Politica | Flughafen Bozen

"So einfach ist die Geschichte"

Mit einem beherzten und detaillierten Statement zum Ausbau des Bozner Flughafens tritt LH Kompatscher vor die Presse, flankiert von den Landesräten Mussner und Theiner.

Zum Ausbau des Flughafens Bozen wünscht sich der Landeshauptmann "sachliche Argumente und keine Verschwörungstheorien." Er hat den Eindruck, dass die Bevölkerung über das Flughafen-Konzept und die Bedingungen, zu denen das Land den Betrieb finanziell unterstützen will, nicht ausreichend informiert ist. Deshalb tritt Arno Kompatscher flankiert von Umweltlandesrat Richard Theiner und Mobilitätslandesrat Florian Mussner und ausgestattet mit einem langen Argumentations-Atem vor die Presse.

Erfüllt der Flughafen die im Landesgesetz festgeschriebenen Bedigungen  nicht, dann ist Schluss. So einfach ist die Geschichte.

Und stellt klar: "Wenn der Flughafen Bozen nach seinem Ausbau die Ziele erreicht, die das Land Südtirol zur Bedingung für die Finanzierung des Betriebs gemacht hat, dann bringt er nach fünf Jahren mindestens 2,2 Millionen Euro an zusätzlichen Steuereinnahmen und finanziert sich selbst. Erfüllt der Flughafen die im Landesgesetz festgeschriebenen Bedigungen  nicht, dann ist Schluss. So einfach ist die Geschichte." Das Land will den Flughafen ab 2017 mit jährlich bis zu 2,5 Millionen Euro finanzieren, und zwar fünf Jahre lang. Bis dahin muss das Ziel von jährlich 170.000 Passagieren erreicht sein. Nur unter dieser Bedingung werden weitere Mittel aus der Landeskasse in Richtung St. Jakob fließen. Erreicht werden muss die Passagier-Untergrenze allerdings zu den Bedingungen des Landes: keine Nachtflüge und maximal 20 Flugbewegungen pro Tag.  So sieht es das Landesgesetz vor, über das am 12. Juni bei einer Volksbefragung abgestimmt wird.

Gewinnen die Nein-Stimmen, dann wird das Landesgesetz zum Flughafen nicht vom Landtag verabschiedet.

Persönlich sei er vom Flughafen-Konzept voll und ganz überzeugt, doch sei es ihm ein Anliegen, die Südtiroler darüber entscheiden zu lassen, ob weiterhin Landesgelder in die Zukunft der Infrastruktur gesteckt werden oder nicht. Damit die Volksbefragung rechtliche Gültigkeit hat, müssen sich mindestens 40 Prozent der Wahlberechtigten daran beteiligen. Aber der Landeshauptmann bekräftigt einmal mehr sein Versprechen: "Egal, wie hoch die Beteiligung ist, wir werden uns nach dem Ergebnis der Volksbefragung richten. Gewinnen die Nein-Stimmen, dann wird das Landesgesetz zum Flughafen nicht vom Landtag verabschiedet." 

Dann stoßen wir den Flughafen ab.

Und wie geht es mit dem Flughafen weiter, falls die Nein-Stimmen überwiegen? "Dann stoßen wir den Flughafen ab," beteuert der Landeshauptmann zum wiederholten Male. Die Konzession müsste ausgeschrieben werden, und fände sich kein privater Interessent, dann sei die Luftfahrtbehörde ENAC am Zug. "Wir kommen dann nicht umhin, dieFlug hafen-Konzession an die ENAC zurückzugeben. Die ENAC wiederum ist verpflichtet, die Konzession selbst auszuschreiben. In seltenen Fällen übernimmt die staatliche Behörde die Führung eines Flughafens in Eigenregie, aber für Bozen wird das ausgeschlossen." Ob sich private Investoren finden, die bereit sind, in den Standort Bozen zu investieren, darüber kann nur spekuliert werden. Auch der Landeshauptmann will sich auf keine Aussage festlegen lassen. Fest stehe, dass private Unternehmen den Flughafen nicht von sich aus mit der selben Rücksicht auf die Umwelt führen würden wie das Land" - außer natürlich über staatliche Bestimmungen zum Flugverkehr oder Umweltauflagen, wie sie in Südtirol für viele private und öffentliche Großvorhaben gelten. "Wir hätten dann keine Kontrolle mehr über den Flughafen", resümiert der Landeshauptmann.

