Cronaca | Tenti-Prozess
Den Haager Interferenzen
Foto: upi
Es war und ist keine leichte Situation. Doch Carlo Busato zeichnet sich in diesem Moment durch Fairness und Courage aus.
Es ist der letzte Akt an einem langen Prozesstag. Gegen 16 Uhr stellt der Vorsitzende Richter am Montagnachmittag im Prozess gegen die ehemalige Ressortdirektorin Katia Tenti und den Bozner Bauunternehmer Antonio Dalle Nogare seine letzte Frage: „Verlangt jemand, dass die vom Zeugen erwähnte Abhörung noch transkribiert wird?“
Die Überraschung im Raum ist in diesem Moment fast greifbar. Doch die Botschaft des dreiköpfigen Richtersenates (Beisitzer Stefan Tappeiner und Ivan Perathoner) ist deutlich: In diesem Gerichtssaal gibt es nichts zu verbergen.
Während Tenti-Verteidiger Carlo Bertacchi umgehend verneint, reagiert die Anklage bewusst ausweichend. „Ich behalte mir eine Entscheidung vor“, lässt sich der leitende Staatsanwalt Giancarlo Bramante alle Optionen offen. Auch Bramante weiß, dass das Terrain, auf das man sich hier begibt, einem Minenfeld gleicht.
Während Tenti-Verteidiger Carlo Bertacchi umgehend verneint, reagiert die Anklage bewusst ausweichend. „Ich behalte mir eine Entscheidung vor“, lässt sich der leitende Staatsanwalt Giancarlo Bramante alle Optionen offen. Auch Bramante weiß, dass das Terrain, auf das man sich hier begibt, einem Minenfeld gleicht.
Denn von der Antwort auf diese Frage hängt ab, ob das Sittenbild, das bisher in diesem Prozess gezeichnet wurde, um eine brisante Nuance erweitert wird. Eine Nuance, die indirekt auch in die höchsten Gerichtskreise Südtirols führt. Nämlich zum ehemaligen Bozner Leitenden Staatsanwalt und heutigem Richter am Internationalen Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag, Cuno Tarfusser.
Der Steilpass
Am Montagvormittag wurde die Anhörung des leitenden Ermittlers Alessandro Fontana fortgesetzt. Fünf Stunden lang sitzt der Informatikspezialist der Carabinierisondereinheit ROS im Zeugenstand, um zuerst die Fragen des Staatsanwaltes und dann jene der Verteidiger zu beantworten.
Fontana zeichnet dabei nochmals die gesamten Aktivitäten und Erkenntnisse der Ermittler nach und ergänzt die Darstellung durch bisher kaum bekannte Details. Der ROS-Beamte lässt in seinen Ausführungen wenig Spielraum für Interpretationen.
Die Verteidigung versucht mehrmals, den Zeugen durch Einwände und direkte Angriffe aus der Ruhe zu bringen. Als Tenti-Verteidiger Carlo Bertacchi Fontana der Falschaussage und vorsätzlichen Unredlichkeit (malafede) bezichtigt, gehen im Saal die Wogen hoch. Richter Carlo Busato greift umgehend ein, um Bertacchi zurechtzuweisen.
Die Taktik der drei Verteidiger wird bei dieser Zeugenbefragung mehr als deutlich. Weil man die Beweise und Dokumente der Anklage schwer vom Tisch wischen kann, zielt man auf Nebenschauplätze. Dabei ist es ausgerechnet Carlo Bertacchi, der Alessandro Fontana einen Steilpass vorlegt, den dieser geschickt zu nutzen weiß.
Dass Antonio Dalle Nogare und Katia Tenti zum Zeitpunkt der mutmaßlichen Straftaten ein Liebespaar sind, ist im Prozess inzwischen unbestritten. Die Frage ist, wie lange diese Beziehung damals schon bestand. Die Ermittler und die Staatsanwaltschaft gehen davon aus, dass das Paar seit 2011 zusammen war. Die Verteidigung will beweisen, dass die Beziehung erst viel später begonnen hat.
Als Carlo Bertacchi Alessandro Fontana fragt, wie er auf 2011 komme, erklärt der ROS-Beamte, dass es eine Abhörung gebe, in der Katia Tenti genau das selbst erklärt. Diese Abhörung sei dem Gericht zwar übermittelt, aber für die Akten nicht transkribiert worden. Allein dieser Satz lässt jeden im Gerichtssaal aufhorchen. Die Bombe platzt, als der Carabiniere dann den Namen von Tentis Gesprächspartner nennt: Cuno Tarfusser.
Die Freundschaft
„Es stimmt, ich bin mit Katia Tenti bekannt“, sagt Cuno Tarfusser zu salto.bz. Die Bekanntschaft geht einige Jahre zurück. Katia Tentis beruflicher Weg in der Landesverwaltung beginnt nicht von ungefähr in der italienischen Kulturabteilung. Die langjährige rechte Hand von Christian Tommasini ist auch als Autorin tätig. In den vergangenen Jahren erschienen beim renommierten Verlag „Marsilio“ zwei Romane Tentis, die sich beide an realen Südtiroler Justizfällen orientieren.
