Società | Affäre
Ein Doppelfehler zuviel
Foto: upi
Das Rundschreiben ging am Mittwoch kurz vor 11 Uhr per Mail und Whatsapp an alle Mitglieder des Tennisclubs Rungg hinaus.
In dem Schreiben nimmt der Vorstand des renommierten Eppaner Tennisverein erstmals öffentlich Stellung zum Skandal, den Salto.bz vor zwei Wochen aufgedeckt hat. Der ehemalige italienische Davis-Cup-Spieler Massimo Bertolini war 2007 wegen sexueller Übergriffe an zwei 13jährigen Mädchen verhaften worden und in drei Gerichtsinstanzen verurteilt worden. Im Sommer 2016 bestätigte das Kassationsgericht eine dreijährige Haftstrafe.
Massimo Bertolini leistet diese Strafe teilweise im Sozialdienst in Bozen ab. Denn der Veroneser Tennisspieler arbeitet seit Jahren als Trainer in der Tennisschule Rungg. Zudem reiste er als Kapitän der Unter-16-Frauenmannschaft mit seinen Mädchen durch die halbe Welt. Dabei hatte der italienische Tennisverband Bertolini bereits 2008 lebenslang als Trainer gesperrt.
Massimo Bertolini leistet diese Strafe teilweise im Sozialdienst in Bozen ab. Denn der Veroneser Tennisspieler arbeitet seit Jahren als Trainer in der Tennisschule Rungg. Zudem reiste er als Kapitän der Unter-16-Frauenmannschaft mit seinen Mädchen durch die halbe Welt. Dabei hatte der italienische Tennisverband Bertolini bereits 2008 lebenslang als Trainer gesperrt.
Nach dem Salto.bz-Bericht reagierte die Gemeinde Eppan umgehend und machte dem TC Rungg, der die gemeindeeigene Tennisanlage führt, klare Vorgaben.
An diesem Mittwoch teilte der Vorstand des Vereins dann seinen Mitgliedern mit, was passiert ist. Es ist eine skurrile Schilderung, die deutlich macht, dass mancher im Verein mit geschlossenen Augen nicht nur auf dem Tennisplatz stehen muss.
„Starkes Verantwortungsbewusstsein“
Im „Rundschreiben an alle Mitglieder“ heißt es:
Werte Mitglieder,
ihr habt gewiss mitbekommen, dass der TC Rungg aufgrund der Beschäftigung des ehemaligen Daviscupspielers Massimo Bertolini in mediale Negativschlagzeilen geraten ist und mit dem TC Rungg auch dessen Tennisschule sowie der Verein Rungg Sports. Der Vorstand des TC Rungg hat sich in Absprache mit der Gemeinde Eppan auf einen Neustart verständigt und folgendes festgelegt:
1. Herr Massimo Bertolini wird mit sofortiger Wirkung den TC Rungg verlassen
2. Manuel Gasbarri wird die Leitung der Tennisschule des TC Rungg abgeben.
3. Der Verein Rungg Sports wird aufgelöst.
Der Vorstand des TC Rungg möchte sein großes Bedauern über die Angelegenheit zum Ausdruck bringen, bei welcher es zwei große Verlierer gibt.
Der erste Verlierer ist der TC Rungg, dessen Image enormen Schaden erlitten hat, wobei die exzellente Arbeit der vergangenen Jahre völlig in den Hintergrund gerückt ist. Selbstverständlich muss sich der TC Rungg den Vorwurf gefallen lassen, die Vergangenheit von Massimo Bertolini nicht näher geprüft zu haben, als ihn Manuel Gasbarri als Verstärkung für das Trainerteam vorgeschlagen hat.
Rückblickend wäre es natürlich eine moralische Verpflichtung gewesen, unabhängig von der Wertschätzung gegenüber allen Betreuern und Tennistrainern die nötigen Informationen über den Neuzugang einzuholen, um mögliche negative Auswirkungen auf den TC Rungg, die Tennisschule und die dort trainierenden Kinder und Jugendlichen zu unterbinden.
