Politica | Immersion, Schule, Muttersprache und Dialekt
....warum schreiben immer mehr Südtiroler Dialekt oder warum wird immer öfter nur die Kleinschreibung benützt ?
Avvertenza: Questo contributo rispecchia l’opinione personale dell’autore e non necessariamente quella della redazione di SALTO.
Foto: Privat
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Lieber Herr Hopfgartner
Sie können sich sicher vorstellen, dass ich diese meine Behauptung nicht aus der Luft gegriffen habe, sie beruht auf Erzählungen (habe zwei schulpflichtige Kinder) und Gesprächen mit Freunden. Habe nichts gegen Dialekt, aber Dialekt im Unterricht sollte vermieden werden. ....i woas net, ob i mi klor ausgedrukt hon. Kurt Duschek
Wo er Recht hat ...
Mit Grausen empfange ich bisweilen die herzigen SMS meiner lieben Cousinchen: im heftigsten Dialekt und wildester Phonetik löst sich die eigentliche Botschaft auf zugunsten meines ungläubigen Erschauderns, sogar mein Handy leidet.
Ich finde unseren Dialekt wunderbar zum verbalen informellen Austausch in Arbeit, Familie und Freizeit. Vieles was zwischen Brenner und Kurtinig passiert lässt sich gar nicht anders ausdrücken.
Aber in schriftlicher, öffentlicher, medialer und schulischer Kommunikation finde ich das Hochdeutsch unerlässlich. Gerade wenn man sich schon so vehement auf sein Deutschtum beruft soll man doch bitte auch dessen höhere Ausdrucksform beherrschen oder sich zumindest darum bemühen.
Doch 25 Jahre von der Politik als Vorbild betriebene Nabelschau und Mir-sein-Mir tragen nun die falschen Früchte in Form von weltabgewandter Selbstüberschätzung und mental-kultureller Abkapselung.
NSA
also ich freue mich, wenn sich die NSA bei meinen SMSs und Emails in breitestem Dialekt ein bissel anstrengen muss. Autokorrektur einmal abgeschaltet leidet mein Handy auch nicht mehr und so manche Kommunikation wirkt irgendwie sofort privater und intimer. Das steht doch jetzt nicht im Widerspruch, ob ich Hochdeutsch beherrsche, und ich schließe bei einer Punkt-zu-Punkt-Kommunikation alà SMS doch niemanden aus - und lustig ist es obendrein. Ich verstehe die Aufregung wohl nicht.
Sprache in Bewegung
Dialekt und Hochsprache sind für mich unbedingt ein Fall von "sowohl-als-auch" und nicht von "entweder-oder". Ich sehe überhaupt kein Problem darin, wenn der Dialekt in persönlichen SMS oder E-Mails verwendet wird. (Ich bin mir sicher, dass der Dialekt in förmlicher, offizieller bzw. geschäftlicher Korrespondenz kaum vorkommt).
Dialekt hat sich in SMS und E-Mails meines Erachtens aus mehreren Gründen durchgesetzt:
1. SMS und E-Mails sind der mündlichen Konversation sehr nahe, ja ersetzen diese bisweilen. Ergo verwendet man auch die selben Ausdrucksmittel.
2. SMS und E-Mails sind oft privater bzw. persönlicher Natur. In dieser Form der Konversation ist der Dialekt viel nuancenreicher als die Hochsprache, da er eng mit unserem Umfeld und unserer Kultur verknüfpt ist.
3. Dialekt ist meist unsere Muttersprache und somit die Sprache der Intimität. Hochdeutsch hingegen ist die Sprache der Distanz.
4. Obwohl SMS und E-Mails oft "verschriftliche" Konversation sind, mangelt es der Schriftsprache daran, unkompliziert Emotionen bzw. Gefühle auszudrücken. SMS, aber auch Twitter-Nachrichten, verfügen über eine begrenzte Anzahl von Zeichen. Daher behilft man sich des Dialektes, welcher diesbezüglich viel effizienter ist, wie auch der Emoticons.
Ich sehe in diesem Phänomen und auch in der kleinschreibung überhaupt keinen verfall unserer sprache. es sind vielmehr zusätzliche neue aspekte, die unser konversationsverhalten bereichern und vielfältiger machen.
überdies finde ich es wunderbar, wenn menschen aufgrund ihrer sprachfärbung ein statement über ihre herkunft abgeben.
ich gehe sogar so weit zu sagen, dass überregionale umgangssprache sogar in manch formellem umfeld passender ist, als ein unnatürlich klingendes hochdeutsch.
@ alfons
wie kann ein sms "wildeste phonetik" aufweisen? phonetik und schrift - das geht nicht zusammen.
"Gerade wenn man sich schon so vehement auf sein Deutschtum beruft soll man doch bitte auch dessen höhere Ausdrucksform beherrschen oder sich zumindest darum bemühen."
