Società | Journalisten

Der Teufel an der Wand

Der Rai-Journalist Wolfgang Mayr über Florian Kronbichler als Panikmacher. Ein Beitrag zur Polemik um die eigene Südtiroler Journalistenkammer.
Wolfgang Mayr
Foto: Othmar Seehauser
Der grüne Kammerabgeordnete Kronbichler hat auf Salto eindringlich vor der "Zerschlagung" der regionalen Journalistenkammer gewarnt. Verantwortlich: Die Journalisten von RAI-Südtirol, Athesia und Südtirol eins. Sie seien anti-italienische Seperatisten, die die ethnische Ein-Igelung betrieben. Onorevole Kronbichler schürt Panik.
 Im Herbst 2015 haben Journalisten der RAI-Südtirol, Athesia und von Südtirol eins in einem Offenen Brief die Journalistenkammer aufgefordert, endlich deutsche und ladinische Fortbildungskurse anzubieten. Gefordert wurde zudem die Schaffung zweier autonomer Kammern für Bozen und Trient. Dieser Offene Brief ging an alle Südtiroler Parlamentarer, auch an den Kammerabgeordneten  Florian Kronbichler. Er hat darauf nicht reagiert. Auch nicht die Journalistenkammer. Senator Zeller hingegen schon.
 Zeller war erfolgreich und die gesetzliche Neurelung der Journalistenkammer sieht nun endlich zwei autonome Kammern vor, wie es für alle anderen Berufskammern längst der Fall ist. Um ein Ungleichgewicht in der Kammervertretung in Rom zu vermeiden heißt es  aber auch, "gli Ordini delle province autonome di Trento e Bolzano costituiscono un collegio unico". Die Aufregung darüber ist für mich unverständlich. Da wird nichts zerschlagen, sondern nur neu geregelt.
 

Die Journalistenkammer als "Volks-Tribunal"

 
Doch ein Grund, den Dialog zu suchen, zwischen uns Journalisten. Doch die regionale Kammerführung scheint daran nicht interessiert zu sein. Im Gegenteil. Auf einer sogenannten Informationsveranstaltung der Kammer in Bozen (25. Februar) wurde die Neuregelung niedergemacht. Kein Wort wurde darüber verloren, wie man gemeinsam dieses Gesetz umsetzen könnte. Stattdessen wurde Gericht gehalten über die "Spalter". Auf der Veranstaltung der Kammer war ich also der böse Bube,  der "Angeklagte" und stand einer ganzen Reihe von Anklägern gegenüber.  Der Ton auf dem Treffen war abschätzig. Ich gebe zu, mein Auftritt war auch dürftig, eher kleinlaut.
„Stattdessen wurde Gericht gehalten über die "Spalter". Der Ton auf dem Treffen war abschätzig. Ich gebe zu, mein Auftritt war auch dürftig, eher kleinlaut.“
Florian Kronbichler machte sich auf salto zum Fürsprecher der aktuellen Kammerführung und strickt sein "Theorem" weiter. Für ihn ist "die juridisch vollzogene territoriale Trennung" der regionalen Journalistenkammer auch eine ethnische. Diese Gefahr malte Kronbichler auch schon an die Wand, als es um die Rai-Reform ging. Kronbichler hatte damals dem  SVP-Senator Zeller vorgeworfen, die italienischen Abteilungen der Rai in Bozen nach Trient "auslogieren" zu wollen. Das absolute Gegenteil war der Fall. Zeller bestand darauf, dass die beiden Rai-Sitze in Bozen und in Trient erhalten bleiben. Vollständig. Die zentralstaatlichen Reformer wollten nur mehr in den Hauptstädten der Regionen einen Rai-Sitz garantieren. In der Region Trentino-Südtirol also Trient. Zeller drängte auch darauf, dass in der Finanzierungskonvention Land-Rai auch die italienischen Abteilungen der Rai in Bozen aufgenommen werden. Für den "soccorso interetnico" war also Zeller zuständig, nicht Kronbichler, der nur kritisiert, aber selbst keinen Finger rührt.
 

Autonome Kammern - anti-italienisch?

 
Das Gesetz sieht nun vor, dass die Journalisten der beiden autonomen Provinzen Bozen und Trient ihre Kammern wählen. In Bozen werden also deutsche, italienische und ladinische Journalisten  die "Landes"-Journalistenkammer wählen. So wie die Bürger gleich welcher Muttersprache auch den Südtiroler Landtag wählen. So wie die deutschen, italienischen und ladinischen Mitglieder der anderen Berufskammern in Südtirol ebenfalls ihre Führungen wählen.  Warum dürfen wir nicht machen, was in anderen Berufen schon lange gilt?
„Was hätte Zeller sonst machen sollen, die Hände in den Schoss legen wie Kronbichler, der erst jetzt aufgewacht ist?“
Kronbichler attackiert die neue Regelung  auch deshalb, weil in dem auf 60 geschrumpften gesamtstaatlichen Kammer-Rat in Rom zwei Sitze für die Sprachminderheiten reserviert wurden. Zeller wurde aktiv, weil er dazu auch von Hansjörg Kucera, dem bisherigen Minderheitenvertreter im Kammer-Rat, aufgefordert worden war. Mit der Begründung, das Vertretungsrecht der Südtiroler Journalisten zu garantieren. Was soll daran verkehrt sein? Was hätte Zeller sonst machen sollen, die Hände in den Schoss legen wie Kronbichler, der erst jetzt aufgewacht ist? Da es klar war, dass bei einer Verringerung von bisher 156 auf 60 Kammerrats-Mitgliedern in Rom (vorher war eine noch stärkere Reduzierung geplant) die Vertretung der Minderheiten gefährdet war, bestand ein offenkundiger Handlungsbedarf. Was schlägt denn Kronbichler vor?
 

