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Echt statt generiert

Südtirols Musikszene 2026: Chris Kaufmann von rocknet.bz über den neuen „sonx“-Sampler, echte Kreativität ohne KI-Dominanz und die Förderung lokaler Talente.
Rockbühne, Gitarre, Schlagzeug
Foto: unsplash
  • SALTO: Wie schwer fiel es der Jury dieses Jahr, sich bei der hohen Qualität der 46 Einreichungen auf die finalen Titel festzulegen?

    Chris Kaufmann: Es ist jedes Jahr eine große Herausforderung für die Jury, die Songs zu bewerten – vor allem bei einer so hohen Qualität der Einreichungen. Das Niveau der Produktionen in Südtirol hat mittlerweile internationalen Standard erreicht. Um dennoch zu einer fairen Entscheidung zu kommen, arbeiten wir mit einem klar definierten Punkte- und Bewertungssystem sowie mit einer breit aufgestellten Jury aus den Bereichen Komposition, Musik, Presse und Radio. So entsteht am Ende ein sehr ausgewogenes und repräsentatives Ergebnis.

  • Chris Kaufmann: Vize-Präsident von rocknet.bz, Koordinator der Rocknet Academy, Coach für Gitarre und Arrangements: Foto: rocknet.bz

    Inwiefern ist das Preisgeld von 1.500 Euro pro Song eher als Anerkennung oder als konkreter Produktionskostenzuschuss für die Künstler gedacht?

    Musik zu produzieren, kostet Geld, und genau hier setzt das Projekt an: Ziel ist es, Musikerinnen und Musiker konkret bei der Realisierung ihrer Werke zu unterstützen. Das Regelwerk des SONX Contests sieht ausdrücklich vor, dass auch Demoaufnahmen eingereicht werden dürfen. Zwischen der Auswahl der Titel und deren Veröffentlichung liegen in der Regel rund eineinhalb Monate – also ausreichend Zeit, um einen Song bei Bedarf noch final auszuarbeiten und zu produzieren. In diesem Sinne kann das Preisgeld durchaus als gezielter Produktionskostenzuschuss verstanden werden, der den Künstlerinnen und Künstlern hilft, ihre Songs auf ein professionelles Veröffentlichungsniveau zu bringen.

    Wo zieht rocknet.bz beim Thema KI genau die rote Linie zwischen „unterstützender Nutzung“ und „menschlicher Urheberschaft“?

    Wir mussten unser Reglement selbstverständlich an die aktuelle Situation anpassen und haben uns dafür intensiv mit den Regelwerken anderer Wettbewerbe auseinandergesetzt. Dabei haben wir uns unter anderem an den KI-Richtlinien der Grammy Awards orientiert.

    Vollständig KI-generierte Musik ist ausgeschlossen.

     

    Zusammengefasst gelten in unseren Teilnahmebedingungen folgende Grundsätze: Teilnahmeberechtigt sind ausschließlich menschliche Urheberinnen und Urheber – Beiträge ohne menschliche Urheberschaft sind nicht zugelassen. Vollständig KI-generierte Musik ist ausgeschlossen. Der Einsatz von KI ist ausschließlich ergänzend erlaubt: Werke mit KI-Elementen können eingereicht werden, sofern der menschliche Beitrag eindeutig überwiegt und deutlich über ein Mindestmaß hinausgeht. Zentrale Bestandteile eines Songs – insbesondere Gesang oder prägende Soloinstrumente – dürfen nicht von KI-Systemen erzeugt werden. Kurz gesagt: Zugelassen sind ausschließlich hybride Werke, bei denen die kreative Leistung des Menschen klar im Mittelpunkt steht. KI darf unterstützen, ersetzt jedoch nicht die Rolle des Urhebers.

  • Zur Person

     Chris Kaufmann ist Vize-Präsident von rocknet.bz, Koordinator der Rocknet Academy sowie erfahrener Coach für Gitarre und Arrangements. Als gefragter Studiomusiker, Produzent und Songwriter arbeitet er für zahlreiche Künstler im gesamten deutschsprachigen Raum. Zudem ist er als Gitarrist der legendären Country-Band „Truck Stop“ bekannt und bringt seine weitreichende Branchenerfahrung in die Südtiroler Musikförderung ein.

  • Hätten Sie zu Beginn der Pandemie gedacht, dass sich „sonx“ von einer einmaligen Hilfsaktion zu einem festen Gütesiegel der Südtiroler Musikszene entwickelt?

    In unserer ursprünglichen Vision schwebte uns tatsächlich so etwas wie eine jährliche „Songbilanz“ vor. Umso mehr freut es uns, dass diese Idee der Geldgeber – dem Land Südtirol und der Stiftung Sparkasse – so positiv aufgenommen wurde und finanziell unterstützt wird. Wir hoffen sehr, diese Initiative auch in den kommenden Jahren fortführen und weiterentwickeln zu können.

    Wie unterstützt rocknet.bz die beteiligten Acts nach der Veröffentlichung am 19. Dezember dabei, die gewonnene Sichtbarkeit langfristig zu nutzen?

    Neben den klassischen Presseaussendungen und unserer Onlinepräsenz haben wir Ende 2025 erstmals die Local Heroes Konzerte im Astra in Brixen veranstaltet. An beiden Abenden standen ausschließlich Gewinnerinnen und Gewinner der SONX-Editionen auf der Bühne. Wir werden alles daransetzen, diese Konzertreihe in Zukunft weiter auszubauen und unseren Artists auch live eine sichtbare und hochwertige Plattform zu bieten.

  • Zum Sampler

    Mit „sonx 2026“ veröffentlicht rocknet.bz am 19. Dezember die dritte Ausgabe seiner Musikinitiative auf allen gängigen Streaming-Plattformen. Aus 46 Einreichungen wählte eine Fachjury elf Titel aus, die durch den Siegersong der Rocknet Academy ergänzt wurden. Jeder Beitrag wurde mit 1.500 Euro honoriert, finanziert durch das deutsche Kulturassessorat und die Stiftung Sparkasse. Die Tracklist vereint zwölf Acts aus verschiedensten Genres: seasons&colors, Simon & Mac, Bita, Timbreroots, Nisma & ZNR, bbennob, Doris Warasin, Blackout, EXOCORE, Lian Perkmann, Alex the Judge sowie die Academy-Gewinnerin Anna Vittur. Erstmals galt ein strenges Reglement zum Einsatz von KI, das die menschliche Urheberschaft in den Fokus rückt. Weitere Infos unter: https://www.rocknet.bz 

  • Welcher Song auf dem neuen Sampler hat Sie persönlich am meisten überrascht, weil er einen für Südtirol ungewöhnlichen Sound hat?

    Da der Siegersong der Rocknet Academy ebenfalls jedes Jahr auf dem Sampler vertreten ist, spreche ich mich bei dieser Frage immer für diesen Titel aus. Wir organisieren jährlich ein Songwriting Camp für Musikerinnen, die wir beim Schreiben neuer Songs unterstützen und begleiten möchten. Einer der Songs, die in dieser Woche entstehen, wird auf den jeweiligen SONX-Sampler des laufenden Jahres aufgenommen. In diesem Jahr ist es daher Anna Vittur mit dem im Rahmen der Rocknet Academy entstandenen Titel „Wiedersehn“.

  • Foto: rocknet.bz