1. ich verstehe die verknüpfung von "deutschtum" und hochsprache nicht ganz
2. ich finde nicht, dass es zwischen dialekt und hochsprache ein hierarchisches verhältnis gibt. vor allem deshalb nicht, da die festlegung, was hochsprache und was nicht hochsprache ist, eine völlig zufällige und willkürliche war und ist. dass die hochsprachliche bezeichnung für eine pflanze mit stamm "baum" und nicht "baam" ist, haben wir dem zufall zu verdanken. mit etwas mehr glück vor ein paar hundert jahren müssten wir diese diskussion hier und jetzt gar nicht führen, denn dann hätte sich damals das südbairische als hochsprache herauskristallisiert und wir wären heute hochdeutsche muttersprachler.
3. wer sagt dir denn, dass die ganzen dialekt- und kleinschreiber, die hochsprache nicht beherrschen? ich verwende bei vielen (schriftlichen) gelegenheiten dialekt und kleinschreibung, bilde mir jedoch ein, des deutschen einigermaßen mächtig zu sein.
Zum Thema Sprachdynamik hab ich hier auf salto.bz zwei Beiträge verfasst. Wer Lust hat, kann sie sich ja mal durchlesen:
http://www.salto.bz/de/article/16052013/sprache-bewegung-2
http://www.salto.bz/de/article/16052013/sprache-bewegung
In risposta a Sprache in Bewegung di Harald Knoflach
Ich verstehe deine
Ich verstehe deine Argumentation und sie ist ja durchaus redlich. Mein Punkt ist halt dass ich die verstärkte Zuwendung zum verschriftlichen Dialekt als Ausdruck einer geistigen Introvertiertheit und Überbetonung des Provinziellen deute und deswegen nicht positiv bewerte.
In risposta a Sprache in Bewegung di Harald Knoflach
lieber alfons
ich verstehe deine interpretation, teile sie jedoch nicht.
ich habe nicht den eindruck, dass die heutige generation mehr dialekt und schlechter hochdeutsch spricht als ihre vorgängergenerationen. im gegenteil. die jugendlichen sind im umgang mit sprache (ich habe beruflich mit jugendlichen zu tun) sehr flexibel und haben durchaus ein gespür, in welchen situationen welche diktion angebracht ist.
wobei wir uns einig sind, dass dialektsprechen grundsätzlich ja nichts schlechtes ist. daher sehe ich auch dieses wiederaufleben des dialektes - sollte es tatsächlich ein solches sein - mehr als eine art korrektiv zur globalisierten umgebung, in der sich die jugendlichen mehr als jede andere generation vor ihnen befinden. das hat aber wenig mit provinzialität oder introversion zu tun, zumal dieses phänomen sich ja nicht auf den ländlichen raum oder südtirol beschränkt. in einer welt, in der kulturelle unterschiede (und dazu zähle ich sprache) verwischen, kommt es eben zur betonung von manchen eigenheiten. (der regionalismus - regionale produkte, kurze transportwege, entscheidungen nahe an den bürgern - als reaktion auf die globalisierung ist meines erachtens ein vergleichbares phänomen. wobei ich als "regionalist" eben nicht notwendigerweise provinziell und introvertiert sein muss und auch werte wie multikulturalität zu schätzen weiß. es ist - wie ich in meinem anfangsstatement schrieb ein "sowohl-als-auch", kein "entweder-oder".
außerdem ist es seit anbeginn der welt ein wesensmerkmal von jugendkultur, dass sie sich abgrenzt und bisweilen schockiert oder provoziert. man könnte das also auch als infragestellen der normen interpretieren. als eine art unangepasstheit. diese unangepasstheit halte ich in manchen phasen des lebens für extrem wichtig. nur das infragestellen des status quo ermöglicht fortschritt und positionierung.
In risposta a Sprache in Bewegung di Harald Knoflach
So weit sind wir nicht
So weit sind wir nicht auseinander: für mich ist der geschriebene Dialekt vermutlich mehr ein ästhetisches Problem als ein politisches. Ebenso verstehe ich das Betonen von Regionalismen als Reaktion auf die Effekte der Globalisierung. Ich finde das gut.
Im politischen bin ich dann aber eher für grössere Strukturen als kleinere (um es unpolemisch auszudrücken :-)).
In risposta a Sprache in Bewegung di Harald Knoflach
ok
"für mich ist der geschriebene Dialekt vermutlich mehr ein ästhetisches Problem als ein politisches"
das kann ich verstehen. das phänomen hat mehr mit den sich verändernden kommunikationsmöglichkeiten denn mit einem "verfall" der sprachkultur zu tun.
