Economia | Arbeitswelt

Die Berufs-Analyse

Was sind typische Männerberufe? Wo arbeiten Frauen, wo Ausländer eher? Welche sind alte, welche junge Berufe? Die Südtiroler Berufswelt unter der Lupe.
Pressekonferenz Berufe
Foto: Salto.bz

Welchen Berufen gehen die Südtiroler nach? In welchem Beruf arbeiten besonders Frauen, Jugendliche oder auch Menschen mit Migrationshintergrund? Zu solchen Fragen gab es bisher nur spärliche Informationen. Einzig die Volkszählungen gaben bislang alle zehn Jahre einen Einblick in die Beschaffenheit der Südtiroler Berufswelt. Nun hat sich das geändert. Zum ersten Mal hat die Beobachtungsstelle für den Arbeitsmarkt umfangreiche Untersuchungen durchgeführt. Arbeitslandesrätin Martha Stocker, der Abteilungsdirektor Helmuth Sinn und der Direktor des Landesamtes für Arbeitsmarktbeobachtung Stefan Luther präsentierten die Ergebnisse am Montag Vormittag.

Die Studie bezieht sich auf die unselbstständig Beschäftigten, sprich die Arbeitnehmer. “Drei Aspekte wurden primär analysiert”, führte Luther ein: der Männer- und Frauenanteil, der Anteil an Personen mit Migrationshintergrund sowie die Altersstruktur in den verschiedenen Berufen. Das gesammelte, äußerst umfangreiche Datenmaterial bietet unzählige Analyse- und Interpretationsmöglichkeiten. So ist das Geschlechterverhältnis nur in ganz wenigen Berufssparten ausgeglichen. “Aber das ändert sich langsam”, merkte Landesrätin Stocker an. So sei zum Beispiel unter den Richtern der Frauenanteil im Laufe der Jahre deutlich gestiegen – eine ähnliche Entwicklung ist bei den Ärzten zu beobachten.

Typisch Mann, typisch Frau

Nichtsdestotrotz gibt es immer noch klar männer- beziehungsweise frauentypische Berufe. Vor allem der Bereich frühkindliche Erziehung und Bildung ist fest in Frauenhand: 99,5 Prozent des Kindergartenpersonals ist weiblich, in der Grundschule 93,6 Prozent. Auch in der Schönheitspflege sowie bei der Krankenpflege liegt der Frauenanteil über 90 Prozent – in diesem Fall spricht man von einem “frauentypischen Beruf”. Liegt der Frauenanteil hingegen unter 10 Prozent, ist von einem “männertypischen Beruf” die Rede. Darunter fallen insbesondere Berufe im Baugewerbe – so sind zum Beispiel 99,8 Prozent der Straßenwarte Männer. Auch unter den Kfz-Mechatronikern und Karosseriebauern (99,3 Prozent) sowie Mechanikern (99,1 Prozent) finden sich (fast) ausschließlich Männer.

Ein Drittel aller unselbstständig beschäftigten Männer sind in Männerberufen tätig, bei den Frauen sind es mit 14 Prozent deutlich weniger.

Insgesamt sind die meisten unselbstständig beschäftigten Frauen in Verwaltungs- und Büroberufen tätig (23,9 Prozent). Die meisten männlichen Arbeitnehmer arbeiten im Baugewerbe (11,5 Prozent). “Männer führen eher Berufe aus, für die es eine spezifische Ausbildung braucht. Viele von ihnen sind daher weniger flexibel auf dem Arbeitsmarkt”, so Stocker.

Alt, jung und auswärts

Zu den “jüngsten” Berufen zählen jene der Schönheitspflege (Durchschnittsalter 29 Jahre), der Kfz-Mechatroniker und Karosseriebauer (30 Jahre), Bäcker und Konditoren (33 Jahre) – und jene im Baugewerbe. Aber auch Mediengestalter und Informatiker sind Berufe, die vor allem von jungen Arbeitnehmern gemacht werden. Im Durchschnitt am ältesten sind Schulwarte (52 Jahre), Tierärzte (51 Jahre) – und auch Führungskräfte (47 Jahre).

Arbeitnehmer in Handwerksberufen weisen ein deutlich jüngeres Durchschnittsalter auf. Die Gründe: früher Berufseinstieg, danach Übergang in die Selbstständigkeit.

“In einigen Bereichen zeigt sich klar der Mangel an Nachfolgern. Aufgrund des demografischen Wandels rücken für die Angestellten, die in Pension gehen, weniger Junge nach”, gab die Landesrätin zu bedenken. “Zusammen mit der stark anziehenden Wirtschaft in Südtirol sorgt der demografische Wandel für einen akuten Arbeitskräftemangel”, stimmte Abteilungsdirektor Sinn zu. “Bis auf den Banken- und Finanzsektor wird aktuell in allen Bereichen Personal gesucht”, präzisierte Stefan Luther.
Dieses wird vermehrt auch im Ausland gefunden. Vor allem Saisonarbeiter kommen von außerhalb Italiens. Mehr als zwei Drittel der zumeist befristet beschäftigten Tagelöhner und Erntehelfer haben eine ausländische Staatsbürgerschaft. Hoch ist der Anteil der Arbeitnehmer mit Migrationshintergrund auch unter den Zimmermädchen und Hilfskräften im Gastgewerbe (55,1 Prozent), Obstsortierern (51,6 Prozent) Pizzabäckern (48,7 Prozent) und den Reinigungskräften (38 Prozent). Aber auch ein Viertel der Universitätsprofessoren und –forscher sind Ausländer.

“Die Daten und die Entwicklungen, die sie aufzeigen, sind hilfreich, um Weichen für die Zukunft zu stellen”, kommentierte Martha Stocker. Wenn sich etwa abzeichne, dass gewisse Berufe – wie etwa jener des Arztes – künftig vermehrt weiblich sein werden, “muss man an die Konsequenzen denken, zum Beispiel noch stärker an die Vereinbarkeit von Familie und Beruf”. Aber auch in anderen Bereichen stünden Veränderungen an, darunter in der Berufsberatung und der Berufsbildung.