Anfang 2014 erscheint Katia Tentis Debüt „Ovunque tu vada“. Der Protagonist des Romanes ist ein junger Bozner Staatsanwalt namens Jakob Dekas, der unschwer als Cuno Tarfusser zu erkennen ist. Tarfusser trifft sich 2012/2013 mehrmals zu Recherchegesprächen mit Tenti. Zudem erhält die Schriftstellerin Einblick in einige Fälle im Archiv des Landesgerichts. Kaum ist das Buch erschienen, werden auch die Ermittlungen gegen Katia Tenti bekannt.
Der Kontakt zwischen Cuno Tarfusser und Katia Tenti reißt nicht ab. Ab Mitte Mai hören die ROS-Beamten Tentis Telefon ab. Dabei schneiden sie im Frühsommer 2014 auch vier Gespräche zwischen Tarfusser und Tenti mit.
Von einem dieser Gespräche berichtet Alessandro Fontana am Montag im Gerichtssaal.
„Ich habe mich erkundigt“
Das Telefongespräch fand - nach Informationen von salto.bz - am Abend des 29. Mai 2014 statt und dauerte rund ein halbe Stunde. Der Großteil des Gesprächs dreht sich dabei um private und berufliche Dinge. Etwa Tentis neues Buch oder Cuno Tarfussers Arbeit in Den Haag.
Für die Öffentlichkeit und das Gerichtsverfahren relevant dürfte dabei aber nur jener Teil sein, den Alessandro Fontana am Montag im Gerichtssaal nacherzählt. Denn Tenti schildert Cuno Tarfusser in dem abgehörten Telefongespräch auch die Hausdurchsuchung bei ihr, die wenige Wochen zuvor von den ROS-Beamten durchgeführt worden war.
Aus dem Gespräch geht eindeutig hervor, dass Tenti Tarfusser gebeten hatte, Informationen über die Ermittler einzuholen. Vor allem, wer Alessandro Fontana sei. Cuno Tarfusser erklärt im abgehörten Telefongespräch, dass er die Informationen eingeholt habe. Fontana sei zwar sehr arrogant, aber sonst in Ordnung. Katia Tenti lobt in diesem Gespräch zwischendurch immer wieder die Ermittler als durchaus korrekt. Auch Fontana.
Das Gespräch endet aber mit einer weiteren Bitte Tentis: Tarfusser solle sie doch bitte informieren, wenn er „seine Leute“ gehört habe.
Dass Alessandro Fontana und die Ermittler diese Worte als klare Interferenz aus Den Haag gegen ihre Ermittlungen einstuften, wird am Montag im Gerichtssaal mehr als deutlich.
Dass Alessandro Fontana und die Ermittler diese Worte als klare Interferenz aus Den Haag gegen ihre Ermittlungen einstuften, wird am Montag im Gerichtssaal mehr als deutlich.
Richter Carlo Busato hätte diese Episode stillschweigend übergehen können. Dass er es nicht tut, zeugt von seiner Professionalität. Der Ball liegt damit bei Giancarlo Bramante.
Der Leitende Staatsanwaltschaft wird jetzt entscheiden müssen, ob sein Vorgänger Eingang in die Prozessakten findet oder nicht.
Der Leitende Staatsanwaltschaft wird jetzt entscheiden müssen, ob sein Vorgänger Eingang in die Prozessakten findet oder nicht.
Er hat dafür bis zum 6. Juli Bedenkzeit. Erst dann geht der Prozess weiter.
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....die Einflüsse eines
....die Einflüsse eines Richters in Den Haag haben nicht nur Auswirkungen auf Menschenrechtsverletzungen in Afrika, nein, offensichtlich scheinbar auch auf die Vorzeigeprovinz Südtirol...
Vor etwa 2 Wochen hat
Vor etwa 2 Wochen hat Tarfusser der Tageszeitung ein großes Interview gegeben über sein Zerwürfnis mit Rispoli. Auf das Hausverbot angesprochen, das Rispoli über ihn wegen Erkundigungen über laufende Verfahren ausgehängt haben soll, gab er folgendes zu Papier: "Dass ich nicht lache! Erkundigung über laufende Verfahren? Ja glauben Sie wirklich, dass ich nichts anderes zu tun habe, als mich in Bozen über laufende Verfahren zu erkundigen? Und übrigens, wenn jemand was zu sagen hat, dann soll er die Hand vom Mund nehmen und klar und deutlich reden!" Nun hat jemand geredet und zwar im Zeugenstand vor Gericht.
Link zum Artikel: http://www.tageszeitung.it/2018/03/19/bin-masslos-enttaeuscht/
Aktualisierung
Aktualisierung
alfred frei 15.03.2018, > Wer schreibt ein Gedicht "The Story of Bonnie and Clyde in Südtirol" ? - auch ein Drehbuch für einen Krimi-Reißer "The Backdoor Man" könnte man andenken. Ein paar Filmszenen im Webcam Kaltern Zentrum drehen wäre ein richtiger Hammer. Star-Anwalt C. Tarfusser für die strafrechtlichen Hinweise und Absicherungen gewinnen. Warum nicht ? Ciak
Schon wirklich traurig, dass
Schon wirklich traurig, dass ein Tarfusser in solchen Sachen verwickelt ist. Hätte ich mir von ihm nie gedacht.
Zum Glück gibts Christoph,
Zum Glück gibts Christoph, denn Dolomiten u. TZ berichten zwar über den Prozesstag, aber die ersten verschweigen das Thema u. die zweite berichtet nur harmlos darüber, dass sich Tenti über ihn erkundigt hätte.
Sind sie schon aufgewacht ?
Sind sie schon aufgewacht ?