Delikater Wunsch
Das Thema durfte bei der ersten Landtagssitzung im neuen Jahr nicht fehlen: die doppelte Staatsbürgerschaft. Gleich zwei Anfragen legte der Grüne Landtagsabgeordnete Riccardo Dello Sbarba dazu vor – und brachte Landesauptmann Arno Kompatscher damit in Verlegenheit.
Zur gleichen Zeit zeigte die neue österreichische Außenministerin dem Landeshauptmann die kalte Schulter.
Wessen Wunsch?
Es war ein Satz, der am 19. Dezember und in den Folgetagen durch sämtliche italienischen Medien geisterte. “Nel nostro programma siamo venuti incontro a un desiderio dei sudtirolesi espresso da tutti i partiti e soprattutto dallo stesso governo provinciale del Sudtirolo.” Lanciert hat den Satz – ein Zitat von Sebastian Kurz – die Nachrichtenagentur ANSA nach der Pressetrekonferenz zur ersten Ministerratssitzung der neuen österreichischen Regierung.
Die österreichische Staatsbürgerschaft für Südtiroler – ein Wunsch aller Parteien und der Südtiroler Landesregierung? In Italien schrillten bei so ziemlich allen Parteien die Alarmglocken. Und auch bei Riccardo Dello Sbarba. Während der Aktuellen Fragestunde am heutigen Dienstag verlangte der Grüne von Landeshauptmann Arno Kompatscher im Landtag Aufklärung. Hat die Landesregierung tatsächlich in Wien darum angesucht, dass den Südtirolern die österreichische Staatsbürgerschaft gewährt wird? Falls ja, wann und in welcher Form? Und falls nicht, warum wurde das nach der Äußerung von Sebastian Kurz gegenüber Rom und Wien nicht klargestellt?
Es habe keinen offiziellen Antrag vonseiten der Landesregierung gegeben, erklärte der Landeshauptmann in seiner Antwort – die Annahme fuße allein auf “einer einzigen Meldung der ANSA”. Es sei “nicht klar”, ob Kurz diese Worte überhaupt gesagt habe, so Kompatscher weiter.
Nur die ANSA?
Dabei genügt ein kurzer Blick ins Internet, um das zu überprüfen. In österreichischen Medienarchiven und auch auf Youtube finden sich zahlreiche Aufzeichnungen der Pressekonferenz, bei der Sebastian Kurz den Satz, den die ANSA auf italienisch zitiert hat, gesagt haben soll.
Von einer NZZ-Journalistin wird er am 19. Dezember auf die Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler angesprochen. Nachdem er beteuert hat, dass die Kontakte mit Rom “ausgezeichnet” seien, spricht Kurz folgende Worte: “Wir sind hier im Regierungsprogramm einem Wunsch der Südtiroler nachgekommen, der von allen Parteien in Südtirol, vor allem aber auch von der Südtiroler Landesregierung artikuliert wurde.”
Damit wäre belegt, dass der Satz so wie von der ANSA im Italienischen zitiert, gefallen ist – nachzusehen unter anderem hier (ab Minute 14:14 geht es um Südtirol):
Heikel und kein Kommentar
“Man kann nicht immer alles richtig stellen, was in den Medien veröffentlicht wird”, rechtfertigt Landeshauptmann Kompatscher am Dienstag, dass es keine offizielle Klarstellung vonseiten der Landesregierung gegeben hat.
Doch der Grüne Landtagsabgeordnete lässt nicht locker. Gerade in dieser “delikaten Angelegenheit”, wie Riccardo Dello Sbarba meint, wäre man verpflichtet gewesen, die Position der Landesregierung gegenüber Wien und vor allem gegenüber Rom zu klären: “Um den Anspruch, ein glaubwürdiger Ansprechpartner zu sein, nicht zu verlieren.” “Man hat nicht den Mut gehabt, dem Bundeskanzler zu widersprechen”, interpretiert Riccardo Dello Sbarba die Antworten des Landeshauptmannes. Und kommentiert: “Das Ganze ist ein Theater.”
Denn wie er – über eine zweite Anfrage – am Dienstag ebenfalls von Arno Kompatscher erfahren hat, hat es bislang keinerlei offizielle Treffen zwischen Rom und Wien zum Thema Doppelpass für Südtiroler gegeben. Ihm sei aktuell auch keinerlei Initiative der österreichischen Regierung bekannt, etwa was die Einrichtung einer Arbeitsgruppe betreffe, so der Landeshauptmann. Falls eine solche eingerichtet werde, gehe er aber davon aus, dass auch Südtirol mit einbezogen werde.
Davon geht auch die österreichische Außenministerin aus, die allerdings nicht viel für die Ansichten des Südtiroler Landeshauptmannes übrig zu haben scheint. Am Dienstag war Karin Kneissl in Rom zu Besuch, wo sie sich mit ihrem italienischen Amtskollegen Angelino Alfano traf. Sie betonte, dass eine Umsetzung der doppelten Staatsbürgerschaft “nur im Gleichklang mit Rom und Bozen” geschehen werde. Die Frage, was sie zur jüngsten Überlegung von Arno Kompatscher hält, die österreichische Staatsbürgerschaft nicht nur deutsch- und ladinischsprachigen, sondern vielleicht sogar allen Südtirolern zu gewähren, wollte Kneissl nicht kommentieren: “Was Landeshauptleute hier oder dort sagen, da sehe ich keinen Mehrwert, dass ich das jetzt kommentiere”, wird die Ministerin von der Tiroler Tageszeitung zitiert.
