Europäische Initiative zum bedingungslosen Grundeinkommen

Finanz-, Wirtschafts- und Eurokrise führen gerade in den südlichen europäischen Staaten zu immer höherer Arbeitslosigkeit und zur existentiellen Bedrohung ganzer Familien. Besonders Jugendliche sind von Arbeits- und Perspektivlosigkeit betroffen. Ältere Frauen zählen aufgrund ihrer geringen Renten ebenfalls zu den aktuellen Verliererinnen.
Aus diesem Grund kommt die europäische Bürgerinitiative zum Bedingungslosen Grundein-kommen gerade rechtzeitig.
Avvertenza: Questo contributo rispecchia l’opinione personale dell’autore e non necessariamente quella della redazione di SALTO.

Diese Bürgerinitiative hat es sich zum Ziel gesetzt, das Thema auf die politische Agenda zu setzen und die Europäische Kommission zu zwingen, sich mit dem Thema ernsthaft auseinanderzusetzen. Bürger und Bürgerinnen aus 15 Europäischen Ländern unterstützen diese Initiative, die am 14. Januar dieses Jahres von der europäischen Kommission offiziell zugelassen wurde. Jetzt geht es darum in den Mitgliedsstaaten der EU eine Million Unterschriften zu sammeln.
Der Cactus hatte bereits vor längerer Zeit ein Interview mit Sepp Kusstatscher, einem ausgesprochenen Befürworter des Grundeinkommens geführt:

Cactus: Was ist das Bedingungslose Grundeinkommen?

 

Sepp Kusstatscher

Sepp Kusstatscher: Darunter versteht man, dass der Staat jedem Bürger ein gleich hohes Basiseinkommen gewährt – und zwar ohne Arbeitsverpflichtung und ohne Rücksicht auf sonstige Einkommen. Es soll gewährleisten, dass alle in Würde leben und am gesellschaftlichen und kulturellen Leben teilhaben können.

C: Aber warum sollen Leute, die nicht arbeiten, Geld geschenkt bekommen?

S.K.: In unseren modernen Gesellschaften arbeiten zwischen 40% und 45% der Bevölkerung gegen Bezahlung, der Rest lebt bereits heute von Transferleistungen, Angehörigen oder Vermögen.
Die meisten leisten mehr Stunden unbezahlte gesellschaftlich relevante Arbeit als Erwerbsarbeit. Die Deutschen arbeiten im Schnitt 17 Stunden pro Woche gegen Entlohnung und ca. 25 Stunden ohne. Interessant dabei: Frauen arbeiten 31 Stunden pro Woche gratis, die Männer 19 Stunden. Es ist doch ungerecht, wenn beispielsweise eine Mutter mit mehreren Kindern, die möglicherweise noch jemanden mitbetreut, für ihre wertvolle Arbeit keinen Lohn bekommt und nicht einmal sozialversichert ist. Es gibt so viele Tätigkeiten, die für unsere Gesellschaft wichtig sind und die nicht bezahlt werden.

C: Unser Wirtschaftssystem ist auch bei Wirtschaftswachstum, geschweige denn in der Rezension, nicht in der Lage, allen Menschen Arbeit zu bieten…

S.K.: Das ist eines der wichtigsten Argumente für das Grundeinkommen. Die Produktivität hat derart zugenommen, dass Arbeitskräfte überflüssig geworden sind. Vor 80 Jahren hat ein in der Landwirtschaft tätiger Mensch mit seiner Arbeit drei Leute ernährt. Heute produziert er für 120 Personen Nahrungsmittel.
In der Industrie werden automatisch gesteuerte Maschinen immer produktiver. Aufgrund ökologischer Überlegungen müssen wir sparsamer leben, mehr reparieren und weniger wegwerfen und nur mehr so viel produzieren, wie wir wirklich brauchen.
Unsere Steuersysteme sind verrückt: Der Großteil der Steuern wird auf Erwerbsarbeit erhoben und unsere Sozialversicherungssysteme fußen ebenfalls auf Arbeit. Somit wurde die Lohnarbeit unverhältnismäßig teuer.
Jeder Unternehmer, der Kosten senken will, wird bei der Reduzierung der Arbeitsplätze anfangen. Dies führt zu immer mehr Arbeitslosen. Der Staat wiederum subventioniert Unternehmen, um teilweise sinnlose Arbeitsplätze zu schaffen oder zu halten.
Steuern müssten steuern. Würde vor allem der Konsum besteuert, also der Verbrauch von Ressourcen, sowie Kapitalgewinne und Wertzuwachs, und nicht die Lohnarbeit, dann würde viel nachhaltiger gewirtschaftet werden.

