„Rezensionen sind hilfreich“
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SALTO: Welches Buch hat Sie in Ihrer Kindheit nachhaltiger geprägt, als Sie damals je geglaubt hätten?
Thomas Kager: An den Titel kann ich mich nicht mehr erinnern, aber ich weiß noch eines: Es war kein Buch aus dem Ravensburger-Verlag, weshalb ich enttäuscht war. Ich verschlang damals die Bände der Fünf Freunde von Enid Blyton und andere bei Ravensburger verlegte Bücher, und dachte mir, das Buch, das ich von meiner Tante geschenkt bekommen hatte, kann nix Gscheits sein, da von einem anderen Verlag. Ich habe wohl intuitiv verstanden, dass Verlage für eine bestimmte Ausrichtung und Qualität stehen. Was ich mittlerweile weiß: Es gibt mehrere gute Verlage, ich hätte dem geschenkten Buch zumindest eine Chance geben sollen.
Welcher letzte Satz eines Romans ist und bleibt für Sie ganz großes Kopfkino?
Ganz ehrlich: Mir ist kein letzter Satz in Erinnerung geblieben. Zuhause in den gelesenen Büchern nachschlagend, erscheinen die meisten banal, ohne ausführlichen Bezug zur Vorgeschichte nichtssagend. Also gebe ich hier das einzig taugliche Fundstück wieder, das, auch ohne die Geschichte zu kennen, zumindest bei den Leser*innen dieses Fragebogens Kopfkino entstehen lassen kann: „Dann ging ich zu Vater und griff ihm in die Tasche, zuerst in die falsche, dann in die richtige“. Jurek Becker, Bronsteins Kinder.
Grundsätzlich habe ich ein gutes Händchen bei der Auswahl meiner Bücher, lese kaum, nur weil grad alle etwas gut finden.
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Reimen ist doof, Schleimen ist noch doofer… Auf welches – anscheinend gute – Buch konnten Sie sich nie wirklich einen Reim machen?
James Joyce, Ulysses. Ein Roman von fast 1.000 Seiten, der nur einen Tag eines Menschen beschreibt, ein ständiger Bewusstseinsstrom, wegen Obszönitäten damals beschlagnahmt. Das sind eigentlich alles Zutaten, die mich faszinieren. Es gibt sogar den Bloomsday, einen eigenen Tag im Jahr, der sich auf die Hauptfigur des Romans Leopold Bloom bezieht, an dem weltweit Menschen das Buch feiern. Aber die Tür zu dieser Welt blieb mir verschlossen. Ich hoffe auf den richtigen Zeitpunkt, an dem ich doch den Schlüssel zu dieser Tür finde. Denn diese Erfahrung habe ich schon öfter gemacht: Bücher benötigen ihren je richtigen Zeitpunkt der Lektüre.
Ein Fall für Commissario Vernatschio. Wie erklären Sie einem Außerirdischen die geheimnisvolle Banalität von Lokalkrimis?
Meist ist es Salsiccia, also Wurscht, ob Commissario Vernatschio, Montepulciano oder Amarone ermittelt. Als leichte Urlaubslektüre mitunter empfehlenswert, wenn Land und Leute gut charakterisiert werden – um den Plot geht’s ja eh nicht. Sofern also Außerirdische hier nur urlauben, können sie gern danach greifen. Sollten sie bleiben wollen, würde ich Tschonnie Tschenett empfehlen.
Gewichtig! Welchen Buch-Tipps schenken Sie noch uneingeschränkt Vertrauen?
Uneingeschränktes Vertrauen nie, aber Rezensionen sind hilfreich. Ein Teil meiner Bücherkäufe erfolgt nach der Lektüre inspirierender Besprechungen, der andere Teil durch Stöbern in Buchhandlungen oder auf Buchmessen. Dann entdeckt man kleine Verlage, die tolle Bücher machen, aber nie eine Rezension in den großen Medien bekommen. Ein Schicksal, das auch wir als Regionalverlag teilen.
Was für ein Fehlschlag! Welches Buch würden Sie auf einer einsamen Insel zurücklassen?
Meist darf man nur eines mitnehmen, also würde ich wohl auch dieses dort lassen. Grundsätzlich habe ich ein gutes Händchen bei der Auswahl meiner Bücher, lese kaum, nur weil grad alle etwas gut finden. Bei Georgi Gospodinovs Zeitzuflucht, von der Kritik ziemlich gelobt, fand ich die Grundidee faszinierend, hab mich aber bald gelangweilt und fand die Geschichte nicht immer gut durchdacht. Da hätte ich kein schlechtes Gewissen, es auf der Insel zurückzulassen.
Das Rauschen des Blätterns. Welches Buch würden Sie auf keinen Fall am E-Book-Reader lesen?
Ich muss gestehen, dass ich noch kein Buch am E-Book-Reader gelesen habe. Ich starre den ganzen Tag auf einen Bildschirm, so unromantisch ist Büchermachen nämlich, sodass ich Bildschirme in meiner Freizeit meide.
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