Was fehlt
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Kürzlich wurde auf der Hochalm eine vierzigjährige Frau von einer Kuhherde zu Tode getrampelt. Eine Einheimische. Die die Wanderroute kennt. Die weiß, wie man sich in der Natur und auf der Alm verhält. Sie war mit ihren beiden Töchtern und zwei kleinen Hunden unterwegs. Auf der Alm des Nachbarorts. Man selbst war am selben Tag auch auf der Alm, aber nicht so weit oben. Daher hat man auch erst aus den Nachrichten vom Unglück erfahren.
Noch immer lässt einem der tragische Vorfall keine Ruhe. Wie kann so etwas nur passieren? Man fragt sich also durch. Und gestern redet man mit einer Frau aus dem Nachbarort. Ja, sie kennt die Kuhherde. Ist im Frühling oft an der umzäunten Weide im Tal vorbeigegangen. Auf einem viel begangenen Weg. Den gehen jeden Tag ein paar hundert Menschen. Einheimische wie Touristen. Sicher waren darunter welche mit Hunden. Vielleicht ist die Kuhherde von einem dieser Hunde angegangen worden? Vielleicht schon mehrfach? Man weiß es nicht.
Und dann sagt die Frau aus dem Nachbarort, die selbst auf einem Hof aufgewachsen ist, noch etwas. Weißt, meint sie, früher haben sich die Bauern noch um ihr Vieh gekümmert. Damals waren sie alle im Vollerwerb. Standen jeden Tag im Stall. Haben das Vieh immer wieder gestreichelt, haben mit ihm geredet. So war das Vieh an die Menschen gewöhnt. Heute aber werden die meisten Höfe im Nebenerwerb geführt. Wenn der Bauer von der Arbeit heimkommt, hat er nicht mehr die Energie, sich noch großartig um den Hof zu kümmern.
Nachsatz: einen verrückten Stier hat´s auch früher immer wieder mal gegeben. Aber das hat man dir als Kind gesagt und dann hast halt einfach einen Respektabstand gehalten.
Die heutige Zeit ist keine schlechte Zeit. Aber es fehlt was. Es fehlt der Respekt untereinander und der Respekt gegenüber der Natur. (Mg, 16.07.2024, 21:15 Uhr)
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