C: Warum machst du dich für dieses Thema stark?

S.K.: Es ist ein ökosoziales Anliegen. Ich glaube, dass diese radikale Idee, die im Grunde denkbar einfach ist, zu einem Paradigmenwechsel führen würde und viele Probleme, die wir sozialpolitisch, wirtschaftspolitisch und umweltpolitisch haben, lösen könnte.
Wenn genug Leute diesen Paradigmenwechsel wollen, wird die Politik nachziehen.“

Europäische Initiative zum Grundeinkommen

In Meran unterstützen die Grünen die europäische Bürgerinitiative.
Am Freitag, 03. Mai 2013 findet im Kulturzentrum in der Cavourstrasse um 20:30 Uhr eine Informationsveranstaltung zum Bedingungslosen Grundeinkommen mit Sepp Kusstatscher und Marco Dalbosco statt.
Am Samstag, 04. Mai 2013 bieten wir am Vormittag die Möglichkeit die Onlinepetition in der Sparkassenstraße zu unterzeichnen und stehen für Fragen zur Verfügung.

Wer die Bürgerinitiative von zu Hause aus unterzeichnen möchte, kann dies unter folgendem Link tun:
http://basicincome2013.eu/ubi/de/ in deutscher Sprache
http://basicincome2013.eu/ubi/it/ in italienischer Sprache

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Sylvia Rier Lun, 04/29/2013 - 12:41

Darf ich gleich auch hier eine Frage stellen, die mich schon seit einem Weilchen beschäftigt, und die ich weiter drüben bei Celine Colturato (die zum selben Thema gepostet hatte: http://salto.bz/de/article/27042013/eu-startet-initiative-fuer-grundein…) schon gestellt habe: Könnte denn nicht Südtirol in Sachen Bedingungsloses Grundeinkommen eine Vorreiterrolle spielen? Hätten wir denn nicht alle - und gute - Voraussetzungen dafür?

Lun, 04/29/2013 - 12:41 Collegamento permanente
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Cactus Meran/o Ven, 05/03/2013 - 09:21

In risposta a di Sylvia Rier

Hallo Silvia, heute abend um 20:30 Uhr im Casa della Cultura in Meran (Cavourstraße vis a vis Bar Relax) gibt es die Möglichkeit diese Frage an den ehemaligen Europaabgeordneten Sepp Kusstatscher zu stellen. Er beschäftigt sich seit Jahren mit dem Thema und hat unter anderem auch das Pilotprojekt in Otjivero (Namibia) besucht. Zudem ist er eng in das europäische Netzwerk eingebunden und referiert oft in Österreich und Deutschland zum Bedingungslosen Grundeinkommen.
Falls du heute abend nicht kannst, werde ich mir erlauben deine Frage zu stellen und dann die Antwort hier zu posten.
lg
Alex

Ven, 05/03/2013 - 09:21 Collegamento permanente
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Cactus Meran/o Lun, 05/06/2013 - 17:52

