Cultura | Bibliophile Fragen

„Puh, gute Frage“

Barbara Ladurner beschäftigt mit Kommunikation durch Musik sowie durch das geschriebene und gesprochene Wort. Und sie hat die "immer gleichen Fragen" beantwortet.
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Foto: Privat
  • SALTO: Welches Buch hat Sie in Ihrer Kindheit nachhaltiger geprägt, als Sie damals je geglaubt hätten?

    Barbara Ladurner: Das Buch "Im Westen nichts Neues" von Erich Maria Remarque. Ich habe mir diesen Roman in der ersten Mittelschule heimlich ausgeliehen, obwohl er für die Größeren gedacht gewesen wäre, da ich die restliche Bibliothek schon ausgelesen hatte. Das Buch hat mich von der ersten bis zur letzten Seite ziemlich traumatisiert, aber ich konnte nicht aufhören zu lesen. Die Bilder der toten Soldaten, die ohne Kopf herumrannten, bevor sie auf dem Schlachtfeld ihr Leben ließen, beschäftigten mich noch jahrelang. Ein Meisterwerk, aber erschütternd.

    Welcher letzte Satz eines Romans ist und bleibt für Sie ganz großes Kopfkino?

    Kein Roman, sondern das Buch "Trotzdem Ja zum Leben sagen. Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager" des österreichischen Psychiaters Viktor Frankl. Es ist das einzige Buch, das ich zweimal gelesen habe und jederzeit wieder lesen würde. Seine Aussage "Alles kann einem Menschen genommen werden, nur eines nicht: die letzte menschliche Freiheit – die Wahl der eigenen Haltung in jeder gegebenen Situation, die Wahl des eigenen Weges" und viele weitere Zitate hauen mich einfach vom Hocker.
     

    Es gibt wenige Bücher, die ich ungelesen weglege. 

  • Kommunikation mit Noten und Buchstaben: Die Autorin Barbara Ladurner ist 1991 in Meran (Südtirol) geboren. In Wien und Regensburg studierte sie Deutsch und Italienisch auf Lehramt, Elementare Musikpädagogik, Gesang, Sprechwissenschaft und Rhetorik und promovierte im Fachbereich Germanistik. Sie beschäftigt sich mit diversen Aspekten der Kommunikation durch Musik sowie durch das geschriebene und gesprochene Wort. Foto: Privat

    Reimen ist doof, Schleimen ist noch doofer… Auf welches – anscheinend gute – Buch konnten Sie sich nie wirklich einen Reim machen?

    Puh, gute Frage. Darüber müsste ich jetzt länger nachdenken. Ein gutes Buch, mit dem ich persönlich aber nicht viel anfangen konnte, ist der Briefroman "Die Leiden des jungen Werther" von Goethe. Ich empfand den Text als langatmig... zusammen mit dem jammernden Unterton und dem passiven Wälzen im eigenen Leid schwer zum Aushalten für mich. 

    Ein Fall für Commissario Vernatschio. Wie erklären Sie einem Außerirdischen die geheimnisvolle Banalität von Lokalkrimis?

    Hui, jetzt habt ihr mich entlarvt. Ich muss gestehen, ich habe, glaub ich –  vielleicht doch, aber dann kann ich mich grad nicht mehr daran erinnern –, noch nie einen Lokalkrimi gelesen. Die einzigen Krimis, die ich gelesen habe, sind einige von Wolf Haas. Sehr gut geschrieben, sprachlich fesselnd. Dann kann ich über den Inhalt hinwegsehen. Krimis sind nicht so mein Genre. 

    Gewichtig! Welchen Buch-Tipps schenken Sie noch uneingeschränkt Vertrauen?

    Da orientiere ich mich gern an den Klassikern. Es gibt viele herausragende Werke in der deutschsprachigen Literatur. Goethes "Faust", Theodors Storm "Schimmelreiter", aber auch mittelalterliche Literatur wie das Nibelungenlied oder den Parzival – habe ich auf Mittelhochdeutsch gelesen – und viele weitere Bücher haben mich geprägt. Aber nicht nur Prosa, sondern auch Lyrik aus verschiedenen Epochen, z.B. die Gedichte einer Hilde Domin. Es gibt zig Werke aus der zeitgenössischen Literatur, in verschiedenen Genres, auch übersetzte Meisterwerke anderer Sprachen/Kulturen, an die ich mich halten würde.

    Was für ein Fehlschlag! Welches Buch würden Sie auf einer einsamen Insel zurücklassen?

    Ich suche die Bücher, die ich lesen will, auf zwei Arten aus - entweder suche ich gezielt nach bestimmten Autoren oder Inhalten, um mich literarisch oder fachlich weiterzubilden, oder aber ich gehe der Nase lang und lasse mich einfach inspirieren von Büchern, die mich gerade "anhüpfen". Es gibt wenige Bücher, die ich ungelesen weglege. Aber auf einer einsamen Insel würde ich wohl am ehesten ein leeres Tagebuch zurücklassen...damit der Finder seine eigene Geschichte darin aufschreiben kann. 

    Das Rauschen des Blätterns. Welches Buch würden Sie auf keinen Fall am E-Book-Reader lesen?

    Ich habe noch nie ein Buch am E-Book-Reader gelesen. Auf die Idee würde ich gar nicht kommen. Das Buch in den Händen zu halten, ist für mich Teil der Faszination des Lesens.

    Welches Buch zu Südtirol oder eines/einer Autors/Autorin aus Südtirol würden Sie unbedingt weiterempfehlen?

    Letztes Jahr ist die Südtirol-Anthologie der Reihe Salto des Wagenbach Verlages erschienen. Da sind einige Namen vorhanden, ich durfte auch mitmachen. Grundsätzlich wäre es schön, wenn die hiesige Literatur gerade auch in unseren Bibliotheken, bei der Organisation von Lesungen und lokalen kulturellen Veranstaltungen mehr Beachtung finden würde. Es gibt viele tolle Südtiroler Autorinnen und Autoren und Perlen an Bücher, die nur darauf warten, von einem größeren Publikum entdeckt zu werden.