Ambiente | Vandalenakt

Vergiftete Idylle

Fassungslosigkeit im Vinschgau: An mehreren Bäumen des Palabirn-Angers in Lichtenberg wurden Löcher gebohrt. "Jemand wollte sie vergiften", alarmieren die Umweltschützer.

Rechtzeitig zu den Osterfeiertagen ist auch der Frühling im Land eingekehrt. Angenehme Temperaturen, eine aufblühende Landschaft und erste zaghafte Farbtupfer in Gärten, auf Wiesen und in den Wäldern zeugen davon: Die Natur ist aus dem Winterschlaf erwacht und strengt sich mit aller Kraft an, neues Leben zu schaffen. Viele Menschen erfreuen sich Jahr für Jahr an dem Schauspiel. Doch nicht alle scheinen der Natur und ihren Schöpfungen wohlgesonnen zu sein. Ein Aufschrei geht durch die Reihen der Umweltschützer im Vinschgau: “Wir sind schockiert!” Anlass für das Entsetzen und die Empörung: ein Vandalenakt im Palabirn-Anger von Lichtenberg.


Umweltfrevel vor Ostern

Wie hinlänglich bekannt, setzt sich eine breite Front aus Natur- und Umweltschützern für den Erhalt des Palabirn-Ensembles in der kleinen Fraktion der Gemeinde Prad am Stilfserjoch ein. Dort, wo heute elf zum Teil 200 Jahre alte Bäume stehen, soll eine Wohnbauzone entstehen. Geplant ist auch eine neue Feuerwehrhalle, für die allerdings noch die Finanzierung fehlt. Erst vor wenigen Wochen war der Prader Bürgermeister Karl Bernhart vor die Presse getreten und hatte das Projekt verteidigt. Den Gegnern versuchte er, durch die Beteuerung, dass nur einer der Palabirnbäume sowie eine Esche den Wohngebäuden weichen müssen, die Luft aus den Segeln zu nehmen. “Ein schönes Platztl für alle” soll der Palabirnanger werden, versprach Bernhart.

Doch mit der Idylle ist es vorerst vorbei. Denn in den vergangenen Tagen wurde ein Vandalenakt im Palabirnanger verübt. Bislang  unbekannte Täter haben an zwei der Palabirn-Bäume und an einer Esche mehrere Löcher gebohrt. Für Rudi Maurer von der Umweltschutzgruppe Vinschgau “ein eindeutiges Indiz” darauf, dass die Bäume hätten vergiftet werden sollen. Denn in diese Löcher wird üblicherweise Gift geschüttet, “etwa Herbizide in hoher Konzentration”, erklärt Maurer.


Die Vinschger Umweltschützer haben die Schäden akribisch dokumentiert.
Foto: Umweltschutzgruppe Vinschgau

Für ihn besteht kein Zweifel, dass dies die Absicht der Täter gewesen sei. “Jemandem sind die Bäume im Weg und man will sie gefällt haben”, sagt der Umweltschützer. Derzeit läuft nämlich ein amtliches Verfahren für die Ausweisung des Palabirn-Angers als Naturdenkmal. Könnte dies jemandem ein Dorn im Auge im Auge sein? Auch wenn das so wäre, “anstatt sich für illegale, strafbare Missetaten im Dunkeln hinreißen zu lassen, sollte man wenigstens die Courage haben, öffentlich die eigenen Argumente zu äußern”, poltern die Umweltschützer.


“Keine Sensibilität”

Umgehend hat man die zuständigen Behören informiert und bittet um Hinweise. Die Gemeinde hat die Löcher inzwischen wieder geschlossen. Doch die Bäume könnten trotzdem einen Schaden davontragen. “Dort, wo die Löcher gebohrt wurden, kann sich Fäulnis ausbreiten”, sagt Maurer. “Aber wir hoffen, dass sie sich erholen und dieser Umweltfrevel keine allzu großen Auswirkungen haben wird.” Bei der Umweltschutzgruppe Vinschgau verurteilt man “diesen rücksichtslosen Vandalenakt” aufs Schärfte.


Der Palabirn-Anger Ende März. Werden sich die beschädigten Bäume erholen?
Foto: Umweltschutzgruppe Vinschgau

Man ist fassungslos: Nicht genug, dass man den Palabirn-Anger zerstören wolle (die Umweltschützer setzen sich für den Erhalt des gesamten Ensembles als solches und nicht einzelner Bäume ein), “jetzt will man ihn sogar vergiften”. “Es herrscht einfach keine Sensibilität”, klagt Maurer, “mir tut das Herz weh”. Während man im Westen des Landes seiner Empörung freien Lauf lässt, hat sich im Osten just an dem Tag, an dem die Vandalenakte bekannt wurden, der Toblacher Bürgermeister mit einer auch in dieser Geschichte bezeichnenden Aussage zu Wort gemeldet: “Die Natur ist den Menschen geschenkt worden, wir haben die Pflicht, sie intakt zu halten.” Ein Gedanke, der auch in Prad zum Nachdenken anregen könnte.