Tabletten-Dosierung per Software
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Südtirol testet in Zusammenarbeit mit der Apotheke Peer in Brixen in vier Seniorenwohnheimen die automatisierte „Verblisterung“ von Medikamenten. Dabei werden die einzunehmenden Tabletten nicht wie bisher händisch vom Fachpersonal zusammengestellt, sondern das übernimmt ein neues Computerprogramm im Verblisterungszentrum von Peer.
Die Seniorenwohnheime erhalten die fertig abgepackte Dosierung in einem Blistersäckchen für die Bewohnerinnen und Bewohner pro Wochentag und Uhrzeit. So können Fehler in der Dosierung der Medikamente vermieden und Zeit gespart werden. Auch die Lagerbestände der Medikamente verringern sich in den Wohnheimen.
„Ich denke, dass die Verblisterung für alle Bereiche anzudenken ist.“
Laut Claudiana zeigen internationale Studien, dass 16 bis 27 Prozent der Personen in Pflegeheimen von Medikationsfehlern betroffen sind. Das hat negativen Folgen wie unerwünschte Arzneimittelwirkungen, Stürze mit Verletzungen, Krankenhauseinweisungen und Todesfälle.
Im Rahmen des Südtiroler Pilotprojekts hat die Claudiana von März bis April 2023 eine Studie zur Evaluierung durchgeführt, die im Jänner 2024 veröffentlichten Ergebnisse liegen SALTO vor. Die Auswertung der 9 Einzel- und 13 Gruppeninterviews mit dem Fachpersonal zeigt, dass die automatisierte Verblisterung großteils positiv aufgenommen wurde. Die Pflegekräfte haben so mehr Zeit für andere Aufgaben und ihre Arbeit wird erleichtert – eine gute Nachricht in Zeiten des Personalmangels.
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Allerdings kann die automatisierte Verblisterung nicht für flüssige Medikamente verwendet werden und auch nicht für Personen, die nur für kurze Zeit im Seniorenwohnheim untergebracht sind. Ändert sich die Therapie, obwohl die Medikamente bereits abgepackt wurden, bedeute das ebenso einen Mehraufwand. Zudem bleibe die Fehleranfälligkeit, vermutlich in geringerem Maß, auch beim neuen System bestehen, da bei der Verteilung der Blistersäckchen oder der Verabreichung der Medikamente menschliches Versagen nicht auszuschließen ist.
Ein weiterer Kritikpunkt, den das befragte Fachpersonal der Seniorenwohnheime äußerte, ist die erhöhte Abfallerzeugung: Denn die Blistersäckchen werden nach jedem Gebrauch weggeschmissen. Sie können bei einem stationären Aufenthalt im Krankenhaus auch nicht mitgenommen werden und landen dann sogar mit den Medikamenten im Müll.
Verblisterung in SüdtirolDerzeit ist die automatisierte Verblisterung nur in den vier Seniorenwohnheimen des Pilotprojekts in Verwendung – in Zukunft könnte sie auf ganz Südtirol ausgeweitet werden. Gesundheitslandesrat Hubert Messner steht der neuen Technologie aufgeschlossen gegenüber: „Ich denke, dass die Verblisterung aufgrund des Medikamentenprozesses, der Patientensicherheit, der Zeitersparnis et cetera für alle Bereiche anzudenken ist.“ Das Pilotprojekt wurde mit einem nationalen Gesetzesdekret bereits im Jahr 2012 ermöglicht.
Nachdem die Zuständigkeit dazu nicht beim Land Südtirol, sondern bei der nationalen Arzneimittelagentur AIFA liegt, müssen nun die rechtlichen Voraussetzungen für die Medikamentenverblisterung in allen Südtiroler Seniorenwohnheimen geschaffen werden. „Wir haben dazu einen Termin bei der AIFA angefragt“, teilt Messner mit. „Was den Umweltaspekt betrifft, wird von den Anbietern daran gearbeitet und das ist für mich ein wichtiger Aspekt, der zu berücksichtigen ist.“
Auch der Verband der Seniorenwohnheime Südtirols spricht sich für die Verblisterung aus. „Die erfolgreiche Pilotierung und eine Studie von Claudiana Research belegen die Vorteile dieser Technologie“, erklärte die Verbandspräsidentin Martina Ladurner bei der Generalversammlung Mitte April. Ebenso die ehemalige Landesrätin für Senioren und SVP-Landtagsabgeordnete Waltraud Deeg will die automatisierte Verblisterung südtirolweit einführen und eventuelle Mehrkosten finanzieren. Ihr Beschlussantrag diesbezüglich soll Anfang Juni im Landtag behandelt werden. Auch die neue Landesrätin für Senioren Rosmarie Pamer hat ihre Unterstützung für das Vorhaben zugesichert.
Ob der Mehrwert der neuen Technik größer ist als deren ökologische Folgen, wird sich zeigen. Erst gestern (21. Mai) forderten die Pädiatriegesellschaften des deutschsprachigen Raums die Pharmaindustrie auf, mehr auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz zu achten. Der Appell dürfte sich auch an die Südtiroler Landespolitik richten.
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