Was wir wollen
Das vergangene Jahr war nicht leicht. Viel Schlechtes und einiges Schlimme ist passiert. Wir mussten zuhause bleiben. Uns mit unseren Familien auseinandersetzen. Konnten Freunde nicht sehen und haben auf Vieles verzichtet.
Und doch lag - besonders ganz zu Anfang der Pandemie - auch eine Spur Hoffnung in der Luft. Wir sind aus unserem Alltag ausgebrochen, haben Normen über Bord geworfen, sind von einem Tag auf den anderen ins Homeoffice gewechselt. Wir haben im Lohnausgleich die Viertage-Woche eingeführt und dennoch unser Arbeitspensum geleistet.
Und er lag in der Luft - dieser Gedanke, dass jetzt alles anders wird. Dass sich unser Leben doch nicht nur um die Arbeit drehen muss und wir unsere Wünsche, Zeit und Ziele darum herum planen müssen. Dass die Arbeit nur eine Nebenrolle spielten könnte, anstatt der Hauptrolle.
Wir hatten endlich den Beweis in der Hand, dass es möglich war - wir haben es einfach getan. Unter dem Druck der Pandemie war plötzlich all das möglich geworden, von dem uns jahrelang erzählt wurde, dass es aus diesem oder jenen Grund nicht umsetzbar wäre.
Vielleicht, ja nur vielleicht, könnte der Mensch im Mittelpunkt stehen, anstatt der Produktivität.
Und der Geist des Umschwungs lag in der Luft - es wurde wieder vom Grundeinkommen, alternativen Modellen und neuen Wegen gesprochen. Wir hatten das Gefühl ausbrechen zu können aus dieser Schuhschachtel, die sich im 21. Jahrhundert „Leben“ nennt.
Doch dann haben wir uns an die Pandemie gewöhnt. Die Stimmen, die nach neuen Wegen schrieen wurden weniger - bis es wieder die üblichen Verdächtigen waren, die man als linke Spinner abtun konnte.
Und die Idee von Freiheit wurde zusammengekürzt. In „vielleicht dürfen wir zukünftig noch ab und an ins Homeoffice“. In „vielleicht kommt etwas Geld der Regierung auch bei uns Kleinen an“. In „vielleicht hat es die nächste Generation besser“.
Und wir sitzen an unseren Computern und gehen jeden Tag zur Arbeit und halten die Wirtschaft am Laufen. Passen uns an Umstände an und mehren den Besitz anderer, während 50 Prozent unseres Gehalts für die Miete drauf geht.
Aber wir sind halt nur die Kleinen. Die Macht haben die da oben. Die Politiker, Unternehmer und anderen hohen Tiere.
Dabei haben wir uns nur zu sehr an unsere Schuhschachtel gewöhnt. Denn ohne uns wären „die“ nichts.
Wenn wir nur zusammenhalten würden. Uns organisieren und durchsetzten, was könnten wir alles erreichen!
Wir wollen die Möglichkeit zum Homeoffice. Wir wollen ein Grundeinkommen. Wir wollen ein anderes System. Wir wollen eine Chance für jeden. Wir wollen unser Leben leben - und nicht nur nebenher.
Wir wollen - also tun wir es einfach!
Wenn uns das vergangene Jahr etwas gezeigt hat, dann, dass alles möglich ist. Wir müssen nur endlich handeln. Wählen gehen reicht nicht mehr. Wir brauchen neue Wege, neue Systeme, neue Ideen.
Aber dann geht es uns doch nicht so schlecht. Es geht uns gerade gut genug um nicht auf die Straße zu gehen. Wir sind faul geworden, in unseren überteuerten Wohnungen und auf unseren bequemen schwedischen Sofas.
Es geht uns grade gut genug, damit die Mehrheit sich nicht regt. Lieber die Füße still hält. So schlecht hat man es dann doch nicht. Und so geht es weiter. Das Leben in der Schuhschachtel.
Brot und Spiele für die Armen, ein Leben für die Reichen.
Papier Schnipsel! Ein Name
Papier Schnipsel! Ein Name wäre mir lieber. "Wir müssen nun endlich handeln.....", na klar, aber mit Mut und Offenheit. Deshalb mein Wunsch nach dem Namen. Der Beitrag erinnert mich an meine in den siebziger Jahren. War es etwa damals schon so wie heute? Genau, es war so. "Wählen gehen reicht nicht mehr", auch damals nicht. Die Mieten waren zwar nicht ganz die Hälfte des Lohnes, aber fast. Neue Wege, neue System, neue Ideen suchten wir auch damals. Unter eigenem Namen, mit viel mehr Biss und Überzeugung. Auch mit mehr Zufriedenheit. "Brot und Spiele" wurden mühsam erkämpft, den Reichen das Leben gegönnt. Wir fragten uns sogar: Ist "das Leben" der Reichen soviel besser und schöner? Wer aufmerksam ist in diesen Tagen, der wird gemerkt haben, dass uns auch das Brot und die Spiele streitig gemacht werden. Das Brot wegen der Gefährdung der Arbeitsplätze und die Spiele wegen der Kürzungen auf dem Kultursektor. Na also, da ist Not am Mann und an der Frau. Da sollten wir zeigen, "was wir wollen". Sicher keine Papier Schnitzel.