Politica | Gastbeitrag

„Aufwerten, nicht abschaffen“

Bozens Stadtviertelräte brauchen Reformen – aber keine Abschaffung. Statt schwacher Gremien soll es echte BürgerInnen-Räte geben. Ein Vorschlag in sechs Punkten vom Grünen Gemeinderat Rudi Benedikter als Impuls für Diskussion zur Gemeindewahlen.
Wohnen Bozen
Foto: Seehauserfoto
  • Heute sind die fünf Bozner Stadtviertelräte als „Dezentralisierungsgremien“  der  Institution Gemeinde konzipiert. Die einzelnen Stadtviertel sind einwohnermäßig groß (zwischen 15.000 EW Oberau/Haslach und 31.000 EW Gries/Quirein), geografisch heterogen, die Räte selbst  haben minimale Kompetenzen und noch weniger eigene Finanzen. In ihrer politischen Zusammensetzung sind die heutigen Stadtviertelräte in der Regel ein Spiegelbild des Gemeinderates, sowohl was Parteien als auch Mehrheitslage anlangt. Das führt dazu, dass sie als von den Stadtparteien gelenkte periphere Gremien empfunden werden – und vielfach tatsächlich als solche fungieren... 

    Die Stadtviertelräte sollten hingegen zu einer Einrichtung werden, die in einem konstruktiven, kreativen und basisdemokratischen Austausch mit den BürgerInnen steht, auf Augenhöhe mit jenen, die im Viertel wohnen, sie zum Mitgestalten anregen und in die Verantwortung für ihre Wohnumgebung einbindet, die Nachbarschaftshilfe fördern, kreative Initiativen setzt, welche die Lebensqualität im Viertel fördern. Grundsätzlich sollten die Räte politisch unabhängig von Stadtrat und Gemeinderat werden, dafür aber einen direkteren Zugang zu den Ämtern der Gemeindeverwaltung haben.  Ein Reformvorschlag in 6 Punkten:

    1. Geografische Neudefinition

    Anstelle der heutigen 5 Stadtviertel,  12  kleinere, geografisch homogenere Einheiten: Zentrum = Altstadt |Bozner Boden | Rentsch | Haslach Oberau- Pfarrhof | Quirein | Gries-Stadt | Gries /Berg: Hänge (Guntschna, St. Georgen, Rafenstein) | Europa | Don Bosco-Casanova | „Westend“: Firmian - Grieser Auen | Sigmundskron

    2. Zusammensetzung  der Räte 

    Die Anzahl der Ratsmitglieder sollte reduziert werden von 11 auf neun. Parteiübergreifende Personenwahl ( „Panaschieren“); die Wahl der Räte - und damit deren Amtsperiode -  muss nicht bindend an den Termin der Gemeinderatswahl gekoppelt sein.

    3. Instrumente 

    •  Initiativrecht für alle Angelegenheiten, die ausschließlich das Stadtviertel betreffen: d.h. sowohl gegenüber Stadtrat und Gemeinderat, als auch im direkten Zugriff auf die Gemeindeämter. „Initiativrecht“ heißt: Nur der Gemeinderat kann die StVR-Initiative mit eigenem begründetem Beschluss ev. stoppen oder ändern... Dazu: Bindende Gutachten in Fällen, die ausschließlich das Stadtviertel betreffen.
    • Beratungsrecht bei stadtviertelübergreifenden Themen/Projekten der Gemeinde
    • Referendums-Recht  (dzt. Art. 55-57 der Dezentralisierungsverordnung).
  • Rudi Benedikter: Der Grünen-Gemeinderat fordert mehr Bürgerbeteiligung. Foto: Andy Odierno
  • 4. Kompetenzen – formuliert als „Initiativrecht“  in folgenden Bereichen (Beispiele):

    Öffentliches Grün | Nachbarschaftseinrichtungen | soziale Einrichtungen | verkehrstechnische Maßnahmen (z.B. Rad- und Fußwege, Autobushaltestellen) | Kulturinitiativen | Anlaufstelle als  Bezirks-„Stadtsensor“:  Erste Prüfungsebene der Bürgeranliegen     

    5. Finanzen

    Derzeit  beträgt das eigenverwaltete Jahresbudget eines Bozner Stadtviertels zw. 60.000 und 100.000 €.   In Zukunft sollte das jährliche, eigenverwaltete Budget  auf jeden Fall den genau zu bestimmenden „primären“ Kompetenzen des Stadtviertelrates angepasst sein, (d.h. je nach Größe des neuen Stadtviertels unter Umständen auch verzehnfacht sein).  Dazu: Projektbezogene Beiträge seitens des Gemeindehaushaltes  für einzelne Initiativen.

    6. Zusammenspiel Stadtviertelrat und Stadtrat

    Ein/e “Stadtviertelassessor/in“: Als hauptamtliches und  kontinuierliches  Bindeglied zwischen den beiden Ebenen der Kommunalpolitik – Gemeinderat/Stadtrat „oben“ , Stadtviertelräte „unten“  -  soll ein Mitglied des  Stadtrates  fungieren: Er/sie ist für die formellen Verfahrensabläufe zwischen Stadtviertel-Initiativen und GR/Stadtrat verantwortlich, koordiniert  stadtviertelübergreifende  Projekte und hat in seinem Amt auch eine Person in der Rolle des „Kümmerers“. 

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Salto User
Margot Wittig Ven, 03/07/2025 - 11:44

endlich ein positiver Vorschlag: nur wenn die Stadtviertelräte nicht mehr die Verlängerung der politischen Macht in der Gemeinde sind, die auch weder Kompetenzen noch Gelder haben, sondern in direkter Verbindung mit den BürgerInnen stehen, mit jenen, die im Viertel wohnen, sie zum Mitgestalten anregen und sie in die Verantwortung für ihre Wohnumgebung einbinden, die Nachbarschaftshilfe fördern und kreative Initiativen umsetzen, welche die Lebensqualität im Viertel fördern, wird es auch die Kümmerer geben, welche für die Umsetzung und Betreuung von positiven Projekten notwendig sind. Dann können die Stadtviertelräte zu den "urban spaces" werden, die wir seit vielen Jahren fordern!

Ven, 03/07/2025 - 11:44 Collegamento permanente