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Politica | Società | Schulwahl TEIL 1

Südtirol wie Österreich?

Im SALTO Politik-Podcast "Österreich wie Ungarn?“, diskutierte man diese Woche über die Wahlen in Österreich und den erwarteten Wahlsieg der FPÖ. Dabei wäre die Frage doch viel mehr “Südtirol wie Österreich?“
Avvertenza: Questo contributo rispecchia l’opinione personale dell’autore e non necessariamente quella della redazione di SALTO.
Integration, eine Frage der Sprache?
Foto: pexels-thirdman
  • Im Salto Politik-Podcast "Österreich wie Ungarn?“, diskutierte man diese Woche über die Wahlen in Österreich und den erwarteten Wahlsieg der FPÖ. Dabei wäre die Frage doch viel mehr “Südtirol wie Österreich?“

    Südtirol zeigt nämlich schon länger, dass man selbst vermutlich nicht recht anders abstimmen würde. Wäre „Südtirol wieder bei Österreich“ wäre das Heilige Land Tirol sicherlich nicht das ausschlaggebende Bundesland, dass das Ruder herumreißen würde -sein Bruder im Geiste im Norden ist es ja auch nicht-, haben wir hier ja nichts anders als die lokale Version einer Schwarzen-Blauen Koalition. Nur weil wir in Südtiroler neben der politischen noch eine sprachliche Ebene zu berücksichtigen haben, ändert das nichts am Output.

    So sind Ausländerklassen schon lange ein Kernthema der FPÖ, welches die ÖVP als „Deutschförderklassen“ gerne mitträgt. Nur haben wir hier in Südtirol die opportune Möglichkeit das Thema nicht negativ zu konnotieren und von Ausländerklassen zu sprechen, sondern positiv vom Schutz der Autonomie und der deutschen Sprache.

  • Foto: FPÖ Facebook
  • Man schiebt das Problem also auf die italienischen Schulen ab. Was aber, wenn diese gleich argumentiert? Schutz der Autonomie und der italienischen Sprache? Dann haben wir ein Problem oder zumindest die Kinder, deren Erstsprache nicht im Südtiroler Autonomiestatut erwähnt wird. Denn Schulpflicht bzw. Schulrecht gilt für alle. Die Lösung soll also, wie von der FPÖ schon lange propagiert, eine, wie wir sie nennen, „Klasse für Kinder ohne Deutschkenntnisse“ sein.

     

    Ausländerklasse, Deutschförderklassen oder Klasse für Kinder ohne Deutschkenntnisse, es geht immer um das gleiche, Selektion und Abkehr des Solidaritätsprinzips

     

    Ausländerklasse, Deutschförderklassen oder Klasse für Kinder ohne Deutschkenntnisse, es geht immer um das gleiche, Selektion und Abkehr des Solidaritätsprinzips. Und das, obwohl wir in einem sehr inklusiven Schulsystem bereits zu viel trennen. Es geht nicht um die Frage, ob und wie groß die Probleme in den Schulen sind, die es offensichtlich zur Genüge gibt. Sondern wie man sie lösen will und wie man das tut, ohne neue zu erzeugen.

    Egal, wie sehr ich Landeshauptmann Kompatscher und Landesrat Achammer in den letzten Monaten gescholten habe. Hier haben sie recht: „Das Problem von Kindern, die nicht genug Deutsch können an deutschen Schulen, ist real und es braucht Lösungen. Diese gebe es auch, doch müssten sie gesetzeskonform sein.“ Doch sie müssen nicht nur gesetzeskonform sein, sondern auch nachhaltig und vor allem zielführend für die Kinder und unsere Gesellschaft, ohne neue Probleme zu erzeugen. Eine Gesetzesänderung hin zur Selektion darf also keine Option sein.

  • Foto: Stol.it
  • Wenn also Michael Fink im Dolomiten Kommentar behauptet „Dem Schulamts-Duo war die öffentliche Bloßstellung der Goethe-Direktorin nicht genug, man hetzt ihr nun noch eine Strafaktion an den Hals.“ Gilt es zu bedenken, dass es, so wie es scheint, nicht nur ein Vorschlag war, sondern sich bereit in der aktiven Umsetzung befand, obwohl es gegen die derzeitigen Richtlinien verstößt. Doch viel wichtiger ist zu erwähnen, dass es weder das Schulamt noch die Bildungsdirektion war, die hier irgendjemand öffentlich bloßstellte, sondern die Politik und die Medien in einer Hexenjagd und die Menschen die darauf reinfallen. So wird am laufenden Band fast stündlich eine „Meinung der Leser“ als Artikel veröffentlicht (Was nennenswert ist, wenn man weiß, wie schwer sich manche politische Akteure tun, im selben Blatt überhaupt einmal veröffentlicht zu werden), mit enormem Zuspruch der Leser. Ihre Forderung ist nichts anderes als aktiv gegen Gesetze und Bestimmungen zu verstoßen, um ihre eigenen politischen Vorstellungen umzusetzen. Oder wie es Herbert Kickl einmal formulierte „Das Recht hat der Politik zu folgen und nicht die Politik dem Recht

