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Brixens Lösung für die Wohnungsnot

Bürgermeister Andreas Jungmann will mit der KVW Arche rund 50 Wohnungen für den Mietmarkt schaffen. Auf der Fläche einer alten Gärtnerei soll das Projekt umgesetzt werden – um vor allem für systemrelevante Berufsgruppen ein Angebot zu schaffen.
Brixen
Foto: Seehauserfoto
  • Die Gemeinde Brixen will in den Mietmarkt einsteigen. Die Fläche dafür befindet sich im Zentrum der Stadt neben der Reatto-Kaserne, gegenüber des Zentralparkhauses. Wo früher eine Gärtnerei im landwirtschaftlichen Grün stand, sollen rund 10.000 Kubikmeter verbaut werden, um 45 bis 55 Wohnungen zu errichten. Der Baugrund ist durch das Umwidmungsverfahren zu 60 Prozent an die Gemeinde übergegangen, die restlichen 40 Prozent sind für den freien Markt vorgesehen und bereits verbaut. 

     

    „Bei dem Wohnprojekt geht es darum, durch Rationalisierung günstigen Wohnraum zu bauen.“ 

     

    Im Unterschied zu anderen Projekten des geförderten Wohnbaus will Bürgermeister Andreas Jungmann (SVP) hier explizit Wohnungen zum Vermieten schaffen. Da sich die Frage stellt, wer die Vermietung der Objekte langfristig verwaltet, führt die Gemeinde derzeit mit verschiedenen Partnern Gespräche. 

    Geplant ist die Gründung einer gemeinnützigen Organisation in Zusammenarbeit mit der Arche des KVW. Auch der Raiffeisenverband könnte Partner bei der Umsetzung des Projekts werden. „In Vorarlberg schaffen sie es eine 50 Quadratmeter große Wohnung ohne Einrichtung für circa 500 Euro warm zu vermieten“, sagt Jungmann. Das müsse auch in Südtirol machbar sein, ist er überzeugt.

  • Das Projekt

    Andreas Jungmann: „Wir sind der Meinung, dass heute vor allem viele junge Leute kein Auto mehr haben.“ Foto: Andreas Jungmann/Facebook

    Der Nachfolger des langjährigen Bürgermeisters Peter Brunner, der bekanntlich nun Landesrat für Raumordnung und Umwelt ist, erklärt: „Bei dem Wohnprojekt geht es nicht darum ein architektonisches Schmuckstück zu schaffen, sondern durch Rationalisierung günstigen Wohnraum zu bauen.“ Konkret bedeutet das, dass der Grundriss des vier- oder fünfstöckigen Gebäudes nicht nach Stockwerk variiert, sondern die Wohnungen mit derselben Raumaufteilung geplant werden – das erleichtert die Bauarbeiten, wie die Verlegung von Rohrleitungen, um Kosten zu sparen. 

    Zudem soll das Projekt ohne unterirdische Garagen auskommen, da unterirdische Bauarbeiten in der Regel rund 30 Prozent der Kosten ausmachen. Zwar schreibt das Gesetz einen Autoabstellplatz pro 200 Kubikmeter Wohnraum vor, aber dieser kann sich auch in 300 Meter Entfernung befinden. „Da das Zentralparkhaus mit knapp 600 Autoabstellplätzen gleich in der Nähe ist, kann dort ein Stellplatz gemietet werden“, erklärt Jungmann. „Wir sind der Meinung, dass heute vor allem viele junge Leute kein Auto mehr haben und wir wollen so kostengünstig und nachhaltig wie möglich vorgehen.“ 

     

    „Systemrelevante Berufsgruppen müssen leistbare Wohnungen finden können.“

     

    In Sachen Nachhaltigkeit kommt es beim Bauen darüber hinaus auf die Wahl der Materialen an, beispielsweise Beton und Holz. Der Befall des Borkenkäfers hat die Holzqualität in Südtirol beträchtlich gemindert, die Biomasse müsste also importiert werden. Zudem ist Beton bei der Langlebigkeit schwer schlagbar. „Wir wollen bei diesem Projekt in Zusammenarbeit mit den Landesämtern und dem Südtiroler CAN-Cluster ‚Holz & Technik‘ prüfen, welche Baustoffe eine bessere Klimabilanz aufweisen“, verspricht Jungmann. Genauere Details will er noch nicht nennen. 

    In der Zwischenzeit sind weitere Gespräche geplant, etwa mit der Südtiroler Firma Progress in Brixen. „Sie hat in Wien Aufträge für Wohnanlagen erhalten und ein System entwickelt, mit dem kostengünstig gebaut werden kann“, erklärt der Bürgermeister.

