“Auch dafür lieben wir dieses Land”
Es war auf den Tag genau vor 25 Jahren: Am 11. Juni 1992 überreichte der damalige österreichische Außenminister Alois Mock dem italienischen Botschafter Alessandro Quaroni ein Dokument, das die weitere Geschichte Südtirols maßgeblich bestimmen sollte. Mit der Streitbeilegungserklärung war die Auseinandersetzung zwischen Österreich und Italien in der Südtirolfrage offiziell beendet. Über 20 Jahre lang hatte der Streit vor der UNO angedauert. Nun konnte das Paket, das 1969 von der SVP beschlossen worden war, umgesetzt werden und 1972 das zweite Autonomiestatut in Kraft treten.
Heute, ein Vierteljahrhundert nach der Streitbeilegung, “steht Südtirol dank der auf diese Weise erwirkten Autonomie kulturell und wirtschaftlich gut da”, verkündete Landeshauptmann Arno Kompatscher in seiner Festrede zu den Feierlichkeiten anlässlich 25 Jahren Streitbeilegung. In Deutsch und Italienisch, und immer wieder von Applaus unterbrochen, sprach Kompatscher rund zwanzig Minuten lang.
“Heute dürfen wir uns hier in Meran der Abgabe der Streitbeendigungserklärung vor 25 Jahren erinnern. Es ist eine große Ehre und unterstreicht die Bedeutung dieses Ereignisses, dass dies in Anwesenheit und unter Beteiligung der beiden Staatsoberhäupter der Signatarstaaten des Pariser Vertrags geschieht.”
In der ersten Reihe des bis auf den letzten Platz gefüllten Meraner Kursaal lauschten der italienische Staatspräsident Sergio Mattarella sowie Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen Kompatschers Worten. Doch der Landeshauptmann wollte nicht nur einen Blick zurück, auf den Werdegang der Südtiroler Autonomie werfen, sondern vor allem nach vorne. Einige seiner Worte war jenen, die er vor neun Monaten auf Schloss Sigmundskron gesprochen hatte, sehr ähnlich. Südtirol könne sich heute nicht “zufrieden zurücklehnen und die Hände in den Schoß legen”, sondern “ständig weiterentwickelt (…) werden”.
Direkt an die beiden Staatsoberhäupter gewandt, zeigte sich Kompatscher “zuversichtlich, dass es möglich sein wird, im Geiste der Billigkeit und Weitherzigkeit auch künftig jene Anpassungs- und Erneuerungsmaßnahmen zu vereinbaren und umzusetzen, die objektiv erforderlich sind, um den 1992 vereinbarten Autonomiestandard auch in einem sich wandelnden Rechtsrahmen zu gewährleisten”.
Doch wandte sich der Landeshauptmann nicht nur an Mattarella und Van der Bellen, sondern nahm auch die Südtirolerinnen und Südtiroler in die Pflicht: “Ebenso bin ich zuversichtlich, dass wir selbst noch bestehende Kontroversen in unserem Land, die für das friedliche Zusammenleben hinderlich sind, überwinden können, wenn wir dies in einem respektvollen Dialog miteinander tun.”
“Heimat, sehr geehrte Damen und Herren, ist ein wertvoller Haltegriff in einer Zeit der Verunsicherung und globalen Veränderung. Diese Heimat gibt uns gleichzeitig auch die notwendige Sicherheit, die Möglichkeit zu nutzen, die uns ein Europa ohne Grenzen bietet. In diesem Sinne wollen wir in Zukunft die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Rahmen der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino noch stärker ausbauen. Eben weil wir uns mit unserem kulturellen Reichtum und unserer Mehrsprachigkeit als Brücke zwischen dem deutsch-österreichischen und dem italienischen Kultur- und Wirtschaftsraum, als kleines Europa in Europa, verstehen. Auch dafür lieben wir dieses Land!”