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Politica | Dramolette

Österreich dreht sich im Kreis

Die Ministerin stimmt dafür, der Bundeskanzler ist dagegen, der Vizekanzler gibt der Ministerin recht.
Avvertenza: Questo contributo rispecchia l’opinione personale dell’autore e non necessariamente quella della redazione di SALTO.
Dramolette
Foto: ©Mg
  • Im gestrigen EU-Ministerrat stimmt Österreichs grüne Umweltministerin Leonore Gewessler dem EU-Renaturierungsgesetz zu. Im Vorfeld hatten sich die Kanzlerpartei ÖVP und deren Landeshauptleute vehement dagegen ausgesprochen. Nach der Abstimmung schreibt ÖVP-Bundeskanzler Karl Nehammer einen Brief nach Brüssel, in dem er erklärt, dass Österreichs Stimme ungültig sei. Daraufhin folgt ein Schreiben des grünen Vizekanzlers Werner Kogler mit dem Hinweis, dass das Votum Österreichs sehr wohl rechtens sei.

    Vergangene Woche haben sich die Regierungsparteien ÖVP und Grüne auf den 29. September als Termin für die Nationalratswahlen geeinigt.

     

     

    Heute Morgen. Im Regierungsviertel von Wien. Ein Kaffeehaus im toskanischen Renaissance-Stil. Zwei Herren in Anzug und Krawatte, einer älter als der andere, sitzen auf der gepolsterten Bank am Ecktisch. Sie lesen die Zeitung. Immer, wenn einer am Kaffee nippt, setzt er das Gespräch durch einen kurzen Satz fort.

     

    Der Jüngere: „Na, wie hamma´s heut´, Herr Ministerialrat?“

     

    Der Ältere: „Ja, eh.“

     

    Der Jüngere: „War knapp gestern. Fast hätt´ sich die Regierung selbst in die Luft gesprengt, gell?.“

     

    Der Ältere: „Ja, eh.“

     

    Der Jüngere: „Du sag´, Wie geht das zusammen? Die Ministerin stimmt im Rat dafür, der Bundeskanzler schreibt nach Brüssel, wir sind dagegen und dann schreibt der Vizekanzler auch nach Brüssel und meint, stimmt nicht, wir sind doch dafür. Was denken die sich jetzt in Brüssel? Die glauben, wir Österreicher sind jetzt ganz durchgedreht, nicht?“

     

    Der Ältere: „Ja, eh.“

     

    Der Jüngere: „Irgendjemand bei uns muss doch wissen, ob die Ministerin ein freies Mandat hat oder an Entscheidungen gebunden ist.“

     

    Der Ältere: „Ja, eh.“

     

    Der Jüngere: „Und? Weißt du´s zum Beispiel?“

     

    Der Ältere: „Ja.“

     

    Der Jüngere (mit großen Augen): „Und warum sagst du´s ihnen nicht?“

     

    Der Ältere: „Sollen die Politiker das unter sich ausmachen. Und überhaupt - was weiß ich, wer im Herbst noch Minister geschweige denn Kanzler ist“

     

    Beide blättern noch eine Weile in der Zeitung. Dann bezahlen sie und gehen ab.

     

     (Mg, 18.06.2024)