Der Machtwechsel ist vollendet

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Der Machtwechsel ist vollendet: Nachdem Maria Hochgruber Kuenzer nach ihrer Wahlniederlage 2023 als Landesrätin für Raumordnung abtreten musste, folgt nun mit Virna Bussadori die zweite Frau, die als Abteilungschefin aus der Reihe tanzte. Während altbekannte Lobbys wieder stärkeren Einfluss gewinnen, droht das Gemeindeentwicklungsprogramm (GEP) – eigentlich als Leitlinie für nachhaltige Siedlungsgrenzen gedacht – zum bloßen Papiertiger zu verkommen.
Denn das Raumordnungsgesetz liegt nun in den Händen von Umweltlandesrat Peter Brunner und dem neuen Direktor für Natur, Landschaft und Raumentwicklung Florian Zerzer. Hinter vorgehaltener Hand ist man in Kreisen der Landwirtschaft froh über diesen Wechsel. Die strikte Auslegung der Gesetze unter Zerzers Vorgängerin Bussadori und dem ehemaligen Ressortdirektor Frank Weber hat so manchen Bürger im Land äußerst verärgert.
Bussadori ist als renommierte Fachfrau für Urbanistik bekannt. Ihr Ehrgeiz und ihre Zielstrebigkeit hat sie als eine der wenigen Frauen in eine Spitzenposition der Landesverwaltung gebracht. Ihre politische Vorgesetzte war die ehemalige Landesrätin für Raumordnung Maria Hochgruber Kuenzer. Die SVP-Politikerin aus dem Pustertal gilt als empathisch und eigenwillig. Vielleicht weil sie die Kritik aus der Bevölkerung verstehen konnte und sich nicht vereinnahmen ließ.
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Denn während umstrittene Großprojekte genehmigt wurden, hatte die öffentliche Hand bei leichten Verstößen gegen die Bauordnung kein Verständnis. „Nur weil ein Bürger in seiner Almhütte einen Herd hingestellt hat, hat sich der Forstdienst eingeschaltet, weil es keine Kochhütte ist“, kritisiert etwa ein Funktionär aus der Landwirtschaft, der mit Fragen der Raumordnung bestens vertraut ist. Gleichzeitig werden gut gelegene alte Kochhütten um bis zu zwei Millionen Euro an Wohlhabende verkauft. Wer sich die Sommerfrische in den Südtiroler Alpen leisten kann, greift zu.
„Umweltschutz wird nur dann geltend gemacht, wenn es den eigenen Interessen dient“, kritisiert der Funktionär. Ob ein Klettergarten in einer Gefahrenzone oder eine Zufahrtsstraße zur Alm – in Raumordnungsfragen müsse eigentlich das Eigeninteresse mit dem Landschaftsschutz abgewogen werden. Projekte und Anliegen der Bürgerinnen und Bürger hätten aber häufig von vornherein eine Absage erhalten – trotz der Bemühungen von Hochgruber Kuenzer. Namhafte Unternehmer hätten für ihre Belange hingegen Gespräche mit Spitzenbeamten bevorzugt.
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Schwieriges Erbe
Hochgruber Kuenzer musste das noch unvollständige Gesetz für Raum und Landschaft, das unter ihrem Vorgänger Richard Theiner im Jahr 2018 verabschiedet worden war, mit Durchführungsbestimmungen der Landesregierung ergänzen. Damit wurde das Gesetz ein gefundenes Fressen für starke Interessensverbände im Land. Auch wenn die Erarbeitung des GEP samt neuer Siedlungsgrenzen in den Gemeinden die Blaupause für mehr Nachhaltigkeit hätte werden können. „Wir wissen, dass wir in der Landespolitik zwei, drei große Lobbyvereine haben. Siehe HGV und Bauernbund“, sagte kürzlich der Präsident des Südtiroler Alpenvereins (AVS), Georg Simeoni, gegenüber der Tageszeitung.
Der AVS hat sich gegen die Ernennung von Zerzer ausgesprochen, da die Zusammenarbeit mit Bussadori konstruktiv gewesen sei. Anders hingegen hat die Aussendung des Gemeindenverbandes gelautet, der Unklarheiten und die langwierige Bearbeitung von Bauleitplanänderungen kritisierte. Auch Hochgruber Kuenzer soll mit ihrer eigenen Abteilungschefin nicht warm geworden sein.
Dass Führungsaufträge nicht erneuert werden, ist mit dem Fall von Bussadori eine Premiere, die in der Südtiroler Landesverwaltung einen tiefen Eindruck hinterlassen hat. Das neue Führungskräftegesetz macht es möglich: Schließlich ist in Artikel 6 für Führungskräfte erster Ebene wie Direktorinnen und Direktoren von Ressorts und Abteilungen festgehalten, dass der Auftrag für mindestens drei Jahre und nicht mehr als fünf Jahre vergeben werden darf und dann erneuert werden muss. Früher hingegen war ein Abteilungsdirektor bis zu seiner Pensionierung im Dienst, außer es wurden schwerwiegende Vergehen wie Korruption nachgewiesen.
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Dass Bussadori gehen musste, hat Signalwirkung: Wer als Führungskraft nicht liefert wie gewünscht, wird abbestellt. Nachdem Hochgruber Kuenzer bei den Landtagswahlen 2023 abgestraft wurde, geht nun auch Bussadori. Die beiden Frauen haben offenbar nicht das getan, was sich Landespolitik und Lobbys wünschen – zu Verbündeten sind sie allerdings auch nicht geworden.
Landeshauptmann Arno Kompatscher und der Gemeindenverband haben im Juli 2025 beschlossen, dass die zeitliche Frist von 36 Monaten für den Abschluss des GEP aufgehoben wird. Nun ist die Befürchtung groß, dass das Raumplanungsinstrument zum „Papiertiger“ wird, wie der Bozner Stadtplaner Winfried Theil auf SALTO schreibt. Außerdem kann das GEP nun weiter auf die lange Bank geschoben werden.
„Bisher hatten die Gemeinden drei Jahre Zeit, um einen Entwurf des GEP auszuarbeiten. Jetzt hat die Landesregierung diese Frist gestrichen“, kritisiert die Landtagsabgeordnete Madeleine Rohrer (Grüne). Für jedes GEP müssen Einzelinteressen und Gemeinwohl abgewogen und die Siedlungsgrenzen festgelegt werden. „Ohne Plan dagegen lässt es sich einfach weiter wursteln und die zahlreichen Schlupflöcher und Übergangsbestimmungen nutzen, wie's grad passt – es gibt ja noch keinen Plan, der dem entgegensteht“, so Rohrer.
Für die Finanzierung von 50 oder 80 Prozent können die Gemeinden laufend bis 31. Oktober 2025 und spätestens innerhalb der Verfallsfrist von 30. Juni 2026 ihren Antrag einreichen, sofern sie mit mindestens zwei Gemeinden zusammenarbeiten. Bisher haben erst Ratschings, Bruneck und Taufers im Münstertal ein fertig genehmigtes GEP. Das Ressort von Brunner erwartet, dass innerhalb dieses Jahres ein Viertel der Gemeinden das GEP abschließt.
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Mit Brunner und Zerzer sind…
Mit Brunner und Zerzer sind genau die richtigen am Ruder. Liebe Südtirolerinen und Südtiroler lasst euch überraschen was auf uns zukommt.
Was fuer ein Quatsch,die…
Was fuer ein Quatsch,die Kuenzer ist abgewaehlt worden und damit basta.En passant gesagt war sie stark,stark incompetent.