Zugunglück Vinschgau: Helmuth Moroder freigesprochen
Latschander, 12. April 2010. Die Bilder haben sich eingeprägt. Die Bilder vom Zugunglück, Waggons mit Schlamm und Geröll gefüllt, neun Tote, 28 Verletzte. Eine 400 Kubikmeter-Mure ging ab, ausgelöst von einer defekten Beregnungsanlage oberhalb der Eisenbahnlinie. So das Urteil der Gutachter. Und damit war sie da, die Schuldfrage. Vorverhandlungen wurden eingeleitet, vertagt, die Prozedur zog sich hin. Über Südtirol hinaus berichteten Medien von dem Zugunglück. Freispruch nun für Bozens City Manager Helmuth Moroder.
Herr Moroder, sind Sie erleichtert?
Helmuth Moroder: Ja, selbstverständlich. Ich hab eine Last abgegeben. Wenn sich eine Entscheidung über drei Jahren zieht, bis es zu einer Entscheidung kommt, dann belastet das einen schon kontinuierlich. Es ist wichtig, dass irgendwann mal ein Abschluss gefunden wird.
Ein ständiges Bangen?
Helmuth Moroder: Man weiß ja nie wie eine Verhandlung ausgeht. Ich bin der Meinung, die Richter sind mit Vernunft vorgegangen.
Weil Sie freigesprochen wurden?
Helmuth Moroder: Nein, ich meine das anders. Hätten die Richter anders entschieden, dann hätten sie einen Präzendenzfall geschaffen. Wenn jemand eine Eisenbahn betreibt und für alles verantwortlich gemacht würde, was jemand anderer tut, dann würde niemand mehr ein Eisenbahn betreiben wollen. Für seine Anlage muss jeder selbst verantwortlich sein.
Sie meinen die Betreiber der Beregnungsanlage. Es gibt also andere Verantwortlich im Fall Latschander?
Helmuth Moroder: Das werden die Richter selbst entscheiden. Ich werde mich hüten hier irgendwelche Spekulationen loszulassen.
Aus dem Vinschger Bonifizierungskonsortiums müssen sich vier Personen in einem Hauptverfahren verantworten: Lothar Burger, Gottfried Niedermair, Armin Trafoier und Walter Pirhofer. Stol.it schreibt von einem Schadensersatz von 10 Millionen Euro an die Opfer der Zugkatastrophe.
Wie weit reicht die Verantwortungsfrage?
Helmuth Moroder: Ich glaube, jeder muss in der Gesellschaft für sein Handeln die Verantwortung übernehmen. Trotzdem – eine absolute Sicherheit wird es nie geben. Wenn ein Gleis kaputt wird und ein Unfall passiert, ja, dann bin ich verantwortlich. Aber wenn im Vinschgau ein Rohrbruch ist, dann kann ich doch nicht dafür grade stehen.
Sind Sie mit sich im reinen?
Helmuth Moroder: Absolut. Und das war ich von Anfang an. Wenn ich freigesprochen werde und nicht mit mir im Reinen bin, was nützt mir der Freispruch dann?
Klare Worte des Richters Walter Pelino?
Helmuth Moroder: Ja, denn der Moroder kann nichts dafür wenn 150 Meter entfernt von der Eisenbahn ein Rohrbruch ist. Das ist wichtig für alle, die eine Eisenbahn betreibt. Ich bin ja nicht der Betreiber der Beregnungsanlage.
Haben Sie die Leute in der Zwischenzeit manchmal schief angeschaut?
Helmuth Moroder: Ich möchte sagen, die Vinschger, das ganze Tal, die Opfer, die Verletzten, die Hinterbliebenen haben diesen Unfall mit großer Würde getragen. Sie wussten, es hat niemand nichts zu fleiß getan. Ich konnte mich im Vinschgau immer gut bewegen, trotz diesem schrecklichen Unfall.
Der Ruf nach dem Schuldigen blieb aus?
Helmuth Moroder: Ja, das hilft allen. Allen Beteiligten in dieser Geschichte. Das halte ich den Vinschgern bis heute noch sehr hoch an.