Politica | Eindrücke

Ricordati di noi...

So kurz der Besuch von Sergio Mattarella auch war, umso eindrücklicher hat er unter Beweis gestellt, dass sich der Staatspräsident in Südtirol zu bewegen vermag.
Sergio Mattarella
Foto: LPA/Maja Clara

“Arriva, arriva!” Er lässt es sich nicht nehmen, die Passerpromenade zu Fuß herunter zu spazieren. Flankiert von Landeshauptmann Arno Kompatscher und Merans Bürgermeister Paul Rösch nähert sich der hochrangige Ehrengast am Sonntag Vormittag dem Kurhaus. Eine Horde von Sicherheitsleuten und seine Leibgarde sorgen dafür, dass sich niemand Sergio Mattarella ungebeten nähert. Der Staatspräsident lässt es sich dennoch nicht nehmen, die Zaungäste zu begrüßen. Hinter dem Gitter wird vorwiegend italienisch gesprochen. “Si ricordi di noi, della piccola minoranza italiana!”, fleht eine Frau.

Lächelnd und winkend wendet sich Mattarella ab. Von seinem Gesicht lässt sich nicht ablesen, ob er die Worte ernst nimmt. Er gibt sich staatsmännisch. Und färbt damit auch auf den Landeshauptmann ab.
Arno Kompatscher genießt es sichtlich, den hohen Gast auf die Trachtenträger, die Psairer Schildhöfler und die Fahnenträger, die Spalier stehen, hinzuweisen. Mattarella lauscht aufmerksam, zeigt sich interessiert. Stolz bläst die Musikkapelle Algund zum Marsch, während vor dem Eingang ein Carabiniere salutiert.
Zwei so unterschiedliche Welten scheinen am Sonntag in Meran aufeinander zu treffen – und doch passt alles irgendwie zusammen. Respektvoll und freundschaftlich läuft die erste offizielle Begegnung des Staatspräsidenten mit der Südtiroler Lebenswelt ab.

Dabei kennt Sergio Mattarella das Land gut, war zuletzt im Sommer 2016 auf Urlaub in Wolkenstein gewesen. 2001 wurde der “Sizilianer mit Londoner Blässe”, wie Gian Antonio Stella Mattarella einmal bezeichnete, im Wahlkreis Trentino-Südtirol ins Parlament gewählt. Nach seiner Wahl ins höchste institutionelle Amt des Staates, Anfang 2015, hatte sich Landeshauptmann Kompatscher zuversichtlich gezeigt: “Sergio Mattarella wird ein Staatspräsident sein, der ein offenes Ohr für unsere autonomiepolitischen Anliegen hat.”
Kompatscher sollte Recht behalten. Einige Händedrucke und viel Applaus später tritt Sergio Mattarella am Sonntag hinter das Rednerpult im Kursaal. Während der Mameli-Hymne, die das Landesjugendblasorchester zuvor gespielt hatte, war der Staatspräsident aufrecht und stumm vor seinem Stuhl gestanden.

Als erster Redner hatte der Landeshauptmann ausführlich die Geschichte der Südtiroler Autonomie nachgezeichnet. Wegen deren “Erfolgsgeschichte” war man ja überhaupt erst in Meran zusammen gekommen.
Für Mattarella sind die 25 Jahre, die seit der Streitbeilegung zwischen Österreich und Italien vergangen sind, ein Grund zu feiern. “Nie mehr Hass oder Unterdrückung! Sondern Öffnung, Zuhören, gegenseitiger Respekt, Verständnis und Dialog!” wird der Staatspräsident in seiner Rede fordern. Südtirol und seine Autonomie seien vorbildhaft, damals wie heute: “Hier hat es sich gezeigt – und es zeigt sich immer noch –, dass die Vergangenheit, wie schmerzhaft sie auch sein gewesen mag, überwunden werden kann; dass sich Streitigkeiten in Zusammenarbeit verwandeln können; dass Grenzen keine Hürden sind.” Mattarella fasst sich kürzer als die beiden anderen Festredner. Doch ebenso wie Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Landeshauptmann Arno Kompatscher blickt er mit Zuversicht in die Zukunft, jene der Autonomie.

Die offiziellen Feierlichkeiten im Kursaal gehen vorzeitig zu Ende. Noch einmal Händeschütteln mit den Ehrengästen in den ersten Reihen – darunter auch der Altlandeshauptmann. Luis Durnwalder hatte die rund einstündige Zeremonie schräg hinter Sergio Mattarella gesessen. Mögen sie vom Wesen und Auftreten noch so verschieden sein, der amtierende Landeshauptmann zählt sowohl Mattarella als auch Durnwalder zu jenen “Namen, die untrennbar mit der Entwicklung, dem Ausbau und der Absicherung der Autonomie verbunden (sind)”.

Dann wird der Staatspräsident – erneut unter lautem Applaus – aus dem Kursaal geleitet. Die Journalisten dürfen die Tribüne nicht verlassen solange der Präsident noch im Haus ist. Dann, gegen Mittag, steigt Mattarella in den Wagen, der ihn wieder zum Bozner Flugplatz bringen wird. Ein letztes Mal kann man einen Blick auf den weißen Haarschopf erhaschen, an dem Sergio Mattarella während der gesamten Feierlichkeiten auch von Weitem sofort zu erkennen gewesen war. Was bleibt, sind die zahlreichen Menschen hinter den Absperrungen, die bis zuletzt “Impffreiheit” verlangen. Und der Eindruck, dass hier soeben ein Staatspräsident abgefahren ist, der sich an Südtirol erinnern wird – an all seine Menschen.

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Paolo Carbone Lun, 06/12/2017 - 14:54

Wer hat am Ende die Nationalhymne gespielt?
Auf jeden Fall stellt Mattarella das beste unserer Politik dar und Gott sei Dank dass der Landeshauptmann es gut verstanden hat.

Lun, 06/12/2017 - 14:54 Collegamento permanente