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△rtim post Dom, 09/29/2024 - 10:00

Vergleiche hinken im Allgemeinen schon, da schon Gleiches mit Gleichem vergleichen noch lange nicht dasselbe ist. Vergleicht man zudem völlig Ungleiches noch mit ideologischer Botschaft der Diffamierung, die man unbedingt adressieren will, wird daraus ein völliges Zerrbild.
Dabei weiß jede und jeder hoffentlich noch, Österreich, anders als das Südtirol, hat ein eigenstaatliches Gebilde, auch im Bereich Bildung. Die dt./lad. Minderheitenschule Italiens (vgl. a.: https://www.peterhilpold.com/wp-content/uploads/2018/12/Schulwesen-MiRe… ) wird man logischerweise wohl auch nur mit anderen Minderheitenschulen vergleichen.

Dom, 09/29/2024 - 10:00 Collegamento permanente
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Hartmuth Staffler Dom, 09/29/2024 - 11:20

Im Grunde ist es nur eine Frage der Definition. Wenn man von "Sonderklasse" spricht, dann klingt das ausgrenzend und ist laut Reglement wohl nicht möglich. Wenn man von Klasseneinteilung nach Vorkenntnissen spricht, dann klingt das absolut logisch und dürfte auch durchaus nicht ungesetzlich sein.

Dom, 09/29/2024 - 11:20 Collegamento permanente
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Martin Daniel Dom, 09/29/2024 - 12:14