    Bevor das Bauprojekt im Brixner Stadtzentrum offiziell dem Gemeinderat und der Öffentlichkeit vorgestellt wird, müssen jedoch noch rechtliche Details geprüft werden. Nicht zuletzt hängt die Machbarkeit auch von den neuen Bestimmungen zum Wohnbau ab, die im nächsten Jahr von der Landesregierung vorgestellt werden und die Wohnungsnot lindern sollen.  

  • Das Krankenhaus in Brixen: Die neuen Mietwohnungen sollen vor allem für Krankenpfleger oder Kindergärtnerinnen zur Verfügung stehen. Foto: Seehauserfoto
  • Mietmarkt in Südtirol

    Leonhard Resch, Referatsleiter der Arche im KVW, betont gleichzeitig die Dringlichkeit des Projekts: „Der gemeinnützige Mietwohnbau fehlt in Südtirol. Sowohl bei den Gemeindewohnungen als auch beim Institut für sozialen Wohnbau (Wobi) mangelt es an Flexibilität, um auf neue Bedürfnisse einzugehen.“

    In Südtirol macht der Mietmarkt nur 25 Prozent aus, mit rund 62.500 Haushalten von insgesamt knapp 250.000 Haushalten. Im Vergleich dazu wohnen in der Schweiz 58 Prozent der Menschen in einer Mietwohnung. Von dem vermieteten Anteil sind wiederum ein Viertel Wobi-Wohnungen in Südtirol. Das Wobi habe laut Resch in den vergangenen Jahrzehnten gut gearbeitet, aber heute müsse die soziale Durchmischung gefördert und der soziale Wohnbau auch für die Mittelschicht geöffnet werden. 

    Das habe wiederum positive Folgen auf den seit Jahren herrschenden Fachkräftemangel. „Systemrelevante Berufsgruppen müssen leistbare Wohnungen finden können, ob Krankenschwester oder Kindergärtnerin“, erklärt Resch. Mit dem Bau von Mietwohnungen in Brixen soll genau diese Zielgruppe erreicht werden. 

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Josef Ruffa Mar, 12/10/2024 - 12:29

Bin der Meinung, man sollte das Wort systemrelevant spärlichst benutzen. Schließlich geht es um Menschen.
Unabhängig davon ist das Thema mit dem "leistbaren Wohnen" schon interessant. Es gab die Eisenbahnerwohnungen, es gab Wohnungen für Angestellte der Südtiroler Landessparkasse, nur um zwei Kategorien zu nennen.
Diese Mitarbeiter kamen so zur leistbaren Mietwohnung.
Vielleicht sollten alle "kleiner Brötchen backen" und sich mit dem begnügen, was man leistbar bekommt.
In der Gegend um Bergamo entstand vor ganz langer Zeit, um das Problem der Wohnungen für die Arbeiter zu lösen, eine ganze Siedlung "villaggio operaio di Crespi d’Adda" (Villaggio Crespi d'Adda è una vera e propria cittadina completa costruita dal nulla dal padrone della fabbrica per i suoi dipendenti ).
Probleme gab es früher, Probleme gibt es heute, Wie viele Arbeitgeber heute, würden für das Personal (das so leicht heute nicht zu finden ist) Wohnungen erbauen und zur Verfügung stellen?

Mar, 12/10/2024 - 12:29 Collegamento permanente
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Salto User
Cicero Mar, 12/10/2024 - 13:36

In risposta a di Josef Ruffa

Ich persönlich finde den Grundgedanken gut. Leistbarer Wohnraum, vor allem in diesem Umfang, kann vielleicht die Preise auf dem Wohnungsmarkt allgemein drücken. Nichtsdestotrotz bleibt weiterhin das Problem der ortsfernen Zweitwohnungsbesitzer, das dringend, nicht nur in Brixen, angegangen gehört. Was das Thema "kleinere Brötchen backen" angeht, würde ich allgemein zustimmen. Die nächsten Jahre dürften wirtschaftlich etwas "holpriger" werden und etwas vom hohen Südtiroler Ross runtersteigen würde uns (ich schließe mich ausdrücklich mit ein) allen gut tun.

PS: Mit dem Wort systemrelevant wäre ich auch vorsichtig, aber aus einem anderen Grund. Ich verstehe durchaus den Gedanken dahinter und die Wichtigkeit von Erziehern, Pflegekräften, Polizisten usw. Mit Blick auf meine jährliche Steuererklärung würde ich mich aber auch als nicht ganz "systemunrelevant" bezeichnen und vielen anderen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern dürfte es ähnlich ergehen.

Mar, 12/10/2024 - 13:36 Collegamento permanente
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Michael Kerschbaumer Mar, 12/10/2024 - 16:35

Gratuliere. Zu allererst vorhandene Kubator für die Spekulation und den Tourismus ausweisen und die Löcher die übrig sind für den leitbaren Wohnraum grosszügierweise zur Verfügung stellen. Wann wird in Brixen wieder gewählt?

Mar, 12/10/2024 - 16:35 Collegamento permanente