Wildpinkeln
Foto: Walkerssk, Pixabay - Montage: SALTO
Società | kalašnikov&valeriana

Wildpinkelei

Von Raummarkierung und männlichem Dominanzverhalten im öffentlichen Raum...
  • In den letzten Monaten bin ich gar einige Kilometer gefahren… Autobahnen, Schnellstraßen, Bergstraßen, Küstenstraßen, Landstraßen, und das zu jeder Tag- und Nachtzeit. Manchmal sogar romantisch auf Tour im Sonnenuntergang. Oft, wirklich oft, war das Panorama zwar überwältigend, aber auch geprägt von Männern neben ihren am Straßenrand geparkten Autos. Mit dem Rücken zur Fahrbahn und den Händen auf Penishöhe. 

     

    „Wahrscheinlich wird Männern der Freibrief zum Wildpinkeln direkt mit dem Penis in die Wiege gelegt.“

     

    Dreimal dürft ihr raten! Ja, es waren Penisse beim Wildpinkeln. Natürlich beschränkt sich dieses Phänomen nicht nur auf die Straßenränder, da stört es mich weniger. Allerdings betrifft es den gesamten öffentlichen Raum: Wenn die Blase drückt, dann wird dem Urinstinkt männlich nachgegeben. Egal wo. Immer und überall. Park, Baum, Hauseingang, Hauswand … Wer sich daran stört, kann ja wegschauen! Denn Männern gehört die Welt, wahrscheinlich wird ihnen auch der Freibrief zum Wildpinkeln direkt mit dem Penis in die Wiege gelegt. Und, das nehme ich vorweg: Der Freibrief kommt nicht nur zum Einsatz, wenn es an öffentlich Toiletten fehlt. Wie sonst können wir uns die Wildpinkelei an die Wand der Raststätten-Toiletten erklären?

    Schon mal überlegt, wie unhygienisch das ist? Ich kann mir kaum vorstellen, dass jene, die mir auf die Hintertür meiner Bozner Arbeitsstelle pinkeln, sich dann die Hände mit Feuchttüchern putzen. Ganz zu schweigen von der geruchsintensiven Sauerei, die dann ja auch von irgendwem beseitigt wird (oft genug von mir, wenn der Urin über die Schwelle direkt in mein Parterre-Büro rinnt).

    Dieses Dominanzverhalten spricht davon, wie Männer sich im öffentlichen Raum fühlen, wohler als Frauen, und wie sie diesen Raum für sich beanspruchen, nicht nur durch Wildpinkeln, sondern auch durch eine weite Sitzpositionen, durch lautes Verhalten, durch freizügigere Kleidung und eben durch geradezu bestialische Raummarkierung. Respekt vor öffentlichem Raum und Mitmenschen kommen in der Ausübung von Macht schlichtweg zu kurz.