Politica | Ladinergesetz

Oppositioneller Erfolg

Das Ladiner-Gesetz soll seine “blinden Passagiere” verlieren. Köllensperger: “Konstruktiver Vorschlag der Opposition hat gewirkt.” Kronbichler: “Missbrauch gestoppt.”
Opposition in Rom
Foto: Facebook

Der letzte Tag des Monats beginnt für Paul Köllensperger erfreulich. Am Vortag hat der Landtagsabgeordnete der 5-Sterne-Bewegung gute Nachrichten aus Rom erhalten. “Unsere Senatoren haben mich darüber informiert, dass Karl Zeller angekündigt hat, die beiden Passagen zum Wahlsystem aus dem Ladiner-Gesetz zu streichen”, berichtet Köllensperger. “Wenn er das tatsächlich macht, wäre das super.” Positiv gestimmt ist auch Florian Kronbichler: “Damit wäre der Missbrauch, den ich aufgedeckt habe, gestoppt.”

Zurück- statt durchziehen

Tatsächlich hat die SVP, glaubt man den Medienberichten vom 31. März, einen Rückzieher gemacht. “Ich werde die Streichung der Artikel zur Änderung des Wahlrechts beantragen”, wird SVP-Senator Zeller zitiert. Am vergangenen Donnerstag (23. März), war die gesamte Landtagsopposition in Rom aufmarschiert, um den Verfassungsausschuss des Senats, der sich vor Behandlung im Plenum mit dem Ladiner-Gesetz befassen muss, über ihre Bedenken zu informieren. Der Landtag hatte bereits ein positives Gutachten zum Ladiner-Gesetz abgegeben, als Daniel Alfreider in einer “Nacht-und-Nebel-Aktion” zwei Abänderungsanträge in der Abgeordnetenkammer einreichte, über die sich die SVP auch künftig die Mehrheit im Landtag sichern wolle, so die Kritik der Opposition. Unterstützung kam nicht nur vom oppositionellen Kammerabgeordneten Florian Kronbichler, sondern auch von Senator Francesco Palermo. Die Opposition habe Recht, wenn sie fordere, dass das Ladiner-Gesetz vor der Weiterbehandlung in Rom in die beiden Landtage von Bozen und Trient zurückkehre, so der Senator im salto.bz-Interview. Doch die Rückverweisung an die Landtage war nur die Minimalforderung, die die Oppositionsvertreter vergangene Woche in Rom stellten. Die eigentliche Forderung war, die beiden Passagen, die eine Wahlrrechtsreform für Südtirol – vom Verhältnis- zum Mehrheitswahlsystem mit entsprechendem Mehrheitsbonus – möglich machen würden, zu streichen. Dafür hatte Palermo aber keine Chance gesehen. “Diese Anhörung wird leider keinen Beistrich am Gesetzesvorschlag ändern”, zeigte sich Palermo pessimistisch. “Man wird das durchziehen.”

Gemeinsam beeindruckt

Doch nun wird es wohl anders kommen – sehr zur Überraschung und auch zur Freude von Florian Kronbichler, der seit Wochen gegen den “Ladiner-Trick” mobil macht und nun sagt: “Palermo hat die Opposition unterschätzt.” Vor allem das geschlossene Auftreten und das Vorbringen “eines gemeinsamen demokratischen Anliegens” habe in Rom Eindruck hinterlassen, meint Kronbichler. Bereits während der Anhörung habe man bei der SVP gemerkt, dass die “blinden Passagiere”, wie Kronbichler die Änderungen zum Wahlsystem nennt, “nicht zu retten sind”. Er macht den Südtiroler Oppositionsvertretern, allen voran Riccardo Dello Sbarba, Paul Köllensperger, Andreas Pöder und Alessandro Urzì Komplimente: “Sie haben ihre Karten gekonnt gespielt und auch aufgezeigt, dass die Beibehaltung des Verhältniswahlsystems gerade den Italienern in Südtirol zugute kommt.” Diese Tatsache sieht auch Köllensperger als einen der Gründe, warum “offensichtlich sogar einige PD-Senatoren am Ende dem Ladiner-Gesetz nicht mehr zustimmen wollten”.

“Respekt für die SVP, die Einsicht vor Sturheit hat walten lassen.”
(Florian Kronbichler)

Doch wegen zweier “Fremd-Artikel” das gesamte Ladiner-Gesetz zu Fall bringen, das wollte die SVP am Ende doch nicht. Da der Gesetzentwurf eine Abänderung des Autonomiestatuts vorsieht, muss er in vier Lesungen vom Parlament genehmigt werden – und in den letzten beiden Lesungen ist die absolute Mehrheit in beiden Kammern nötig. Ein Konsens war nach der Anhörung allerdings in weite Ferne gerückt und das Risiko, dass das Ladiner-Gesetz versenkt würde, stieg. Daher hat man sich nun entschieden, die Notbremse zu ziehen. Schließlich sollte es in dem von Karl Zeller maßgeblich mit ausgearbeiteten und von Daniel Alfreider eingebrachten Gesetzentwurf in erster Linie ja um den Schutz der Ladiner gehen. “Im Namen dieses Zieles verzichten wir auf die Stellen zum Wahlgesetz”, betont auch Alfreider. Nichtsdestotrotz soll sein Gesetzentwurf zurück an den Landtag gehen, da nach der Begutachtung durch denselben noch eine weitere Änderung vorgenommen worden ist. Diese betrifft jedoch nicht das Wahlrecht, sondern die Kompetenzen der Trentiner Talgemeinschaft “Comun General de Fascia”.

Nicht ohne den Landtag

Damit wäre dann auch die zweite Forderung der Opposition im Landtag erfüllt. “Sollte die Rückverweisung tatsächlich passieren, würde damit das Prinzip bekräftigt, dass Änderungen am Autonomiestatut nicht am Landtag vorbei vorgenommen werden können, sondern in jedem Fall ein Gutachten eingeholt werden muss”, sagt ein hörbar zufriedener Paul Köllensperger. “Ansonsten könnte es ja auch passieren, dass irgendwann ein rechter Senator irgendwo eine Passage einfügt, mit der das Autonomiestatut geändert werden könnte ohne dass der Landtag dazu Stellung nimmt.” Auch Andreas Pöder ist hocherfreut: “Wenn Landtag neu mit dem Ladiner-Gesetz befasst wird, wäre das ein autonomiepolitischer Gewinn, der nahe an das Einvernehmen kommt.”

“Es freut einen Oppositionellen wie mich, wenn konstrutkive Vorschläge aufgenommen werden.”
(Paul Köllensperger)

Während Florian Kronbichler nun “sicher kein Siegesgeheul anstimmen” wird, aber dennoch froh ist, dass “die Schlaumeier-Politik und Überrumpelungs-Taktik, die die SVP in Rom manchmal an den Tag legt” im Falle des Ladiner-Gesetzes nicht aufgegangen sei, gibt sich Köllensperger abwartend: “Noch liegt nichts Schriftliches von Zeller vor und wir werden genauestens darauf achten, dass wirklich beide Passagen zum Wahlrecht – jene zum Landtag und jene zu den Gemeinden – eliminiert werden und darauf, ob nicht etwas anderes hineingeschmuggelt wird.”