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“Keine reine SVP-Geschichte”

Die SVP startet ihre Offensive zur Unterschriftensammlung für die “Minority SafePack”-Initiative: “Minderheitenschutz muss einklagbares Recht werden.”
SVP Minority SafePack
Foto: Salto.bz

Kurz nachdem Luis Durnwalder das Wort ergriffen hat, erklingt die Europahymne. Es ist Martha Stockers Handy-Klingelton, der der Situation eine besondere Note verleiht. Im Bozner Sitz der SVP ist eine gewichtige Riege an Parteivertretern angetreten, um die europäische Initiative “Minority SafePack” zu präsentieren – und die Vorhaben der Partei.
Gelöst und gut gelaunt geben sich Daniel Alfreider, Martha Stocker, Luis Durnwalder, Herbert Dorfmann, Arno Kompatscher und Philipp Achammer, die in dieser Reihenfolge an das Rednerpult treten.

“Kein rein parteipolitisches Thema”, keine “reine SVP-Geschichte” sei die Initiative, für die EU-weit eine Million Unterschriften gesammelt werden. Das Ziel: Die rund 65 Millionen Menschen in der EU, die einer sprachlichen Minderheit angehören, besser unterstützen und schützen. Ins Leben gerufen hat die Initiative die Föderalistische Union Europäischer Volksgruppen (FUEV, besser bekannt als FUEN, “Federal Union of European Nationalities”) – mit maßgeblicher Unterstützung aus Südtirol. 2013 fiel der Startschuss in Brixen. Im September 2013 dann der Rückschlag: die Europäische Kommission, an die sich die Initiative wendet, hatte sich für nicht zuständig in Sachen Minderheitenschutz erklärt. Man beschloss, vor den Europäischen Gerichtshof zu ziehen. Im Februar 2017 hob dieser schließlich die Ablehnung der Kommission auf. Diese sei nicht ausreichend begründet gewesen, so der EuGH.
“Bereits das war ein Erfolg”, sagt Martha Stocker heute. Als FUEN-Vizepräsidentin hat sie die Geschicke der FUEN zwölf Jahre lang hautnah mitverfolgt. “In Europa herrschen unterschiedliche Vorstellungen von Minderheitenschutz. Daher ist es wichtig, dass Mindeststandards für die Rechte von Minderheiten, die der Reichtum und die Scharniere Europas sind, eingeführt werden. Und dass diese Standards zum einklagbaren Recht werden.”

Nur weil’s uns gut geht…

Damit es so weit kommt, sind eine Million Unterschriften nötig, die bis zum 3. April 2018 in allen EU-Mitgliedsstaaten gesammelt werden müssen. Wird in mindestens sieben Staaten die Mindestquote erreicht, wird das Thema Minderheitenrechte auf die Tagesordnung der Europäischen Kommission gesetzt. “Und die Kommission muss endlich Farbe bekennen, ob sie in der Minderheitenpolitik tätig werden will oder nicht”, sagt EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann herausfordernd. Dass bei der Sensibilität für Minderheitenschutz in Europa noch viel Luft nach oben ist, unterstreicht auch Daniel Alfreider. Der SVP-Parlamentarier ist der aktuelle FUEN-Vizepräsident und hat festgestellt: “In Südtirol wird das Ausleben der eigenen Kultur und Sprache im Alltag als ganz normal angesehen. Außerhalb ist es häufig überhaupt nicht selbstverständlich.” Gerade weil Südtirol in Sachen Minderheitenschutz weltweit als Vorbild gilt und “mit Beharrlichkeit viel erreicht hat” (SVP-Obmann Philipp Achammer), gelte es nun, ein Zeichen zu setzen, ist man sich bei der SVP einig.

“Minderheiten müssen zusammenhalten, und vor allem die, die gewisse Erfolge bereits erzielt haben, müssen sich besonders einsetzen”, mahnt Alt-Landeshauptmann Luis Durnwalder, der selbst eines der Mitglieder des Organisationskomitees der “Minority SafePack”-Initiative ist. “Wir müssen anderen Minderheiten helfen”, appelliert er an die Südtiroler, “wir können nicht die Hände in den Schoß legen, sondern einen Beitrag dazu leisten, dass Minderheitenschutz anderswo nicht nur ein Lippenbekenntnis bleibt!”

Zu wichtig, um einer Partei zu überlassen

Das Wort “Solidarität” fällt häufig an diesem Nachmittag. Auch Landeshauptmann Kompatscher nimmt es in den Mund, um wie seine Vorredner die Wichtigkeit der Initiative zu unterstreichen. Und wie seine Parteikollegen greift auch Arno Kompatscher am Ende zum SVP-Kugelschreiber und setzt demonstrativ seine Unterschrift auf den Papierbogen, der bereit liegt. Über die SVP-Ortsgruppen will man die Parteimitglieder erreichen und zum Mitmachen aufrufen. “Aber wir wollen partei- und generationenübergreifend motivieren”, betont Alfreider. Schließlich gehe es beim Thema Minderheitenrechte “nicht um ein Zusammenstehen von Minderheitenparteien, sondern der Minderheiten selbst”, fügt Philipp Achammer hinzu.

Einfacher als ein Formular auszudrucken oder auf den Aufruf einer Partei zu warten, ist, die “Minority SafePack”-Initiative online zu unterzeichnen. Für Italien gilt es, die Hürde von rund 55.000 Unterschriften zu knacken. “Die meisten davon werden in Südtirol gesammelt werden müssen, da wir hier besonders sensibel für das Thema sind”, vermutet Alfreider. “Wir werden die nötige Anzahl für Italien allein in Südtirol sicher erreichen”, gibt sich Durnwalder zuversichtlich. Denn: “Mit unserer Unterschrift können wir beweisen, dass wir überzeugte Europäer sind!”