Gelungene Intervention

 
Einigen scheint das zu weit gegangen sein: Zwei autonome Kammern in Bozen und in Trient, zwei garantierte Minderheitensitze im zentralen Kammerrat in Rom. Es folgte eine nachhaltige Retourkutsche. Der grüne Kammerabgeordnete machte auf salto darauf aufmerksam. Die deutsch- und ladinischsprachigen Journalisten dürfen nicht im Wahlkreis Trentino-Südtirol ihre Minderheitenvertreter wählen, sondern nur in einem gesamtstaatlichen Wahlkreis für Sprachminderheiten. Eine erfolgreiche Invention, woher auch immer. Doch auch ein Beispiel dafür, daß nicht alles klaglos funktioniert, um Kronbichler zu zitieren.
In anderen Ländern der EU kommen die Journalisten ohne eine Berufskammer aus. Der Journalistenberuf ist ein freier Beruf, ohne Kammer-Korsett. Zur Erinnerung: Bei einem Referendum stimmten die Bürger Italiens für die Auflösung der Kammer. Totgesagte, in diesem Fall mit Bürger-Votum Abgeschaffte, leben länger. In diesem Punkt stimme ich dem Onorevole Kronbichler zu: Es besteht die Hoffnung, dass alles nicht funktioniert.
 
Wolfgang Mayr, Journalist, RAI-Südtirol
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Christine Helfer Sab, 04/15/2017 - 11:26

Die Art und Weise, wie hier hinter den Kulissen eine "Neuregelung der Journalistenkammer" betrieben wurde, spricht Bände über die Kommunikationsfähigkeiten mancher Kollegen. Tatsache ist, dass wir - der Ordine - für den 25. Februar eine Informationsveranstaltung mit dem Titel "Die Zukunft der regionalen Journalistenkammer" organisiert haben und dazu alle Mitglieder, Vertreter der Journalistengewerkschaft, des INPGI, Casagit sowie Landespolitiker und Parlamentarier eingeladen haben, um im gemeinsamen Gespräch herauszufinden, was eine Trennung in zwei Provinzkammern mit sich bringt. Leider kam es nicht zu einer offenen Konfrontation.
Dafür wurde deutlich, dass eine Verdoppelung der Kammern sowie der obengenannten Gremien ökonomische und ethische Probleme aufwirft - von der Sinnhaftigkeit einer "je besser wir trennen..."-Mentalität gar nicht zu reden. Hier noch einmal der Kommentar des Kammerrats: "Si è svolto questa mattina presso il Pfarrheim a Bolzano l'incontro organizzato dal Consiglio dell'Ordine dei giornalisti del Trentino-Alto Adige/Südtirol su "Il futuro dell'Ordine regionale dei giornalisti". La sollecitazione a questo incontro era venuta sia dall'approvazione parlamentare della nuova legge di riforma sull'editoria che prevede la nascita di due ordini provinciali, sia da una petizione di diversi colleghi di lingua tedesca che chiedevano l'istituzione di un nuovo organismo provinciale.
All'incontro hanno partecipato alcune decine di colleghi, sia di lingua italiana, sia di lingua tedesca, che hanno riflettuto sul futuro, in un quadro già di grandi difficoltà complessive. Sono emerse molte perplessità e preoccupazioni in merito alla soluzione di una divisione che non produrrebbe altro che ulteriori problemi, con un aumento inevitabile dei costi di gestione e, a cascata, di ulteriori difficoltà per gli altri organismi di categoria.
La questione sarà nuovamente affrontata il mese prossimo nell'assemblea annuale di bilancio dell'Ordine, in attesa di nuove modifiche ai decreti attuativi della legge da parte del Governo nazionale. Legge che prevede, oltre alla riduzione dei componenti del Consiglio nazionale, anche una rappresentanza delle minoranze linguistiche, ma con un confuso riferimento alla necessità di una "rotazione". Il Consiglio dell'Ordine del Trentino-Alto Adige/Südtirol nel frattempo si farà carico delle esigenze dei colleghi di lingua tedesca di avere maggiori corsi di formazione nella propria lingua madre e di valutare la possibilità di un corso on line. Si farà altresì promotore di un incontro con i parlamentari regionali sui problemi sorti con la nuova legge sull'editoria."
Christine Helfer, Vizepräsidentin der Journalistenkammer Trentino Südtirol

Sab, 04/15/2017 - 11:26 Collegamento permanente