„Die SVP zählt klar zu den Gewinnern“

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SALTO: Herr Walder, Sie sind der Entwickler des „SALTO-Wahlstudios“. Welche Überraschungen gab es für Sie bei den Gemeinderatswahlen am Sonntag?
Max Walder: Die für mich persönlich größte Überraschung war meine Heimatgemeinde Eppan, wo die letzten Jahre ein Bürgermeister der Bürgerliste an der Macht war, der aufgrund der Mandatsbeschränkung nicht mehr antreten konnte. Bei den letzten Gemeinderatswahlen hatte die SVP beim Bürgermeisterkandidaten 21 Prozent der Stimmen, dieses Mal waren es 65 Prozent. Spannend ist auch Meran, wo Katharina Zeller von der SVP ein sehr starkes Ergebnis eingefahren hat. Die Grünen hingegen müssen sich ein schlechtes Ergebnis eingestehen. Ihre Stimmen haben sich fast halbiert und sind somit ungefähr wieder zurück auf dem Niveau von 2005. In der Passerstadt wird die Stichwahl auf jeden Fall sehr spannend. Nicht zuletzt habe ich auch Kaltern mit großem Interesse verfolgt. Hier bestand eine besondere Situation, da der amtierende Vize-Bürgermeister auf einer anderen Liste angetreten ist. Das Ergebnis war meiner Meinung nach weniger knapp als erwartet, die SVP konnte sich durchsetzen.
Wer waren die Gewinner und die Verlierer dieser Wahl?
Die SVP zählt ganz klar zu den Gewinnern. Sie hat allgemein sehr gute Ergebnisse eingefahren und konnte in den meisten Gemeinden dazugewinnen. Sie konnte ihr selbstgestecktes Ziel von 100 Bürgermeistern erreichen. Rein stimmenmäßig gehören auch die Fratelli d'Italia zu den Gewinnern: Überall, wo sie angetreten sind, konnten sie an Stimmen dazugewinnen. Die Verlierer dieser Wahl sind die Grünen, beziehungsweise die grünen Bürgerlisten, die weniger gute Ergebnisse hatten. Auch die Lega ist abgestürzt in den wenigen Gemeinden, in denen sie angetreten ist. Die Ergebnisse der Bürgerlisten sind insgesamt eher durchwachsen. Das hängt aber von der jeweiligen Gemeinde ab. Die Süd-Tiroler Freiheit hatte im Allgemeinen dort Erfolg, wo sie die einzige Gegenliste zur SVP war. Zum Beispiel in Villanders hat sie über 40 Prozent erreicht. Das ist ein starkes Ergebnis. Sie profitierte ganz klar dort, wo es sonst keine Alternativen zur Volkspartei gab.
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Die SVP stellt ab sofort 102 von 116 Bürgermeistern
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Wie schätzen Sie die durchwachsenen Ergebnisse der Freiheitlichen ein?
Wie bei den letzten Landtagswahlen hat man auch dieses Mal wieder gesehen, dass die Freiheitlichen ihren politischen Höhepunkt überschritten haben. Bereits bei den Gemeindewahlen 2020 mussten sie starke Verluste hinnehmen. Ich glaube, dass ihrer Kernwählerschaft die Beteiligung an der Landesregierung nicht gefallen hat – das spiegelt sich dann auch auf Gemeindeebene wider.
Wie steht es um die Bürgerlisten Südtirols?
Das Ergebnis ist hier von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich. Man kann vielleicht von einem Hin zur SVP und einem Weg von den Bürgerlisten sprechen. In vielen Gemeinden gab es aber schlichtweg keine Alternative zur Volkspartei. Dieses Jahr hatten wir 29 Gemeinden, in denen es nur eine Liste zur Auswahl gab, 2015 waren es noch 20. In zehn Jahren kamen also fast 10 Gemeinden dazu, die den Wählern keine Auswahl boten. Ähnlich schaut es mit den Bürgermeistern aus: Dieses Jahr stand in 36 Gemeinden der Bürgermeister schon fest. 2015 waren es 33 und 2010 sogar nur 15. Das belegt, dass es zunehmend schwieriger wird, Bürger für die Lokalpolitik zu motivieren.
Auch die Wahlbeteiligung ist im Gespräch, denn sie nimmt ab…
Die Wahlbeteiligung in den Gemeinden war sehr unterschiedlich. In einigen Gemeinden lag sie unter 50 Prozent, in anderen erreichte sie bis zu 80 Prozent. Es kommt sehr darauf an, wie die lokalen Strukturen aussehen und ob die Kandidaten die Wähler dazu motivieren können, zur Wahl zu gehen. Interessant ist der Fakt, dass in jenen Gemeinden, in denen es seit langem wieder eine Gegenliste zu SVP gibt, die Wahlbeteiligung stark angestiegen ist. In einigen Gemeinden gab es zudem eine hohe Anzahl ungültiger und weißer Stimmzettel. In Laas und Laurein waren das sogar mehr als 50 Prozent der Bürgermeisterstimmzettel. In den Stadtgemeinden wie Meran und Bozen lag dieser Wert hingegen bei unter 3 Prozent. Hier sieht man, dass in den kleinen Gemeinden mit wenig Auswahl viele Bürgerinnen und Bürger offenbar mit den Optionen, die auf dem Wahlzettel standen, unzufrieden waren und dann entweder gar nicht zur Wahl gingen oder ungültig abgegeben haben. Im Hinblick auf Wahlbeteiligung stechen ganz klar die beiden Städte Meran und Bozen heraus, da die Wahlbeteiligung hier nur bei etwa 50 Prozent lag.