Hingegen muss mit Entschiedenheit dem Vorwurf entgegengetreten werden, der TC Rungg habe gesetzliche Vorschriften missachtet oder sogar mit krimineller Energie gehandelt. Weder das eine, noch das andere entspricht der Wahrheit.
Es muss mit Entschiedenheit dem Vorwurf entgegengetreten werden, der TC Rungg habe gesetzliche Vorschriften missachtet oder sogar mit krimineller Energie gehandelt.
Der zweite große Verlierer ist Manuel Gasbarri, der großen Anteil an der Entwicklung der Tennisschule Rungg hat, welcher sich aber ohne Zweifel vorzuwerfen hat, die rechtskräftige Verurteilung von Herrn Bertolini nicht in absoluter Deutlichkeit dem TC Rungg und dem zuständigen Sportreferenten der Gemeinde Eppan, Herrn Massimo Cleva, kommuniziert zu haben.
Manuel Gasbarri, der vor rund 20 Jahren als junger motivierter Tennistrainer nach Rungg kam und zusammen mit dem Trainerteam und den Clubverantwortlichen eine Tennisschule aufgebaut hat, welche zu den besten Italiens zählt, wird der Tennisschule weiterhin als Trainer und Betreuer erhalten bleiben. Der TC Rungg ist der Überzeugung, mit Manuel einen wertvollen Menschen in seinen Reihen zu haben, welcher mit seiner Professionalität und Menschlichkeit noch vielen Kindern und Jugendlichen das Tennisspielen beibringen wird und auch in Zukunft gemeinsam mit den künftigen Verantwortlichen der Tennisschule viele Erfolge feiern wird.
Angesichts dieser schmerzlichen Tatsachen möchten alle Vorstandsmitglieder des TC Rungg Ihnen, liebe Freunde und Mitglieder, ihr starkes Verantwortungsbewusstsein gegenüber unseren Mädchen und Jungen versichern. Wir sind auch der Meinung, dass in jeder Krise eine Chance steckt – eine Chance, den TC Rungg zu verändern und mit neuen Inhalten zu füllen. Wir wollen den Spagat schaffen zwischen unserer Rolle als Verein für Freizeittennisspieler und unserer Rolle als Nachwuchsförderer mit einer funktionierenden Tennisschule.
Der TC Rungg, der eine glanzvolle, 40-jährige Geschichte hinter sich hat, wird den Kopf nicht hängen lassen, sondern ihn rasch wieder erheben, um erneut ein Treffpunkt für all jene zu werden, die diesen Verein und den Tennissport ins Herz geschlossen haben.
Der Vorstand des Tennisclub Rungg.
Die 2. Fassung
Am Mittwochabend um 19.30 Uhr trudelte dann aber bei den Vereinsmitgliedern eine zweite Mail ein. Unter dem Betreff:" Tennisclub Rungg : Korrektur Rundschreiben Mitglieder vom 25.03.2020 um 10:58 Uhr“ heißt es jetzt:
Liebe Mitglieder,
Heute haben Sie von unserem Sekretariat ein Rundschreiben in Bezug auf den Ex-Davis Cup-Spielers Massimo Bertolini erhalten.
Leider entspricht der Text des Rundschreibens aufgrund eines Kommunikationsfehlers mit unserem Sekretariat nicht vollständig der offiziellen Position des TC Rungg. Bitte schenken Sie dem vorher gesandten Schreiben keine Achtung. Wir bitten Sie stattdessen die folgende Mitteilung zur Kenntnis zu nehmen, die vom Ausschuss des TC Rungg genehmigt wurde.
Dann folgt eine deutliche verkürzte Mitteilung:
Werte Mitglieder,
ihr habt gewiss mitbekommen, dass der TC Rungg aufgrund einer Verurteilung des ehemaligen Daviscupspielers Massimo Bertolini in mediale Negativschlagzeilen geraten ist und mit dem TC Rungg auch dessen Tennisschule sowie der Verein Rungg Sports.
