Società | Makropolitik

Mein Körper ist politisch

Denke global, handle lokal, gilt nicht nur für den Umweltschutz. Auch Feminismus kann man mit diesem Ansatz ganz wunderbar leben.
Avvertenza: Questo contributo rispecchia l’opinione personale dell’autore e non necessariamente quella della redazione di SALTO.
Körperkunst
Foto: Greta Maria Duregger

Mein Körper ist politisch.  Er ist nicht nur das Medium, durch das ich die Welt wahrnehme, sondern auch Projektionsfläche, wahlweise Hass- oder Lustobjekt und Kapitalismus-Katalysator. Nur eins ist mein Körper nie: neutral. Mein Körper gehört mir, das ist es, was mir Eltern und Lehrer, in der Hoffnung mich damit vor sexuellen Übergriffen schützen zu können, schon mit 6 Jahren verklickern versuchten. Auch wenn es so sein sollte, ich habe oft nicht das Gefühl, dass mein Körper nur meine Angelegenheit ist und solange das nicht so ist, bleibt mein Körper politisch.

Ich habe mich nie als Feministin verstanden, bis ich selbst  Feminismus gebraucht habe. 

Was ich mit ihm mache, wie ich über ihn denke und wie ich ihn zeige, macht einen Unterschied. Ich habe mich nie als Feministin verstanden, bis ich selbst Feminismus gebraucht habe. Mein Körper und noch mehr meinen Umgang mit ihm beeinflusst das Körper- und Frauenbild der Gesellschaft. Mein Körper heißt für mich Verantwortung. Oft empfinde ich das als große Last, vor allem, weil ich der Meinung bin, dass es nicht meine Aufgabe und auch niemanden anders Aufgabe ist, zu beweisen, dass alle Körper völlig unabhängig von Zustand und Aussehen unantastbar und wertvoll sind. Lieber möchte ich mich verstecken, aber verstecken gilt nicht, denn als große Schwester von einem 13- und einem zehnjährigen Mädchen bin ich automatisch Vorbild, ob ich will oder nicht.

Für mich persönlich bedeutet, mit gutem Beispiel vorangehen, genau das Gegenteil von dem zu machen, was mir die konditionierte Stimme in meinem Kopf sagt. Ein bauchfreies Leibchen anzuziehen, obwohl ich mir selbst einrede, dass bauchfrei nur was für Leute mit Kate Moss-Figur ist. Nicht schlecht über meinen Körper zu reden, obwohl ich mich gerne mit ein bisschen "Compliment-Fishing" aus dem Selbstmitleid ziehen würde. Ein gutes Vorbild zu sein bedeutet für mich Übergriffe, Kommentare über meinen Körper von anderen Menschen, egal ob Fremde, Freunde oder Familie nicht einfach über mich ergehen zu lassen, sondern Grenzen zu setzten und sachlich zu erklären, was mir daran missfällt. Ein gutes Vorbild zu sein bedeutet für mich ein Foto zu publizieren, weil ich in diesem Moment wirklich glücklich war, auch wenn ich darauf unvorteilhaft aussehe. Vor allem aber bedeutet das für mich, und das ist am schwierigsten, negative Emotionen wie Wut, Trauer, Überforderung oder Einsamkeit direkt zu adressieren, anstatt meinen Körper für alles Schlechte in meinem Leben verantwortlich zu machen.

An den meisten Tagen empfinde ich das alles, meinen gelebten, lokalen Feminismus, als energieraubend und unbequem. Immer öfter ist es aber meine Rettung, Balsam für alte Wunden sozusagen. Meinen Körper als politisches Werkzeug zu nutzen, gibt mir Kraft, mich zu akzeptieren, für das einzustehen, was ich richtig halte und an schwierigen Tagen, wo ich mich lieber verstecken möchte, trotzdem hinauszugehen. Jeden Tag hat meinen Körper eine höhere, sinnvolle, tieferliegende Aufgabe, als attraktiv zu sein. Das Credo lautet: Nicht schön aussehen, um jemanden zu gefallen, sondern Schönes und Wichtiges tun, um was zu verändern. Damit nicht jeder Körper politisch sein muss, sondern einfach nur sein kann und genau deswegen respektiert und wertgeschätzt wird. Solange noch auf diesen Zustand hingearbeitet wird, bleibt mein Körper politisch.