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Società | Medien und Tourismus

Totgeschwiegen?

Kritik zur Sendung "Nachgeschaut: Sehnsuchtsort Südtirol - auch für uns?" vom 14-10-2024 um 20:20 h, im Fernsehen auf Rai Südtirol
Avvertenza: Questo contributo rispecchia l’opinione personale dell’autore e non necessariamente quella della redazione di SALTO.
Das Postkartenmotiv mit dem Rosengarten, der sich im Wuhnleger Weiher spiegelt
Foto: Oswald Stimpfl
  • «Ohne Zustimmung der Südtiroler und Südtirolerinnen wird Tourismus nicht funktionieren.» So der Anfang der Sendung Nachgeschaut: Sehnsuchtsort Südtirol - auch für uns? vom 14-10-2024 um 20:20 h, im Fernsehen auf Rai Südtirol, eine Sendung, in der Entscheidendes und Wesentliches übergangen, ignoriert und unterschlagen wurde. 

    Wo Zustimmung nicht ist, muß sie hergestellt werden. Und wie wird sie das? Durch massive Manipulation und Propaganda, auch genannt PR, bzw. public realtions, hier vor allem betrieben von einer Agentur, der IDM.  

    Geschichtlich gehen Idee und Begriff der Propaganda zurück auf die von Papst Gregor XV im Jahr 1622 ins Leben gerufene Sacra congregatio de propaganda fide, zu Deutsch: Heilige Vereinigung zur Verbreitung des Glaubens. Ob die IDM eine heilige Vereinigung ist, sei dahingestellt, jedenfalls verbreitet sie mit allen Mitteln einen Glauben, nämlich den, an die Möglichkeit eines Aufenthalts im Unwirklichen als eine von Touristen käufliche Ware. 

    Den Touristen eine Scheinwelt zu produzieren und sie glauben zu lassen, die wäre echt, gehört zur Kunst der Touristiker, d. h. hier wird Künstlichkeit für Wirklichkeit ausgegeben. Vom Vortäuschen einer Wirklichkeit, die es in Wahrheit nicht gibt, war in der Sendung mit keinem Wort die Rede, damit aber auch nicht davon, wie die konkrete Lebenswelt der Einheimischen propagandistisch umgedeutet wird zu einer Superausstellung durch die Massen von Touristen wabern. Dadurch aber wird der Sinn der einheimischen Lebenswelt nicht nur verdreht, sondern er wird ihr genommen, so dass sie am Ende den ihr eigenen Sinn verliert und sinnlos wird. Konkrete Tatsachen wie diese wurden, wenn sie überhaupt einmal kurz aufblitzten, sogleich von einer einlullenden, beschwichtigend niederhaltenden Sprechweise neutralisiert. 

    Weil diese Lebenswelt aber eben nicht aus einer abstrakten Konstruktion besteht wie der Horizont der Touristiker, sondern sich lebendig aus konkret vollzogenem Leben selber aus sich gestaltet, kann sie nicht an abstrakten Konstrukten der kommerziellen Berechnung mit Zahlen gemessen werden, das hieße, von einem Fisch zu verlangen, Radfahren zu können. Einheimische aber sind hier eben solche Fische, und die sind bekanntlich stumm. 

    Zur Frage, was die viel berufene Statistik, die ja selber ohne jegliche authentische Erfahrung der konkreten Lebensverhältnisse von der Wirklichkeit ist, erfaßt, gehört wesentlich und untrennbar auch die danach, was sie eben nicht von ihr erfaßt. Auch von dem, was Statistik und wissenschaftliche Berechnungen nicht von der Wirklichkeit erfassen, fiel in der Sendung kein Wort! 

    Den Ortsansässigen anzubieten, sich an den abstrakten Konstruktionen der Touristiker zu beteiligen und sich dort einzubringen, verkennt völlig die wirklichen Verhältnisse, dass nämlich eigentlich die Touristiker bei den Ansässigen nachfragen müssen, ob, und wenn ja, welchen Platz sie ihnen in der echten Lebenswelt wohl einräumen mögen. Der Schaden, der durch die Verkehrung der eigentlichen Sinnverhältnisse der Lebenswelt entsteht ist schon jetzt immens. Ihn zu verleugnen oder zu ignorieren, schafft ihn allerdings nicht nur nicht aus der Welt, sondern vergrößert ihn noch. 