"Im politischen bin ich dann aber eher für grössere Strukturen als kleinere "
da bin ich ebenfalls wieder beim "sowohl-als-auch" und nicht beim "entweder-oder". meines erachtens brauchen wir in europa eine auf wahren gewaltengeteilten einrichtungen basierende vereinheitlichung der grundregeln bei gleichzeitiger wie radikaler regionalisierung der entscheidungsbefugnisse, wie diese grundregeln anzuwenden sind. im moment ist es so, dass wir zwar auf dem gleichen spielfeld, aber nach unterschiedlichen regeln spielen. zugleich passiert die regelauslegung - d.h. die entscheidungen mit unmittelbarer betroffenheit für die bürger - auf zu zentralistischer (um nicht zu sagen schwerfälliger) ebene.
1. wir müssen eine wahre europäische legislative schaffen (zweikammernparlament, das nicht bloß erfüllungsgehilfe nationalstaatlicher exekutiven ist, die legislative spielen).
2. wir müssen das bereits existierende subsidiaritätsprinzip der eu stärken, indem wir die verwaltungseinheiten, die unterhalb der eu agieren, radikal verkleinern.
In risposta a Sprache in Bewegung di Harald Knoflach
Ich finde der Kurt hat einen
Ich finde der Kurt hat einen liebenswerten Akzent und seine originellen Beiträge möchte ich nicht missen. Etwas anderes ist Mundart oder Dialekt. Ich bin auch der Meinung, dass in der Schule Wert auf korrektes Deutsch gelegt werden sollte, genauso wie auf korrektes Italienisch. Ich liebe die verschiedenen italienischen Dialekte, aber manche sind durchaus unverständlich und im öffentlichen Gebrauch nicht denkbar. Die Sprache hat eben bestimmte Regeln, das verbietet ja ihren kreativen Gebrauch im Privaten nicht. Ich ärgere mich auch jedesmal, wenn ich im schweizer Fernsehen kein Wort verstehe.
• A propos der von Harald
• A propos der von Harald erwähnten überregionalen Umgangssprache: Was spricht denn Herr Duschek in seinen Videos anderes als eine überregionale Umgangssprache mit Tiroler Akzent? Seiner eigenen Aufforderung zufolge müsste man ihm das... verbieten!? Jedenfalls aber wird er seinen eigenen Ansprüchen nicht gerecht.
• Und bezüglich Kleinschreibung: Der Südtiroler Dichter Norbert C. Kaser schrieb fast ausschließlich klein — hatte er etwa Schwierigkeiten mit der deutschen Orthografie? Wohl kaum...
In risposta a • A propos der von Harald di pérvasion
...meine Aussprache und...
habe mit großem Interesse alle diese Beiträge gelesen und dabei interessante Blickwinkel vermittelt bekommen. Wenn jemand seine Meinung zu einem Thema sagt, so ist das absolut richtig, wissens- und begrüßenswert. Dass ich keine bessere Aussprache habe verdanke ich wahrscheinlich meiner bescheidenen Schulbildung, trotzdem werde ich nicht schweigen, denn jeder der will kann meinen Beitrag auschalten oder den Kommentar nicht lesen. Gott sei Dank leben wir in einer Demokratie, wo der Ausdruck einer Meinung nicht nur Maturanten, Doktoren, Politikern und höheren Gelehrten vorbehalten ist. Ich werde nicht aufhören zu lernen, begrüße Vorschläge und Ideen und werde und will sicherlich nicht belehren. Kurt Duschek
In risposta a • A propos der von Harald di pérvasion
passt
lieber kurt,
pérvasion möge mir widersprechen, aber sein posting war keine kritik an deiner sprache sondern an deiner botschaft. an deiner sprache ist überhaupt nichts auszusetzen. die passt so wie sie ist.
In risposta a • A propos der von Harald di pérvasion
Ich finde der Kurt hat einen
Ich finde der Kurt hat einen liebenswerten Akzent und seine originellen Beiträge möchte ich nicht missen. Etwas anderes ist Mundart oder Dialekt. Ich bin auch der Meinung, dass in der Schule Wert auf korrektes Deutsch gelegt werden sollte, genauso wie auf korrektes Italienisch. Ich liebe die verschiedenen italienischen Dialekte, aber manche sind durchaus unverständlich und im öffentlichen Gebrauch nicht denkbar. Die Sprache hat eben bestimmte Regeln, das verbietet ja ihren kreativen Gebrauch im Privaten nicht. Ich ärgere mich auch jedesmal, wenn ich im schweizer Fernsehen kein Wort verstehe.
Solange in den Medien, bei
Solange in den Medien, bei Interviews usw. zumindest noch klar getrennt wird - also ganz klar entweder von Anfang bis Ende Dialekt oder Schriftdeutsch - ist für mich alles in Ordnung. Leider scheinen viele Ihrer Politiker-Kollegen und auch Sie selbst sich dieser Abgrenzung nicht immer bewusst zu sein. Und jetzt bitte keine Belehrungen bzgl. bozner Einfluss usw. .