Zum Kritisieren entworfen
Der Ladinerpassus, die Quotenregelung und die Wahlwerbung: Das sind neben zahlreichen kleineren die Haupt-Kritikpunkte der Opposition am SVP-Entwurf für ein neues Landtagswahlgesetz. Um 9 Uhr hat die Behandlung des Gesetzentwurfes am Donnerstag im I. Gesetzgebungsausschuss begonnen. Doch bis zur Mittagspause war nicht einmal ein Dutzend Artikel abgehakt. Bis zu den heißen Eisen Ladiner und Quote ist man noch nicht gekommen. Seit 14.30 Uhr läuft die Sitzung wieder, doch vorher wollten es sich die Oppositionsvertreter nicht nehmen lassen, eine erste Bilanz ziehen.
Auf den Gesichtern der acht Oppositionellen – bis auf die Süd-Tiroler Freiheit hatte jede der Minderheitenparteien zumindest einen Vertreter zur Pressekonferenz geschickt – zeigt sich eine Mischung aus Ernüchterung und Kampfeslust. Ernüchtert sind die drei anwesenden Ausschussmitglieder Brigitte Foppa, Ulli Mair und Alessandro Urzì darüber, dass sich die SVP parteiintern nicht über den Gesetzentwurf beziehungsweise einzelne Stellen einig zu sein scheint. “Nachdem man seit 2001 nicht imstande gewesen ist, sich auf eine gemeinsame Parteilinie für ein neues Wahlgesetz zu einigen, finde ich es ein bisschen lausig, dass man sich jetzt herauszureden versucht, dass es nun der Entwurf einiger Abgeordneter und nicht der ganzen SVP sei”, meint die Freiheitliche Mair. Andererseits eröffnet die offenbare Uneinigkeit der SVP, zum Beispiel was die Quotenregelung anbelangt, der Opposition neue Verhandlungsspielräume. “Das Klima war in der Tat sehr kooperativ”, bestätigt Foppa.
Etwas härtere Töne schlagen zwei an, die nicht im I. Gesetzgebungsausschuss sitzen. Der eine ist Andreas Pöder von der Bürgerunion, der von einem “doppelten Angriff” spricht, den die SVP derzeit führe: “Zum einen im Landtag und zum anderen in Rom. Wenn das von Alfreider eingebrachte Ladinergesetz dort genehmigt wird, ist das Verhältniswahlrecht Geschichte und die SVP kann mit Abänderungsanträgen im Landtag ein Wahlsystem nach ihren Wünschen einführen. Also praktisch alles machen, was das Verfassungsgericht bisher ausgeschlossen hat.” Etwa ein Mehrheitswahlsystem oder Mehrheitswahlkreise schaffen. Oder “den alten SVP-Traum vom Mehrheitsbonus verwirklichen”, ergänzt Paul Köllensperger. Er ist der zweite, der am “Ladiner-Trick der SVP” kein gutes Haar lässt – und den der “Maßanzug, den sich die SVP mit diesem Wahlgesetz schneidert” wie sämtliche anderen Oppositionsvertreter auch in Alarmstimmung versetzt. Sie nämlich wären die wahrscheinlichen Verlierer eines Mehrheitswahlsystems oder einer Regelung, die dem ladinischen Vertreter im Landtag, falls er nicht direkt gewählt wird, das letzte zu vergebende Restmandat sichert.
Die Voraussetzungen für ein gemeinsames Vorgehen der Opposition scheinen also günstig zu sein. “Wir sind bereit, die Arbeiten im Landtag lahmzulegen”, bläst Pöder zur Attacke. Als letzten Ausweg sieht er, ein Referendum zum neuen Wahlgesetz einzufordern. Das wäre möglich, sollte der Gesetzentwurf im Landtag keine 2/3-Mehrheit erhalten. Zunächst muss aber der I. Gesetzgebungsausschuss seine Arbeiten beenden und alle 79 Artikel des Gesetzentwurfes diskutieren. Sollte man das heute nicht schaffen, werden die Arbeiten am 21. Februar fortgesetzt.