Auf’s Handwerk geschaut
Mit einem lachenden und einen weinenden Auge blickt Gert Lanz auf 2017 zurück. Der Präsident des Landesverbands der Handwerker lvh zog am heutigen Donnerstag Bilanz über das zu Ende gehende Jahr: Die Anzahl der Unternehmen, der Beschäftigten und der Lehrlinge ist angestiegen. Die Erwartungen der einzelnen Berufssparten für 2018 sind gut bis sehr gut. Dennoch gibt es einige Baustellen, die dem Handwerk Kopfzerbrechen bereiten.
13.526 Unternehmen, 44.091 Beschäftigte und 3.524 Lehrlinge. “Eines haben diese Zahlen gemeinsam: Im Vergleich zum Vorjahr haben sie sich erhöht”, hieß es am Donnerstag Vormittag im lvh-Sitz am Bozner Mitterweg. Mit Gert Lanz war die gesamte Führungsspitze des lvh angetreten, um das auslaufende Jahr Revue passieren zu lassen. Der wirtschaftliche Aufschwung habe eine positive Entwicklung in bestimmten Branchen bedingt, vor allem die Bau- und Installationsbranche konnten gute Auftragszahlen verbuchen, berichtete Lanz. Von der günstigen Konjunktur profitiert haben vor allem Maurer, Baumeister, Maler, Lackierer und Elektrotechniker.
Doch es gibt auch Schattenseiten, Lanz spricht von “kalten Duschen”, die es 2017 gegeben habe, von “einigen Sorgenkindern”, denen er “kritisch und beunruhigt” entgegenblickt. “Die Mietwagenunternehmen sind im Vergleich zum Vorjahr um ganze 35 Betriebe geschrumpft”, meinte der lvh-Präsident mit gerunzelter Stirn. “Und nun ist auch noch die Problematik der SAD-Linienentzüge hinzugekommen, die die Unternehmen an das Existenzlimit treibt.” Mit Rückschlägen haben auch die Metzger und Bäcker zu kämpfen – von ihnen gibt es immer weniger. “Eine ebenso besorgniserregende Situation, zumal sich diese Tendenz vor allem in peripheren Gebieten negativ auf den Erhalt der kleinen lokalen Kreisläufe auswirkt”, so Lanz.
Eine weitere Baustelle sei der Fachkräftemangel, fuhr der Verbandspräsident fort. Damit zusammen hänge das negative Image, das mit der Lehre verbunden werde, und für Lanz “nicht nachvollziehbar” ist. Er bricht eine Lanze für die Fachausbildung in Südtirols Handwerksbetrieben: “Wenn man bedenkt, welche Zukunftsperspektiven sich eröffnen, dann ist die berufliche Ausbildung wohl das Zukunftsmodell schlechthin. Und wer bekommt schon in der Ausbildung einen Lohn?”
Ganz in diesem Sinne lag einer der Schwerpunkte des lvh 2017 auf der Stärkung des Handwerker-Images. “Generation H – Lust auf Südtiroler Handwerk” hieß die Kampagne, die “mit alten verstaubten Klischees aufräumen und das Stolzgefühl der Handwerker stärken” sollte, erinnerte Lanz. Parallel dazu liefen zahlreiche Crowdfunding- und Open-Innovation-Projekte, die aufzeigen sollten, “wie jung, digital und innovativ das Südtiroler Handwerk ist”, meinte der lvh-Präsident sichtlich zufrieden.
Im kommenden Jahr will der Handwerkerverband den Fokus auf Ausbildung, Mobilität und Raumordnung legen. Um die Beschäftigung anzukurbeln, sollen 2018 italienweit mehr Lehrlinge ausgebildet werden. Im Bilanzgesetz wurde festgelegt, dass Unternehmen drei Jahre lang INPS-Beitragsbegünstigungen bekommen, wenn sie Personen unter 30 Jahren einstellen – bis zu maximal 3.000 Euro im Jahr. Eine komplette Beitragsbefreiung für drei Jahre sieht hingegen das Bilanzgesetz für die Einstellung von jungen Menschen im Rahmen der dualen Ausbildung und der Initiative “Scuola-Lavoro” vor. “Es ist höchste Zeit, die Rahmenbedingungen für Ausbildungsbetriebe zu verbessern, ohne Ausbilder wird es nämlich keine Nachwuchshandwerker geben”, gab lvh-Vizepräsident Martin Haller am Donnerstag zu bedenken.
Rüsten will man sich im lvh auch im Hinblick auf die anstehenden Bau- und Verkehrsprojekte. “Zum einen werden sie neue Aufträge generieren, zum anderen aber auch strukturelle Veränderungen für die Betriebe mit sich bringen”, sagte Gert Lanz. Darauf gelte es, sich rechtzeitig vorzubereiten. “In Bozen sind wir bereits mit der Gemeinde in Kontakt, um die Warenzustellung im Zentrum durch Elektrofahrzeuge zu garantieren”, verriet lvh-Vizepräsident Giorgio Bergamo.
Und lvh-Direktor Thomas Pardeller enthüllte am Ende der Pressekonferenz das Motto seines Verbandes für 2018: “Handwerk: Denn sie können, was sie tun!” Aller kalter Duschen zum Trotz.