In risposta a di Sylvia Rier

Hallo Silvia, anbei die versprochene Antwort von Sepp Kusstatscher zu deiner Frage, die ich ihm bei der Veranstaltung am Freitag gestellt habe:
Er hält die Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) allein in Südtirol nicht für machbar (auch wenn er es für eine reizvolle Idee hält) und begründet das wie folgt:
1. Die FINANZIERUNG: um das BGE realistischerweise zu finanzieren ist eine Steuerreform (und damit Steuerhoheit) eine Grundvoraussetzung. Die diversen Modelle sehen eine Finanzierung über die Mehrwertsteuer (z.B. geringe Mehrwertsteuer auf Grundnah-rungsmittel, mittlere Mehrwertsteuer auf Konsumgüter und hohe Mehrwertsteuer auf Luxusgüter), über die Einführung einer Finanztransaktionssteuer oder über die Einfüh-rung von Ökosteuern bzw. aus Mischformen dieser drei Steuern vor. Südtirol fehlt hier-zu die Kompetenz.
2. Die ÖKONOMISCHE EINBINDUNG: eine kleinräumige Einführung des BGE würde wahr-scheinlich zu starken Verschiebungen auf dem Arbeitsmarkt, dem Lohngefüge, sowie der ökonomischen Wettbewerbsfähigkeit führen. Eine kleinräumige Einführung des BGE könnte daher zu unerwünschten Seiteneffekten führen
3. Das Auslösen einer MIGRATIONSBEWEGUNG: wird das BGE nur in einem kleinen geo-grafischen Raum eingeführt, könnte das regionale Migrationsbewegungen auslösen. Südtirol müsste also quasi die Schotten dicht machen. Das können wir uns wohl auch nicht wünschen.
Fazit: in entwickelten Volkswirtschaften macht die kleinräumige Einführung des BGE keinen Sinn. Hier müssen wir mindestens in nationalen Kontexten denken, noch besser in europäi-schen Dimensionen.
Übrigens hat der IRAN das BGE eingeführt (ca. 80% der iranischen Bevölkerung hat ein ent-sprechendes Ansuchen an die Behörden gestellt und erhält jetzt ein bedingungsloses Grund-einkommen). Brasilien hat das Recht auf ein BGE in seine Verfassung geschrieben, die Umset-zung in die Tat ist aber noch nicht erfolgt.
Ich hoffe du kannst mit der Antwort was anfangen. Liebe Grüße Alex

Lun, 05/06/2013 - 17:52 Collegamento permanente
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Celine Colturato Mar, 04/30/2013 - 17:38

das bedingungslose zinseinkommen, das wir jetzt haben, die 10% von der gesellschaft sich vergönnt, scheint doch ganz normal und in ordnung zu sein. obwohl die keinen einzigen finger bewegen, täglich boden aufkaufen als wertanlage und von der fleißigen arbeitenden masse, die alles schön zu ihnen umverteilt, profitieren und sich im luxus bedienen lassen. und dann wird das bedingungslose grundeinkommen von einigen als radikal betrachtet?! und klingelts jetzt? ;-)

Mar, 04/30/2013 - 17:38 Collegamento permanente
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gorgias Mar, 04/30/2013 - 19:05

In risposta a di Celine Colturato

Das BGE ist ein sehr interessantes und vielversprechendes Thema. Das gilt auch für Geldtheorien die sich aus der Zinskritik entwickelt haben (Freiwirtschaft, umlaufgesicherte Währungen). Diese Themen sind sehr komplex, leider werden oft Diskussionen voller Missverständnisse geführt, so ist es besonders wichtig ist eine nüchterne und korrekte Terminologie zu verwenden um nicht noch mehr Verwirrung und Missverständnisse zu produzieren.

Der Begriff "bedinungsloses Zinseinkommen" ist ein irreführendes und falsches Schlagwort. Es gibt keine "bedingungslosen" Zinseinkünfte per definitionem, da solche Einkünfte am Verleih von Geld oder Sachgüter gebunden ist.

Mar, 04/30/2013 - 19:05 Collegamento permanente
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Celine Colturato Mer, 05/01/2013 - 20:09

In risposta a di gorgias

dann lass dich doch von einem finanzexperten belehren...

Wir wollen das bestehende(!) bedingungslose Spitzeneinkommen in ein „gemeinnütziges“ bedingungsloses Grundeinkommen umwandeln. Zurzeit partizipiert nur eine ultrakleine Gruppe von diesen leistungslosen Bezügen. Denken wir an die Bankensysteme, die ohne jegliche Leistung Geld aus dem Nichts herstellen dürfen und dieses gegen Zinsen verleihen, mit Pfand versteht sich. Oder nehmen Sie einen Milliardär, der in weniger als 10 Jahren daraus an den Kapitalmärkten ohne irgendeine echte Arbeit zwei Milliarden macht. Der Plan B sieht vor, dass alle Menschen einen gerechten Anspruch auf von früheren Generationen geschaffene Werte in Form eines leistungslosen Einkommens erhalten, um endlich von der Verelendungsangst befreit zu werden. Die entstehende Kreativität kann man sich leicht vorstellen.