    Auch diese faktische Realität wurde in der Sendung nicht im geringsten zur Diskussion oder gar Disposition gestellt, sondern schlichtweg unterschlagen. Warum? Aus Ignoranz oder gar aus Feigheit? Hier zeigt sich der extreme Wirklichkeitsverlust, den gerade der Massentourismus mit sich bringt, der in der Sendung geradezu totgeschwiegen wurde. 

    Was an dir Berg war
    Haben sie geschleift
    Und dein Tal
    Schüttete man zu
    Über dich führt
    Ein bequemer Weg. 

    (B. Brecht)  

     

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Salto User
nobody Mar, 10/15/2024 - 21:42

Gilt für alle Touristengebiete. Nicht umsonst spricht man von Touristenfallen. Wie manche Almen, mit Pseudotracht und kitschigen Holzkonstruktionen.

Mar, 10/15/2024 - 21:42 Collegamento permanente
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Gasteiger josef Mer, 10/16/2024 - 08:22

Ich finde auch, der beitrag war zu seicht, die teilnehmer stumpf. Der höhepunkt der frechheit u unverschämtheit des idmverteters war, dass er offen dahin arbeitet, dass wir einheimische eine gute figur, eine perfekte bühne für die turisten bilden sollen, u zw nicht einmal der turisten zu liebe sondern dass den profittören des turismus (hotel, vermietern, bauern ecv) der rubel noch besser rollt. Idm gibt vor- und will uns noch in diese lüge involvieren- dass es ihnen um den genuss der gäste ginge, es geht um maximierung der gewinne für die direkten anbieter. Wir dürfen da nicht mitmachen, die sendung war über lange strecken teil dieses gemeinen spiels mit uns vom scheinbaren mitverdienengefühls eingelullten naiven bürgern. Und wir einheimischen, in erster linie arbeitnehmer finanzieren diesen schwindel mit unseren steuern. Es geht uns wie den nutztieren: sie werden alla tierwohl gut gehalten u glauben vielleicht auch noch, der bauer bäuerin tät die iherer zu liebe, dabei geht es doch nur um die steigerung der produktivität (eier milsch fleisch) sprich gewinnmasinierung der tierhalters.

Mer, 10/16/2024 - 08:22 Collegamento permanente
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△rtim post Mer, 10/16/2024 - 09:30

Mamselbruck, was Sie hier darlegen, hat mit einem Kernproblem der politischen Kultur selbst zu tun.
Auch "Verdi.bz.it" bilden da keine Ausnahme. Gerade das Negativbeispiel Meran hat uns das gezeigt. Die "Verdi"/Liste Rösch waren eine Katastrophe. Damit meine ich nicht nur Röschs Freunderlwirtschaft: https://www.tageszeitung.it/2020/12/27/der-versorgungsjob-2/
Die Tourismus- und Machtpolitik der „Verdi.bz.it"/Liste Rösch hieß ja nicht nur Millionen Steuergelder für Zerstörung, keine Antwort auf Eingaben der Bürger-in an die Gemeinde, den BM Rösch, der grünen Landtagsabgeordneten …, sondern vor allem, keine eigene Rechte der Natur (vgl. Wesche), keine Rechte der künftigen Generationen, keine Mitwirkungsmöglichkeit für betroffene Anrainer-innen, keine Mitentscheidung, Abstimmung der Bürger-innen beim auto- und tourismusgerechten, aber klimafeindlichen Umbau der Altstadt Merans mit 600 Abgasautos durch die Kavernenparkgarage auf über sechs Ebenen unterhalb des Tappeinerwegs mit Weltkulturerbeanwärter-Status. Auf Anbindung des Stadtzentrums mit Verkehrsmitteln verzichtete man hingegen. Ebenso wie auf einen Aufzug zum Tappeinerweg für Menschen mit Beeinträchtigung und Kinderwagen.
Die Zerstörung von ganzen Ökosystemen in der Tiefe mit ganz anderen Zeitintervallen (vgl. a.: https://youtu.be/zD5vYqgtqHo?si=xDLHvkylDfx1K0gg )
gehen für „Verdi.bz.it“ politisch ebenso in Ordnung, wie die Zerstörung der Altstadt und der Naherholungszone Lazag auf der Grundlage einer widersinnigen Planung zum Nachteil der Bewohner-innen, insbesondere jener im Zentrum.
Da stellen sich nach allgemeinen Verständnis von Glaubwürdigkeit in der Politik wohl zurecht Fragen nach Fehlerkultur und transparenter Aufarbeitung.
Mamselbruck, ich pflichte Ihnen vollkommen bei, es gilt umzudenken.

Mer, 10/16/2024 - 09:30 Collegamento permanente