Wie gesagt sind die
Wie gesagt, sind die italienisch- österrreichischen Beziehungen zu wichtig um sich über das sinnlose Traumprojekt der rechten Kameraden zu echauffieren. Viel heisse Luft von Leuten die in all den Jahren für die Südtiroler nicht einmal das erreicht haben was die SVP an einem Vormittag geleistet hat.
In risposta a Wie gesagt sind die di 19 amet
Naja, die SVP selbst (Brugger
Naja, die SVP selbst (Brugger & Zeller) haben das "Traumprojekt" auf den Weg gebracht und verfolgen es (immer noch) mehrheitlich auch heute. Also ziemlich widersprüchliche Argumentation. Aber darin üben sich viele, denn wenn der rechte Kamerad die Sachertorte mag, dann ist sie sicher schlecht, auch wenn diese einem Kreisky mundete.
Der österreichische Kanzler
Der österreichische Kanzler hat heute in einem Interview mit der FAZ gesagt, die Doppelstaatsbürgerschaft sei nicht prioritär. Seine Außenministerin gestern, dass es "noch ein langer rechtstechnischer Weg" bis dorthin sei. Die hiesigen Patrioten haben das Vorhaben derweil mit dem Infrastrukturminister besprochen, den sie offensichtlich für zuständig halten.
Können wir jetzt wieder über wichtigere Dinge diskutieren?
In risposta a Der österreichische Kanzler di Ludwig Thoma
Erlaube mir bitte zwei
Erlaube mir bitte zwei Bemerkungen, lieber Ludwig/Ghysmo:
1. Wenn Du die österr. Außenministerin zitierst, dann solltest Du der Vollständigkeit auch sagen, dass Kneissl den letzten Bremsversuch seitens Kompatscher ziemlich elegant zur Seite gestoßen hat mit der Bemerkung, dass für sie nicht so wichtig ist, was der eine oder andere Landeshauptmann von diesem Thema hält.
2. Wenn Dir dieses Thema nicht wichtig ist, warum kommentierst Du dann praktisch jeden Artikel, der sich mit der eventuellen Doppelstaatsbürgerschaft befasst? Sei doch dann wenigstens Dir selbst gegenüber so ehrlich und gib zu, dass Dir der eventuelle Doppelpass einfach nicht in den Kram passt und Du ihn deshalb so verbissen bekämpfst. Spar Dir also künftig Sprüche wie "Ich gönn euch die 2. Staatsbürgerschaft von Herzen"
In risposta a Erlaube mir bitte zwei di Robert Tam...
Ich hab eigentlich nur
Ich hab eigentlich nur versucht aufzuzeigen, dass der Pass nichts bringt und es gar nicht so einfach ist, eine gesetzliche Grundlage dafür zu schaffen. Die Aussagen der Diplomaten bestätigen mich nun. Ich gönn euch den Pass weiterhin, aber vielleicht wird das mit fähnchenschwingenden Männern in braunen Anzügen, die mit dieser Herzensangelegenheit (womöglich mit italienischem Steuergeld) nach Wien reisen um bei einem Burschenschafter vorzusprechen, der jetzt Infrastrukturminister ist. http://www.suedtiroler-freiheit.com/die-bilder-der-wienfahrt-der-sued-t…
In risposta a Ich hab eigentlich nur di Ludwig Thoma
...und wieder ein verbissener
...und wieder ein verbissener Kommentar Deinerseits gegen den Doppelpass. Das Thema lässt Dich einfach nicht los, Ghysmo.
Früher galt das Prinzip,
Früher galt das Prinzip, zuerst das Land und dann die Partei, heute ist das anders. Es geht um Machterhaltung der Partei. Es ist für unsere Selbstherrlicheiten einfach nicht vorstellbar: Der PD verschafft der SVP per Wahlgesetz einen Alleinvertretungsanspruch in Rom und in Wien hingegen gäbe es im Nationalrat als Vertretung der Auslandsösterreicher auch andere als die SVP. Daher wird alles, was in diese Richtung geht hintertrieben.
Dabei ginge es aber um anderes als um Partei- und Machtpolitik. Vielmehr ginge es darum, eine historische Chance zu ergreifen und nach fast 100 Jahren seit dem Ende des Ersten Weltkrieges, der Teilung Tirols, der Erfahrungen des Terrors und Grauens durch Faschismus und Nationalsozialismus ..., den Nachfahren der Bürger der Ersten Republik, Südtirolern und Juden, zumindest die Möglichkeit der Wiederverleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft zu geben.
Gerade, wenn es stimmen sollte, wie behauptet wird, es gäbe demnächst keine Einzelstaaten mehr, sondern nur mehr die Vereinigten Europäischen Staaten mit einer einzigen Staatsbürgerschaft, umso weniger ist die derzeit massive Gegnerschaft und Aufregung darum sachlich und inhaltlich nachvollziehbar, wo Normalität und Gelassenheit im Umgang damit dann eigentlich der Regelfall sein müsste.
Von Schleswig-Holstein bis Istrien und Dalmatien gibt es bis heute ja auch keine Probleme, weil eine sprachliche und kulturelle Minderheit eine zusätzliche Staatsbürgerschaft als Ausdruck ihrer besonderen Verbundenheit hat. Das gleiche gilt auch für Bürger-innen mit Migrationshintergrund. Selbst Staatsoberhäupter, wie z.B. Van der Bellen oder Papst Franziskus, haben mehrere Staatsbürgerschaften.
Seltsam, dass ein Kompatscher, anders als LH Durnwalder und andere in der SVP, mit dem derzeit positiven Umgang damit in Europa ein Problem hat und darin für den Minderheitenschutz im Widerspruch zum demokratischen Mehrheitsbeschluss des Südtiroler Landtags keinen Mehrwert erkennen will.