Società | Autonomie

Das Ende des Sonderweges

Das Verfassungsgericht hat das Regionalgesetz des Aostatales zur Pandemiebekämpfung als verfassungswidrig eingestuft und aufgehoben. Der Südtiroler Weg ist damit passé.
Corte costituzionale
Foto: Corrispondenza romana
Die Bombe explodierte in Rom durch eine Pressemitteilung. Am Mittwochabend verschickte das Verfassungsgericht eine Aussendung, deren Titel alles sagt: „Covid-19-Ausnahmesituation: Es steht dem Staat und nicht den Regionen zu, die nötigen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung festzulegen“.
Es geht um ein gestern gefälltes Urteil des italienischen Verfassungsgerichtes, das auch direkte Auswirkungen auf Südtirol und unsere Autonomie haben wird. Denn das Höchstgericht hat einen Verfassungsgrundsatz festgelegt, der es den Autonomen Regionen und Provinzen verbietet in Sachen Covid-19 eigene Wege zu gehen. Das heißt konkret: Der durch ein eigenes Südtiroler Landesgesetz abgesicherte Südtiroler Weg wird schon bald durch eine Schranke verschlossen werden.
Gestern wurde am römischen Verfassungsgericht der Fall der Region Aosta verhandelt. Die autonome Region hat genau das getan, was Südtirol bereits im vergangenen Frühjahr vorgemacht hat. Am 9. Dezember 2020 beschloss der Regionalrat ein eigenes Gesetz zur Pandemiebekämpfungen, das in einigen Punkten deutlich von den staatlichen Bestimmungen abweicht. Die Regierung hat dieses Gesetz unmittelbar danach beim Verfassungsgericht angefochten. Bereits am 14. Jänner 2021 hat das Verfassungsgericht per Verfügung das Regionalgesetz Aostas vorläufig ausgesetzt. Schon damit war klar, in welche Richtung die Höchstrichter entscheiden werden.
Am Mittwoch beschäftigte sich das Plenum mit dem Fall. Dabei nahm das Verfassungsgericht den Rekurs der Regierung an und erklärte den Aostaner Sonderweg als nicht zulässig. Das Gesetz sei in jenen Punkten – wo es von den staatlichen Bestimmungen abweiche -  verfassungswidrig.
In der Aussendung des Verfassungsgerichtes heißt es:
 
„La Corte ha ritenuto che il legislatore regionale, anche se dotato di autonomia speciale, non può invadere con una sua propria disciplina una materia avente ad oggetto la pandemia da COVID-19, diffusa a livello globale e perciò affidata interamente alla competenza legislativa esclusiva dello Stato, a titolo di profilassi internazionale.”
 
Die genaue Urteilsbegründung soll in ein paar Wochen folgen.
Das Urteil hat für Südtirol zwar keine unmittelbaren Folgen, dennoch lässt sich dieser Richterspruch eins zu eins auch auf den Südtiroler Sonderweg umsetzen. Kommt es zur Anfechtung des Südtiroler Landesgesetzes wird das Verfassungsgericht dieselbe Entscheidung treffen.
Spätestens damit dürfte der Traum der autonomen Pandemiebekämpfung ausgeträumt sein.
 
 
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evelin tschenett Gio, 02/25/2021 - 09:45

Das würde dann aber bedeuten, dass wir derzeit orange Zone und nicht rote Zone sind und dass Bürger/Innen aus Gemeinden bis zu 5000 Einwohner sich 30 km im Umkreis bewegen können. Das sieht das derzeitige italienische Pandemiegesetz vor.

Gio, 02/25/2021 - 09:45 Collegamento permanente
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Christian I Gio, 02/25/2021 - 17:57

In risposta a di G. P.

Ganz genau. War ja letzte Woche auch hier auf salto ein Thema (da ging es zwar um unsere südliche Nachbarn): "il Trentino fá 1/3 dei test dell'Alto Adige e ha 1/3 dei positivi dell'Alto Adige".
Und noch meine geringe Meinung zum Thema: Sonderweg hin oder her, wenn sich viele nicht an den Regeln halten, dann bringt auch die strengste Regel nichts!

Gio, 02/25/2021 - 17:57 Collegamento permanente