„Sodass sich alles tief einprägt“

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SALTO: Welches Buch hat Sie in Ihrer Kindheit nachhaltiger geprägt, als Sie damals je geglaubt hätten?
Helmut Luther: Wir hatten nicht sehr viele Bücher. Der Vorteil: so liest man die Wenigen immer wieder, sodass sich alles tief einprägt. So war es im Fall des schön bebilderten Buches "Schellenursli" der Graubündener Dichterin Celina Chönz. Die farbigen Zeichnungen verführten zum Träumen.Welcher letzte Satz eines Romans ist und bleibt für Sie ganz großes Kopfkino?
Der letzte Satz der rührenden Weihnachtsgeschichte "Bergkristall" von Adalbert Stifter: "Und so hörte der Pfarrer auf, zu erzählen, die Kinder hörten auf zu weinen, und die Stadtmenschen hörten auf zu reden, und es war im Hause des Pfarrers eine lange stille Nacht, die er sich gewünscht hatte."
Ich gehe auch lieber zum richtigen Doktor als zum Handaufleger.
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Eine Reise in die Stille der Klöster: Die Klöster werden immer leerer – und doch wächst die Sehnsucht nach ihrer Ruhe und spirituellen Tiefe. Doch selbst das Leben in Klausur ändert sich. Autor Helmut Luther gewährt in 16 Reportagen authentische Einblicke hinter die Klostermauern: Er trifft auf einen Benediktiner, der Karate trainiert, einen ehemaligen Soldaten, der sich für den interreligiösen Dialog einsetzt, eine junge Elisabethine, die einen Podcast betreibt. Foto: Edition Raetia
Reimen ist doof, Schleimen ist noch doofer… Auf welches – anscheinend gute – Buch konnten Sie sich nie wirklich einen Reim machen?
Aus dem Ulysses von James Joyce. Nachdem ich irgendwo gelesen gelesen hatte, dass der Autor einem Kollegen riet, extra Unverständliches, Kompliziertes zu schreiben, damit die Literatur-Professoren daran zu knabbern hätten, eine gute Voraussetzung zum berühmt-Werden, erst Recht nicht.
Ein Fall für Commissario Vernatschio. Wie erklären Sie einem Außerirdischen die geheimnisvolle Banalität von Lokalkrimis?
Bin diesbezüglich komplett blank, kenne das Genre nicht, eine Antwort wäre aus besagten Gründen geschwindelt.
Gewichtig! Welchen Buch-Tipps schenken Sie noch uneingeschränkt Vertrauen?
Denen von berufsmäßigen Literaturkritikern. Sie sind vom Fach. Warum zum Schmiedl, wenn es den Schmied gibt? Ich gehe auch lieber zum richtigen Doktor als zum Handaufleger.
Was für ein Fehlschlag! Welches Buch würden Sie auf einer einsamen Insel zurücklassen?
Als Fehlschlag würde ich es nicht bezeichnen, aber Kafkas "Prozess" habe ich mehrmals unverrichteter Dinge wieder zurück ins Regal gestellt. Sonst fällt mir gerade nichts ein.
Das Rauschen des Blätterns. Welches Buch würden Sie auf keinen Fall am E-Book-Reader lesen?
Die großen Romane von Thomas Mann, Dostojewski und Tolstoi. Auch deshalb, weil ich gerne bei mir wichtigen Stellen Eselsohren mache. Sie zeigen mir, wie fleißig ich war - und an was ich mich alles nicht mehr erinnern kann.
Welches Buch zu Südtirol oder eines/einer Autors/Autorin aus Südtirol würden Sie unbedingt weiterempfehlen?
Das Land Südtirol: Menschen, Landschaft, Geschichte von Franz Tumler
Helmut LutherAus Meran, in Innsbruck Philosophie und Geschichte studiert, seit 35 Jahren Lehrer für Deutsch und Geschichte an einer Meraner Oberschule. Als freier Mitarbeiter zahlreiche Beiträge für überregionale Tageszeitungen wie Die Welt, FAZ und Süddeutsche Zeitung.
Am Donnerstag, 25. September, 19 Uhr im Haus St. Benedikt/Muri-Gries (Grieser Platz 19, Bozen) stellt Helmut Luther im Gespräch mit Verleger Thomas Kager sein Reportagebuch über das Klosterleben heute vor.Articoli correlati
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