Politica | Tourismus

Landestourismusabgabe statt Gästepass

Der Gästepass: ein Werbegeschenk an Südtirol-Urlauber zur fast kostenlosen Nutzung des ÖPNV, von 90 Museen und weiteren Dienstleistungen, trotz Boom bei den Ankünften?
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  • 2022 eingeführt, bleibt die jetzige Guest-Pass-Regelung für 10 Jahre gültig, wird jetzt digitalisiert, die Gäste erhalten ihn als PDF und nutzen den Ausdruck als Ticket. So einfach und billig hätten es Einheimische auch gerne, denn sie übernachten auch oft im Land. Gleich ob digital oder nicht, der Gästepass bleibt ein Ärgernis in mehrfacher Hinsicht. 

    Erstens, diskriminiert er Einheimische, die eigentlich doppelt zahlen. Tickets und Abos bei Bus und Bahn, Eintritt in Museen und dann über die Steuern auch die Infrastruktur als solche und ihr jährliches Betriebsdefizit, das vom Land über Steuereinnahmen gedeckt wird. In der trickreichen Begründung der Touristiker weist man immer auf die 60 Cent hin, die auf die Ortstaxe pro Nacht dafür draufgeschlagen werden und 20 Mio. Euro an Zusatzeinnahmen generieren. Diese 60 Cent sind nichts als ein ohnehin überfälliger Aufschlag auf die Ortstaxe, die in Südtirol zu niedrig ist. Warum gibt die Zahlung von 2,6 Mrd. Euro an IRPEF und 3,4 Mrd. an IVA den Einheimischen nicht auch das Recht auf Gratisnutzung von ÖPNV und Museen?

    Zweitens, wird seitens der Touristiker argumentiert, würde der Gästepass zur Reduzierung der CO2-Emissionen bei den Kfz der Gäste führen: „Der Guest Pass trägt als bedeutendes touristisches Projekt Südtirols zur Einhaltung der Klimaziele bei und vermindert den PKW-Verkehr“, wird Andreas Dorfmann, Präsident des Mobilitätskonsortiums zitiert (Dolomiten, 8.-9.6.2024). Tut er wohl kaum, weil der weitaus größte Anteil der Emissionen aus der An- und Rückreise der Südtirol-Urlauber stammt, die vom Gästepass nicht berührt werden. Dieser wird allen Touristen geschenkt, gleich ob sie mit ihrem Kfz anreisen (80-86% aller Ankünfte je nach Herkunft aus Rest-Italien oder Deutschland) oder mit der Bahn (7,2-7,7% aller Ankünfte). Wäre die Gratis-Öffi-Karte nur jenen vorbehalten, die klimafreundlich mit Bahn und Bus anreisen, wäre ein Anreiz geschaffen umzusteigen. So wie heute geregelt, fehlt dieser Anreiz.

    Drittens, der Gästepass führt zur Überlastung der Busse und Bahnen vor allem zu Stoßzeiten, wenn viele Pendler und Schülerinnen unterwegs sind, Das räumt sogar LR Alfreider ein und verspricht, die betroffenen Linien zu potenzieren (Dolomiten, 8.-9.6.2024), was wiederum Geld kostet. „Es gibt keine Gratisfahrer, weil irgendjemand für die Finanzierung des Dienstes aufkommen muss,“ meinte Alfreider an derselben Stelle. Richtig, das tun die Ansässigen mit ihren Tickets und mit ihren Steuern und decken damit 75% der Gesamtkosten der 230 Mio Euro jährlichen Betriebskosten des ÖPNV, die das Land Südtirol trägt.

