prüfen, und aus der Sicht der Bürgerinnen und Steuerzahler die Transparenz der Mittelverwendung zu wahren.
Trotz des enormen Gewichts der jährlich an private Unternehmer fließenden öffentlichen Gelder, gibt es Südtirol keinen analytischen Subventionsbericht für die Politik und die Öffentlichkeit. Ein solcher gehört zum Standard in verschiedenen Bundesländern Deutschlands und Österreichs, wie etwa das Beispiel des Landes Salzburg zeigt. Die Schweiz hat die Subventionsberichterstattung mit einem eigenen Gesetz geregelt. Doch die Landesregierung fühlt sich – abgesehen von den staatlichen vorgeschriebenen Transparenzpflichten bei der Veröffentlichung der Subventionsempfänger (eine lange und wenig aussagekräftige Liste von Firmen) – zu keiner echten, vertieften Berichterstattung darüber verpflichtet:
- wieviel Finanzmittel an welche Branche und Untergruppe geflossen sind;
- welche Wirkungen gemessen an den deklarierten Zielen der Beitragsvergabe diese Subventionsvergabe gezeitigt haben;
- wie hoch der Mitnahmeeffekt dieser Subventionen war, inwiefern die Investitionen nicht ohnehin getätigt worden wären;
- ob die gesetzlichen Auflagen und Kriterien eingehalten worden sind und ob schädliche bzw. kontraproduktive Nebenwirkungen zu verzeichnen sind.
Besondere Aktualität erhält eine moderne Subventionsberichterstattung durch die Energiewende und den Klimaschutz. Wenn Subventionen nicht nur Unternehmern Vorteile verschaffen sollen, sondern dem Gemeinwohl und öffentlichen Interesse dienen sollen, müsste geprüft werden, ob dieser meist gesetzlich festgelegte Zweck, etwa Energieeinsparung, Umwelt- und Landschaftsschutz, tatsächlich erreicht worden ist. Oder haben die Beiträge an die Privaten gar Naturzerstörung, Flächenverbrauch und Energieverbrauch befördert, wie es oft in Landwirtschaft geschieht? Der immer dringlichere Klimaschutz wirft neue Fragen auf: welche Wirkungen haben die Subventionen des Landes auf die Emissionen von Treibhausgasen und auf den Verbrauch fossiler Brennstoffe? Gerade weil Subventionen an die gewerbliche Wirtschaft in Südtirol so wichtig sind, muss viel genauer hingeschaut werden, was sie überhaupt bewirken. Wenn das Land z.B. neue Aufstiegsanlagen, Skipisten, Beschneiungsanlagen und Speicherseen finanziell fördert, wie geht das mit dem proklamierten Klimaschutz zusammen?
Das Fehlen eines regelmäßigen Subventionsberichtes hat gravierende Folgen, weil dadurch der Öffentlichkeit, den politischen Vertretern und den Forschungseinrichtungen die Möglichkeit genommen wird, zu prüfen, ob diese Mittel tatsächlich ihre postulierten Ziele erreichen. Eine echte Subventionsberichterstattung ist überfällig.
Auch auf Input-Output
Auch auf Input-Output-Analysen wird seit wohl 20-25 Jahren tunlichst verzichtet.