Andreas Popp

http://www.wissensmanufaktur.net/plan-b-fuer-einsteiger

Mer, 05/01/2013 - 20:09 Collegamento permanente
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gorgias Ven, 05/03/2013 - 12:33

In risposta a di Celine Colturato

Bitte les doch den Beitrag richtig durch bevor du Ratschläge an andere Verteilst dass andere sich belehren lassen sollten.

Es gibt eine Gruppe von Personen die hohe Einkommen haben bei denen die Frage berechtigt ist, ob diese Einkommen wirklich zum Verhältnis ihrer Leistung ist, das ist besonders gegeben da sich diese Gruppierung oft auch als Leistungsträger bezeichen.
Doch leistungslos ist nicht das Gleiche wie bedingungslos, lass ich doch bitte von einem Deutschlehrer belehren, wenn du es jetzt noch nicht verstanden hast.

Ich finde es schade wenn Menschen hergehen wie du und anfangen gute Ideen zu verpuschen nur weil sie Stimmung machen wollen.

Zur Person Andreas Popp möchte ich noch sagen, dass ich mich nicht über solche zwielichtigen Gestalten über Themen informiere die mir wichtig sind und erst gar nicht diese weiterempfehle, damit sich andere darüber informieren. Damit erweise ich solchen Themen einen Bärendienst.

http://psiram.com/ge/index.php/Andreas_Popp?COLLCC=386049786&

Ven, 05/03/2013 - 12:33 Collegamento permanente
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Celine Colturato Sab, 05/04/2013 - 22:41

In risposta a di gorgias

und wie gut kennen sie schon herrn popp, dass sie ihm zwielichtige themen vorwerfen? andreas popp arbeitet in der wissensmanufaktur.net mit anderen finanzexperten zusammen um die gesellschaft und wirtschaft zu verbessern (lösen). leider wird in den universitäten nie eine antwort darauf gegeben, warum die wirtschaft ständig wachstum braucht. außerdem kann man mathematische prinzipien nicht in verschwörungen abtun, da jeder sie selbst nachkalkulieren kann. nach 2 jahren konnte niemand die mathematischen prinzipien von popp abstreiten (mathematisch korrekt). die übersetzung seiner konzeption (plan B) gibt es in 4 sprachen (deutsch, englisch, russisch, italienisch).

Sab, 05/04/2013 - 22:41 Collegamento permanente
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Celine Colturato Ven, 05/03/2013 - 19:19

In risposta a di gorgias

psiram ist die neubenennung von esowatch und verabscheulicht jede form von alternativer medizin. da sie nur die schulmedizin für wahr behält, werden solche skeptiker von pharmas unterstützt. sprich jeder mensch, der irgendeine systemische vorschrift nicht befolgt, dafür aber andere bevorzugt, wird gleich in einer rechtsradikalen ecke geschoben. das ist eine faschistische strategie die sich als demokratie scheinigt.

Ven, 05/03/2013 - 19:19 Collegamento permanente
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gorgias Sab, 05/04/2013 - 00:14

In risposta a di Celine Colturato

Das ist ein tolles Video. Zuerst kritisiert es die Seite Esowatch.com als Internetpranger um dann nicht anderes als selbst ein Pranger zu sein,.

Hier werden Straftaten angedeutet, aber es gibt kein rechtskräftiges Urteil genannt, das sich auf die Inhalte von Esowatch beziehen. Auch ist bezeichnend wie sich die Esowatch-Kritische Seite Eselwatch selbst definiert: Sie will die Betreiber von Esowatch aus der bequemen Anonymität herausbringen. Schade, eine Seite die argumentativ und informativ Versucht die Aussagen entkräften würde die Esowatch macht ist wohl zuviel verlangt.

Sab, 05/04/2013 - 00:14 Collegamento permanente