Politica | Seilbahn Tiers

"11,3 Mio für private Einzelinteressen"

Die Südtiroler Umweltverbände wenden sich in einem Aufschrei an Bevölkerung und Politik: "Die Finanzierung der neuen Seilbahn in Tiers ist ein Schlag ins Gesicht."
funivia tires - malga frommer
Foto: @salto.bz

 Der Investitionsbeitrag für den Bau der neuen Seilbahnanlage "Tiers - Frommeralm" wird von rund 1,8 Millionen Euro auf insgesamt 11,3 Millionen Euro erhöht - so der Beschluss, den die Landesregierung letzte Woche getroffen hat.

Als Begründung gibt die Landesregierung an, dass es sich um eine organische Verbindung zwischen der Ortschaft Tiers und dem Skigebiet Karersee handle; zudem führe die Seilbahn zu einer besseren touristische Auslastung für Tiers und Umgebung und könne so auch nachhaltig Arbeitsplätze im Tourismus schaffen. Auch die erhöhten Besucherzahlen für das Skigebiet Karersee sowie die Errichtung eines "innovativen und umweltfreundlichen Fortbewegungsmittel am Fuße des Rosengartens" seien Grund genug, um die maximale Erhöhung der Beiträge zu genehmigen. 

Die Umwelt und Heimatpflegeverbände schlagen nun in einem offenen Schreiben Alarm:

 

Der Beschluss der Landesregierung Nr. 987 vom 23. November 2021 ist nicht nur ein Tiefpunkt für den Umgang mit der Natur- und Kulturlandschaft in Südtirol, sondern vor allem auch ein Schlag ins Gesicht – eine „Watschn“ – für alle Südtiroler Bürgerinnen und Bürger und alle Wirtschaftszweige außer Skigebiete und einzelne Hoteliers. Eine unglaubliche Summe an öffentlichen Steuergeldern soll in die neue Seilbahnverbindung zwischen Tiers und der Frommer Alm am Fuße des Rosengartens, von der nur die Tierser Seilbahn A.G. und wenige Hoteliers in Tiers und Welschnofen wirtschaftliche Vorteile haben, investiert werden.

Der Beschluss sieht vor, dass der Tierser Seilbahn S.p.A. 9,5 Millionen Euro zugewiesen werden, zusätzlich zu den bereits im Jahr 2020 zugewiesenen 1,8 Millionen Euro, also insgesamt 11,3 Millionen Euro, bei einer Gesamtinvestition von 15,8 Millionen Euro. Dies entspricht einem Beitrag von 75 %. Welcher Unternehmer würde sich nicht über einen solchen Prozentsatz an Förderung freuen? Allerdings profitieren von einem solchen Beitrag nur sehr wenige, während viele Menschen und Wirtschaftszweige die Nachteile durch die Verschandelung der Natur- und Kulturlandschaft über einen sehr langen Zeitraum tragen müssen.

Die unterzeichnenden Verbände bringen ihre tiefe Enttäuschung über die Entscheidung der Landesregierung zum Ausdruck, 11,3 Mio. Euro für private Einzelinteressen zu vergeben.

 

Die mehrere Dutzend Meter hohen Metallmasten ragen wie die Skelette eines Denkmals des Massentourismus hervor. Das wunderschöne Gebiet unserer Dolomiten wird wieder einmal zu einer Geldmaschine degradiert. Die Beweggründe der Gemeinde, abgesehen von den offensichtlichen wirtschaftlichen: Förderung der nachhaltigen Mobilität auf der Nigerpassstraße (wo es keine Verkehrsprobleme gibt!), Verringerung der "langen Fahrzeiten" zwischen Tiers und Welschnofen (30 Minuten) und die Ermöglichung des Zugangs zum Karersee von Tiers aus über drei Auftstiegsanlagen. Welcher Tourist wird diese bizarre Option wählen?

Als Beweis dafür, dass die Seilbahn nicht zur Entlastung des Verkehrs beiträgt, sondern ihn im Gegenteil noch vergrößert, hat die Gemeinde Tiers bereits die Umwandlung von 2553 m2 Waldfläche (in einem bereits von Vaia gezeichneten Gebiet) in einen Parkplatz genehmigt, und zwar mit folgender Begründung: "Da die Autonutzung nicht ausgeschlossen werden kann und nur teilweise durch den öffentlichen Verkehr abgedeckt werden kann, ist der Bau eines Parkplatzes bei der Talstation unabdingbar – für den Betrieb der Seilbahn und zugunsten der Parkplatzsituation der Einwohner von Tiers". Darüber hinaus ist es fraglich, warum die Landesregierung so viel Geld für die Verkehrsberuhigung am Nigerpass ausgibt und nicht dort in die Verkehrsregelung investiert, wo sie wirklich benötigt wird, nämlich auf den Karer-, Sella-, Grödner- und Langkofel-Passstraßen.

Die unterzeichnenden Verbände bringen ihre tiefe Enttäuschung über die Entscheidung der Landesregierung zum Ausdruck, 11,3 Mio. Euro an öffentlichen Mitteln für private Einzelinteressen zu vergeben. Ressourcen, die für Dienstleistungen verwendet werden könnten, die der Gemeinschaft wirklich zugute kommen, wie z. B. Investitionen in die Gesundheitsversorgung. Wir appellieren auch an diejenigen, die diese Empörung teilen, sich dieser Kritik am Vorgehen der Landesregierung anzuschließen, damit sie ihre Entscheidung zugunsten einer weltweit einzigartigen Natur- und Kulturlandschaft, für die wir auch gegenüber künftigen Generationen verantwortlich sind, überdenkt.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

AVS Südtirol

CAI Alto Adige

Dachverband für Natur- und Umweltschutz in Südtirol

Heimatpflegeverband Südtirol

Lia da Mont

Lia per Natura y Usanzes

Mountain Wilderness

Nosc Cunfin

WWF