Die Belastung durch den Fluglärm wiegt schwerer als die Emissionen.

Apropos Umwelt: Dass das Ergebnis der vom Umweltbeirat verordneten Umweltverträglichkeitsprüfung für den Flughafenausbau erst nach dem 12. Juni vorliegen wird, ist für Kompatscher "kein Problem". Denn bei der Volksbefragung werde über das Landesgesetz abgestimmt. Sollten in der UVP weitere Auflagen festgeschrieben werden, seien diese selbstverständlich über die im Landesgesetz verankerten Spielregeln hinaus zu erfüllen. Zu Umweltfragen nimmt Landesrat Theiner auf der Pressekonferenz Stellung. Seine Hauptaussage: "Die Belastung durch den Fluglärm wiegt schwerer als die Emissionen". Das Land rechnet mit einer durchschnittlichen Lärmsteigerung im Ausmaß von sieben Dezibel, der geschätzte Spitzenwert liegt bei plus zehn Dezibel. "Das ist vergleichbar mit der Lärmbelästigung an einer Hauzptverkehrsachse wie der Pustertaler Staatsstraße, aber weniger als an der Brennerautobahn und noch viel weniger als an der Bahnstrecke." An der Luftverschmutzung im Bozner Talkessel hätte der Flugverkehr nach dem Ausbau hingegen nur einen Anteil von einem Prozentpunkt. Nicht berücksichtigt sei bei diesen Schätzungen die technologische Entwicklung in der Luftfahrtindustrie, die ja auf eine Reduktion der Umweltbelastung abziele.

Das Limit war davor schon da, das Kaufhaus ist danach gekommen.

Zum Risikoplan für den Flughafen Bozen mit seinen Sicherheitsauflagen, der von den Ausbau-Gegnern als Argument ins Feld geführt wird, hat der Landeshauptmann ebenfalls klärende Worte parat. Der Risikoplan beziehe sich auf einen Flughafen der Klasse C3, hingegen sehe das Flughafen-Konzept des Landes einen Ausbau auf C2 vor, also eine kleinere Anlage. Damit bestünden aus seiner Sicht die Voraussetzungen dafür, den Risikoplan noch einmal nachzukorrigieren und die Sicherheitsauflagen zu lockern, sagt Kompatscher. "Wir könnten also mit der ENAC über eine Rückstufung reden." Dass die Sicherheitsauflagen für die Betriebe in Bozen Süd ein existenzgefährendes Hindernis darstellen könnten - wurde für das Einkaufszentrum Twenty wurde beispielsweise eine höchstzulässige Dichte von 500 Personen vorgesehen - , lässt Kompatscher nicht gelten: "Das Limit war davor schon da, das Kaufhaus ist danach gekommen", stellt er trocken fest.

Denken wir an die Schnellstraße MeBo oder an die Vinschger Bahn. Die waren auch umstritten. Heute sind sie aus Südtirol nicht mehr wegzudenken.

Auch Landesrat Mussner lässt auf der Pressekonferenz den Flughafen Bozen hochleben -  u. a. als "direkten Draht zur Außenwelt". Er rechnet vor, was das Land allein im letzten Jahr für den Bahnverkehr (mehr als 62 Mio. Euro), für den Busverkehr (84 Mio. Euro), für Shuttle-Dienste (neun Mio. Euro) und für Schülerbusse (7,5 Mio. Euro) ausgegeben hat. Daneben nähmen sich die Ausgaben für den Flughafen vergleichsweise bescheiden aus, stellt er fest. Dann blickt Mussner auf andere Landesvorhaben der Vergangenheit zurück, die zu Beginn auch nicht die ungeteilte Zustimmung der Bevölkerung genossen, schlussendlich jedoch umgesetzt wurden. "Denken wir an die Schnellstraße MeBo oder an die Vinschger Bahn. Die waren auch umstritten. Heute sind sie aus Südtirol nicht mehr wegzudenken."