Der Vorstand des TC Rungg hat sich in Absprache mit der Gemeinde Eppan auf einen Neustart verständigt und folgendes festgelegt:
Herr Massimo Bertolini wird mit sofortiger Wirkung den TC Rungg verlassen, sowohl in seiner Eigenschaft als registrierter Spieler als auch als Mitarbeiter
Manuel Gasbarri, der bereits zurückgetreten ist, wird die Leitung der Tennisschule des TC Rungg abgeben.
Der Verein Runggs Sports wird angewiesen, sein Firmensitz innerhalb einer angemessenen Frist zu wechseln. Zudem werden wir dem Verein eine Namensänderung nahelegen.
Manuel Gasbarri wird seine Zusammenarbeit mit TC Rungg als Mitarbeiter und Trainer unserer Tennisschule fortsetzen.
Wir danken Herrn Massimo Bertolini für seine Arbeit in den letzten Jahren, als Spieler und Mitglied des TC Rungg.
Wir wünschen Ihnen allen viel Gesundheit in diesen schwierigen Zeiten.
Der Vorstand.
Verzerrte Wahrheit
Nicht nur diese Art der Krisenbewältigung ist einzige Peinlichkeit.
Die zwei Mitteilungen des Vorstandes machen deutlich, dass mancher in der Vereinsführung ein etwas gestörtes Verhältnis zu Wahrheit zu haben scheint.
Die zwei Mitteilungen des Vorstandes machen deutlich, dass mancher in der Vereinsführung ein etwas gestörtes Verhältnis zu Wahrheit zu haben scheint.
Denn der angebliche „Kommunikationsfehler im Sekretariat“ und die zwei Fassungen des Rundschreibens haben in Wirklichkeit einen ganz anderen Hintergrund.
Mehrere Empfänger des ersten Rundschreibens haben sich bitter darüber beklagt, von der Führung des TC Rungg für „blöd“ verkauft zu werden. Denn im ersten Schreiben wird so getan als habe niemand im Verein – mit Ausnahme von Manuel Gasbarri - etwas von Bertolinis Vorgeschichte gewusst. Doch genau das stimmt nicht.
Man tut so, als habe niemand im Verein etwas von Bertolinis Vorgeschichte gewusst. Doch genau das stimmt nicht.
Der Tennisverband FIT hat in den vergangenen zwei Jahren rund ein halbes Dutzend Mal Kontrollen in Rungg durchgeführt. Dabei wurde mehrmals nach Bertolini gefragt.
Vor allem aber hat die Staatsanwaltschaft des Tennisverbandes – wie Salto.bz detailliert geschildert hat - am 12. April 2019 ein förmliches Ermittlungsverfahren gegen Bertolini und den TC Rungg eingeleitet. Am 19. Juni 2019 wurde der Trainer von einem FIT-Kontrolleur in Rungg auf dem Platz beim Training mit zwei Schülern überrascht.
Im anschließenden Verfahren vor dem Sportgericht ging es darum, dass Massimo Bertolini als Trainer lebenslang gesperrt ist. Dabei standen auch Manuel Gasbarri, der Präsident des TC Rungg Karl Stuefer und der Verein selbst auf der Anklagebank. Alle drei haben sich im Spätsommer 2019 durch eine Schuldeingeständnis (patteggiamento) und einer Zahlung einer Geldbuße aus der Affäre gezogen. Stuefer und Gasbarri zahlten jeweils 1.000 Euro und der Tennisclub Rungg 1.200 Euro Strafe.
Alle diese Vorgänge hat er Vorstand des TC Rungg bewusst geheim gehalten.
Alle diese Vorgänge hat er Vorstand des TC Rungg bewusst geheim gehalten.
Dass man ein halbes Jahr später deshalb im Brief an die eigenen Mitglieder so tut, als habe man nichts gewusst und sei unschuldig verleumdet worden, ist ein Doppelfehler zu viel.
Spätestens jetzt dürften Karl Stuefer & Co nicht nur den Satz, sondern auch das Match verloren haben.
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wahrscheinlich erfolgt in
wahrscheinlich erfolgt in kürze eine weitere Berichtigung: an Stelle von "ihr habt gewiss mitbekommen" sollte es heißen > "wie von den Tageszeitungen ausführlich mitgeteilt"; Suum cuique, oder nicht ?