„Die Süd-Tiroler Freiheit wurde auf jeden Fall salonfähig.“
Der europaweite politische Rechtsruck ist derzeit in aller Munde. Konnte man diesen auch in Südtirols Gemeinden feststellen?
Ein Rechtsruck in den Gemeinden ist nicht einfach festzustellen, weil die Klassifizierung nach rechts und links außerhalb der Stadtgemeinden, wo jede Liste eine klare Parteizugehörigkeit hat, sehr schwierig ist. Die Süd-Tiroler Freiheit wurde auf jeden Fall salonfähig. Einen Rechtsruck würde ich aber nicht unterschreiben, auch nicht in den Stadtgemeinden, obwohl die Fratelli d'Italia dazugewonnen haben.
Wie von Ihnen angesprochen, musste sich die Lega große Wählereinbußen eingestehen. Die Fratelli d’Italia haben hingegen stark zugelegt. Haben Letztere der Lega ihre Wähler abgeworben?
Das kann man nicht zu 100 Prozent sagen. In jenen Gemeinden, in denen beide Parteien auf dem Wahlzettel standen, halten sich die Gewinne der Fratelli d'Italia und die Verluste der Lega ungefähr die Waage. In Bozen haben die Fratelli zum Beispiel 7,5 Prozentpunkte dazugewonnen, während die Lega 8,3 Prozentpunkte verloren hat. In Meran haben die Fratelli d'Italia hingegen nur 2,5 Prozentpunkte gewonnen, obwohl die Lega fast 10 Prozentpunkte verloren hat. Dafür hat hier die Bürgerliste um Dario Dal Medico 8,7 Prozentpunkte dazugewonnen.
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Die Wahlergebnisse der Lega
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Bei der Pressekonferenz am Montag freute sich der SVP-Parteiobmann Dieter Steger über einen Zuwachs an weiblichen Gemeinderäten. Wie steht es um die Frauenquote in den Gemeindestuben?
Klammert man die beiden Städte Meran und Bozen aus – hier fehlt bekanntlich noch das endgültige Ergebnis – haben wir jetzt eine Frauenquote von ungefähr 30 Prozent in den Gemeinderäten. Das ist im Vergleich zur vergangenen Quote von 25 Prozent ein Anstieg. Auch bei den Bürgermeisterinnen gibt es Zuwachs. Dieses Mal wurden 16 Bürgermeisterinnen gewählt, 2020 waren es nur 12.
Wie sieht es hingegen mit dem Alter der Gemeinderäte aus?
Die allgemeine Altersverteilung hat sich nach den demografischen Kategorien ungefähr gehalten. Nach den vergangenen Wahlen gibt es nun minimal mehr Gemeinderäte, die jünger als 35 sind. Das letzte Mal waren es ungefähr 20,5 Prozent, jetzt sind wir bei einigen Prozentpunkten mehr. Das Durchschnittsalter der Gemeinderäte und Bürgermeister ist dem entgegen jeweils um ungefähr ein Jahr gestiegen. Die Gemeinderäte sind jetzt im Schnitt ungefähr 46,5 Jahre alt, die Bürgermeister 53 Jahre und 8 Monate. 2010 waren die Gemeinderäte noch fünf Jahre jünger, die Bürgermeister sieben Jahre. Es ist also zu erkennen, dass mit dem steigenden Durchschnittsalter der Bevölkerung auch das Alter der Vertreter in den Gemeinderäten steigt. Bezüglich des Alters haben wir auch noch ein paar Besonderheiten. Insgesamt gibt es ab sofort 14 Gemeinderäte unter 25 Jahre und 36 über 65 Jahre. Die Jüngste ist Katharina Zemmer aus Kurtinig mit 19 Jahren und 8 Monaten. Der älteste ist hingegen der 76-jährige Heinrich Untergasser aus Gais.
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Bravo, Max! Das ist der…
Bravo, Max! Das ist der neutrale, datenorientierte Journalismus den es braucht.
Der SVP wird niemand ihren…
Der SVP wird niemand ihren Erfolg absprechen wollen. Dieser relativiert sich freilich, wenn man die niedere Wahlbeteiligung und die Schwemme an weissen und ungültigen Simmen berücksichtigt.
In reply to Der SVP wird niemand ihren… by Hans Punter
Weshalb sollte er sich durch…
Weshalb sollte er sich durch die niedrige Wahlbeteiligung relativieren?
Damit gehört die Demokratie…
Damit gehört die Demokratie zu den Verlierern. Hoffe, dass sich alle Parteien überlegen, wie man dem zunehmenden Phänomen der Wahlmüdigkeit gegensteuern kann.