Es wird wahrscheinlich in der Tat so sein, dass Südtirol nicht sehr anders wählen würde als Österreich. Nicht korrekt ist es m.M.n., eine der beiden Haltungen zur Sprachproblematik an Brennpunktschulen als FPÖ-Denke zu framen. Und, ja, es gibt eine massive Kampagne der auflagenstärksten Tageszeitung für eine bestimmte Richtung, die man nicht gutheißen muss, ohne deswegen vollinhaltlich die Position der Gegenseite, wie sie auf diesem Portal bisher von sämtlichen Beiträgen zum Thema vertreten wird, übernehmen zu müssen.
Das Problem besteht genauso wie ab 2015 in Deutschland und Österreich jenes im Umgang mit zahlenmäßig erhöhter Zuwanderung besteht. Letzteres haben alle Parteien und Mainstream-Medien negiert, akademisch wegdiskutiert, mit Zahlenspielereien relativiert (aus der Reihe: die Zahlen der Zuwanderer aus patriarchal geprägten Herkunftsländern sind – wenn man jedes separat betrachtet – ja geringer als jene aus Deutschland oder Österreich, also alles paletti!). Die Wirklichkeit blieb aber (wie beim Klima) die, die sie war und hat sich wegen mangelnden Handelns der Regierungen weiter zugespitzt, zahlenmäßig und damit was die Überlastung der strukturellen Kapazitäten (Schule, Kitas, Wohnungen, Heimen etc.) betrifft, aber auch in der gesamtgesellschaftlichen Stimmung. Dass AfD und FPÖ heute so stark sind, ist auch und mutmaßlich überwiegend auf mangelnde Problemlösung zurückzuführen. Probleme, die die Menschen in ihrem Alltag erleben und die lange nicht angesprochen werden durften, weil zu delikat, zu naheliegend, sich dem Rassismusvorwurf auszusetzen, zumal in einer Zeit, in der die Selbstkasteiung des Westens ein gewollter Effekt des Postkolonialismus ist. Jetzt schwanken zwar fast alle Parteien der "demokratischen Mitte" um, die Frage ist aber, wie viele der Rechtswähler zurückzugewinnen sind.
Nun eskaliert in Südtirol die Debatte zur Schule und der Frage, wie umgehen mit jenen Kindern, die zu Beginn nicht imstande sind, dem Unterricht zu folgen. Das Problem besteht schon länger, in unseren deutschsprachigen Nachbarländern wurde diese Diskussion in den letzten Jahren auch in der Öffentlichkeit ausgetragen. Anders als hierzulande, wo sie sich auf der Ebene des Privaten und Gesellschaftlichen erhitzte, aber in den Medien und auf politischer Ebene ausgeklammert worden war. Wer Eltern von Schulkindern in Bozen und Meran kennt, weiß, dass das seit Jahren Thema ist, dass nicht nur geklagt wird und wurde, sondern dass sich Eltern durch Schulwechsel in andere Viertel oder Gemeinden selbst Wege suchten. (Waren, sind das alles Rassisten, Selektierer und Solidaritätsverweigerer?). Nun hat die Eigeninitiative einer Schulführungskraft die Angelegenheit - wahrscheinlich gewollt - auf die politische Ebene gehoben. Anstatt dies zum Anlass zu nehmen, in der Öffentlichkeit über die besten (oder am wenigsten schlechten?) Lösungen zu diskutieren, geschieht Ähnliches wie bei der Debatte zur Migration. Wer nicht der Meinung ist, ein Weiter-so mit gutem Willen und etwas mehr Ressourcen kann die punktuell vorhandene Problematik (auch hier bringt es nichts, mit Zahlen für das ganze Land zu kontern) verbessern, dem wird wahlweise mangelnde Solidarität, die Absicht zur Segregation (samt mitschwingendem Apartheitsvorwurf), zur Selektion (begrifflich an die NS-Zeit erinnernd) oder offen Rassismus und Diskriminierung von Kindern vorgeworfen.
Angenommen die in der Goetheschule vorgesehene Klassenbildung verstößt gegen die geltende Rechtsordnung, dann wäre die Einleitung eines Disziplinarverfahrens berechtigt. Die politische Debatte zum Thema kann sich aber nicht mit dem Hinweis auf geltende Gesetze und Bestimmungen erschöpfen, denn dann bräuchte es ja keine Politik. Dann hätten wir zwar einen in Stein gemeißelten Rechtsstaat, Demokratie aber besteht aus der Verhandlung von verschiedenen Standpunkten, im Versuch, die Gesetzeslage den veränderten Umständen so anzupassen, dass es für die Allgemeinheit eine Verbesserung bringt. Helmut Schmidt wird mit dem Spruch zitiert: "Eine Demokratie, in der nicht gestritten wird, ist keine". Die Dämonisierung anderer Standpunkte ist in diesem Sinne keine demokratische Methode. Im deutschsprachigen Ausland gibt es andere Gesetzesbestimmungen als hierzulande und die Tatsache, dass es viele verschiedene Ansätze gibt, lässt schließen, dass bis dato noch nicht "der" beste Weg gefunden wurde. Laut Südtiroler Debatte wären Willkommensklassen und andere sprachfördernde Modelle in deutschen Bundesländern für eines der beiden Lager - denn von regelrechter Lagerbildung muss man hierbei sprechen - diskriminierend, segregierend, selektierend. Das wäre ihrerseits wahnsinnig angesichts der Vorgeschichte der Selektion mit darauffolgender Zuteilung der KZ-Häftlinge in Arbeits- oder Todesgruppen. In Österreich fordert Grünen-Chef Kogler in Fernsehdebatten ein zweites obligatorisches Kindergartenjahr (das in Ö. zwingenderweise in deutscher Sprache bestritten wird), um allen Kindern das sprachliche Rüstzeug für den Schulstart mitzugeben. (DIE PRESSE: Ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr tue not, so die Chefs von Pink und Grün. Das wäre auch ein Mittel gegen die teilweise über 50 Prozent liegenden Anteile von außerordentlichen Schülern, die mangels Deutschkenntnissen gar nicht beurteilt werden, in Wiener Volksschulklassen.)
Wenn wir das auf Südtirol umlegten, dann könnte seine Forderung nur dann Sinn ergeben, wenn die beiden Kindergartenjahre in derselben Sprache absolviert werden, wie die Schule, die im Anschluss daran besucht wird. Jede Wette, wir wären nicht im Stande den Knoten zu lösen, dass es jedem frei stehen muss, die eigenen Kinder auf jene (Vor-)schule zu schicken, die man nach eigenem Gutdünken erwählt. Und verharrten weiterhin in der Situation, dass manche ihre Kinder in den italienischsprachigen Kindergarten und nachher in eine deutschsprachige Volksschule schicken würden und wir auf der Stelle träten.
Wäre interessant zu hören, von welcher Seite dann auf die geltenden Bestimmungen gepocht wird. Artikel 19 gehört nun mal auch dazu und steht in der Hierarchie der Rechtsquellen höher als einschlägige Gesetze und Verordnungen. In dem Augenblick, in dem der Kindergartenbesuch verpflichtend wird, ist davon auszugehen, dass er der Schule diesbezüglich gleichzustellen ist. Wäre es nicht logisch, volkswirtschaftlich und bildungspolitisch zielführend und auch fair den Lehrpersonen, den Mitschülern und den eigenen Kindern gegenüber, dass bei freier Wahl des Kindergartens in der Folge zumindest die Volksschule, wo Lesen und Schreiben erst gelernt werden, in derselben Sprache besucht werden muss, damit eine Mindestvoraussetzung für den fachlichen Kompetenzerwerb gegeben ist?
Der Autor dieses Beitrags fragt sich: “Man schiebt das Problem also auf die italienischen Schulen ab. Was aber, wenn diese gleich argumentiert? Schutz der Autonomie und der italienischen Sprache?”. Auch wenn heute von einer territorialen Autonomie gesprochen wird, gerade zum Schutz von Sprache und Kultur hat der Pariser Vertrag die Autonomie explizit den “German speaking inhabitants of the Bolzano Province” gegeben. Ansonsten hätte Österreich nicht eine Streitbeilegungserklärung abgeben müssen. Die Geschichte ist keine Black Box, aus der sich jeder das rausholt, was er grade braucht. Zudem ist es halt so, dass Kinder italienischsprachiger Mitbürger und sehr viele Migrantenkinder der italienischen Sprache mächtiger sind als der deutschen bzw. letztere überhaupt nicht sprechen. So zu tun als machte das keinen Unterschied erscheint als wenig zielführend.

Dom, 09/29/2024 - 12:14 Collegamento permanente