    Und damit zum vierten Ärgernis. Während Touristen mit Vorteilscards beschenkt werden, die sie gar nicht verlangen würden, ist die Tourismusabgabe (Ortstaxe) für eine tourismusintensive Region wie Südtirol unverständlich gering. Sie beträgt nur 1,50-2,50 Euro pro Nacht, während in ähnlich stark gefüllten Destinationen wie Florenz 4,50-5,50 pro Nacht, in Venedig im Schnitt 4 Euro, in Rom 3 bis 10 Euro pro Nacht je nach Kategorie verlangt werden. Würde Südtirol, wie vom Team K kürzlich gefordert, 5 Euro an Ortstaxe pro Übernachtung verlangen, was das geltende Landesgesetz Nr. 9/2012 sogar erlaubt, könnten 180 Mio. Euro an Einnahmen aus der Ortstaxe generiert werden. Flössen diese Einnahmen ans Land, hätte es ausreichend Mittel, um die Gratisnutzung von ÖPNV und Museen gegenzufinanzieren, wie Alex Ploner vom Team K in seiner PM ausführt. Gästepass für alle sozusagen!

    Dies führt zu einer klaren Schlussfolgerung bezüglich der Ortstaxe: in Südtirol ist sie zum einen zu niedrig, zum anderen muss sie gesetzlich zurechtgerückt werden. Eigentlich ist diese Aufenthaltsabgabe eine Art kommunale Tourismussteuer. Gemeinden brauchen diese Einnahmen nicht nur, um touristische Dienste zu finanzieren wie etwa Information und touristische Veranstaltungen, sondern vor allem um die höheren Infrastruktur kosten zu decken, um Natur- und Kulturgüter zu pflegen, um die externen Kosten des Tourismus z.B. bei der Verkehrsüberlastung zu decken. Nun werden die Einnahmen aus der Ortstaxe aber zur Gänze den Tourismusorganisationen und der IDM für tourismusbezogene Dienstleistungen zur Verfügung gestellt (L.G. 16.5.2012, Nr. 9, Finanzierung im Tourismus, Art.1). Diese werben fleißig, holen noch mehr Besucher, die das System noch stärker belasten. Geboten wäre an dieser Stelle die Abänderung der gesetzlichen Zweckbindung. „Der Spieß muss umgedreht werden“, fordert zu Recht Paul Köllensperger in einer Replik an Manfred Pinzger, „der Tourismus muss mehr Geld für die Allgemeinheit beschaffen, anstatt immer mehr Steuergeld in touristische Infrastruktur, IDM und Guest Card zu pumpen…Die heutigen paar Euro aus der Ortstaxe reichen bei Weitem nicht aus, um auch nur die Kosten für Müll, Abwasser, CO2, Verkehr zu decken, die der Tourismus verursacht.“ 

    Richtig, Land und Kommunen hätten mit einem angemessenen Satz der Ortstaxe (Aufenthaltsabgabe) einige Steuereinnahmen mehr zur Gegenfinanzierung zahlreicher Infrastrukturen zur Verfügung. Das Land hätte Zusatzeinnahmen für steigende Kosten im Mobilitätssystem, aber auch für die hohen Direktsubventionen an die Seilbahnwirtschaft und Hotellerie. Allein an die Tourismuswirtschaft sind aus dem Landeshaushalt 2022 70,2 Mio Euro an laufenden Ausgaben und Kapitalbeiträgen geflossen, 2023 vermutlich genau so viel. Statt fast geschenktem Gästepass und zu tiefer Ortstaxe eine echte Tourismussteuer zum Nutzen aller. Dafür braucht es gar keine Gesetzesänderung: es müsste neben der Ortstaxe nur die nach Art. 2 des L.G. Nr.9/2012 heute schon mögliche Landestourismusabgabe aktiviert werden. 

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Josef Fulterer Ven, 06/28/2024 - 08:06

Bitte endlich eigenen Schaltpunkt zum Aufrufen einer Datei!!!
Die Landes-Tourismus-Abgabe ist mit einer Ankunftsgebühr in angemessener Höhe zu ersetzen!
Damit könnten die lästigen Alles-fotografieren-wollenden Eintags-Besucher zurück gedrängt werden.

Ven, 06/28/2024 - 08:06 Collegamento permanente