Malser Gegenwind
Für Eduard Bernhart, Agronom, Gemeinderat der Offenen Liste Mals und Sprecher der Plattform für bäuerliche Zukunft, gibt es nur eine mögliche Antwort auf die Pestizid-Verordnung, die seine KollegInnen im Malser Gemeinderat vergangene Woche verabschiedet haben: „Wir werden ziemlich sicher je einen Rekurs in der Gemeinde und beim Verwaltungsgericht einbringen“, sagt er. „Das ist der einzige Weg, der uns bleibt.“ Biologische Landwirtschaft sei gut, aber dieser sehr aggressive Weg sei der falsche – und vor allem illegal, weil die Gemeinde ihre Kompetenzen überschreite, ist der Sprecher jener Initiative überzeugt, in der sich die konventionellen Bauern im Obervinschgau gegen den Malser Sonderweg bei Pflanzenschutzmitteln organisiert haben. „Wenn sich Bio lohnt, werden die Bauern ohnehin in diese Richtung gehen“, meint Bernhart. Allerdings ohne Zwang und Verbote, die in Mals nicht nur das soziale Klima vergiftet hätten, sondern auch die Existenz vieler Betriebe auf das Spiel setzen würde, so die Essenz seiner Aussagen. Denn vor allem die nun beschlossenen Abstandsregeln von 50 Metern würden laut dem Gemeinderat und Bauern-Vertreter bei den kleinparzellierten Flächen in Mals in vielen Fällen einem kompletten Pestizid-Verbot gleichkommen. „Das würde so mancher Hof nicht überleben“, prognostiziert Eduard Bernhart.
Noch im Laufe dieser Woche werden sich die Vertreter der Plattform deshalb erneut mit ihrem Anwalt Arthur Frei treffen, um das weitere Vorgehen abzustimmen. Der Bozner Anwalt hat die Bauern bereits beim Rekurs gegen die Volksabstimmung vertreten, zu dem das Urteil des Verwaltungsgerichts bis heute aussteht. „Die Regelung ist gerichtsfest“, hatte der Malser Bürgermeister Ulrich Veith vergangene Woche nach der Verabschiedung der Verordnung verkündet - auch unter Berufung auf den bereits ausjudizierten Fall Malosco. Anwalt Arhur Frei kann darüber nur lachen: „Im Urteil Malosco steht eingangs ausdrücklich: Ob die Gemeinde zuständig ist, eine solche Regel zu erlassen, hat das Gericht nicht geprüft, weil die Rekurssteller keinen entsprechenden Anfechtungsgrund vorgetragen haben.“ Als „Plunder von Mals“ bezeichnet der Anwalt die mit juristischer Schützenhilfe erarbeitete Bestimmung in Anspielung auf das vielzitierte „Wunder von Mals“. Das meiste sei eine Wiederholung bereits bestehender Bestimmungen oder irrelevant, wie das Verbot der kaum mehr gebräuchlichen giftigsten Pflanzenschutzmittel-Klassen, so sein Urteil. Ausnahme davon sei die Verschärfung der Abstandsbestimmungen. „Die wird meiner Einschätzung nach aber rechtlich nicht halten“, prognostiziert Frei.
Zwei Jahre Zeit wofür?
Dass man dies auch bei der Gemeinde nicht ausschließt, liest der Anwalt aus Artikel 6 der mittlerweile auf der Gemeindehomepage veröffentlichten Durchführungsbestimmungen. Demnach treten sowohl das Verbot der giftigsten Pflanzenschutzklassen als auch die Abstandsregelungen erst nach einer Übergangsfrist von zwei Jahren in Kraft. Ein Zeitraum, innerhalb dessen auch ein Urteil des Verwaltungsgerichts realistisch sei, stellt Anwalt Frei in den Raum. „Jeder Bauer, der aus dieser Regel einen wirtschaftlichen Schaden davon trägt, wird auf Schadenersatz klagen – und das wird richtig teuer“, sagt er. Um dem vorzubeugen, sei man bei der Gemeinde offenbar auf Nummer Sicher gegangen.
Auf Nummer Sicher will aber auch die SVP noch diese Woche im Landtag gehen. Dort steht in der April-Sitzung unter anderem der Landesgesetzentwurf Nr. 74/16 auf der Tagesordnung. „Bestimmungen auf dem Gebiet des Pflanzenschutzes“ lautet der Titel der Norm, in der bereits bestehende Bestimmungen zu den Bereichen Pflanzenschutzmittel sowie Bienenschutz zusammengelegt und durch einige aktuelle Bestimmungen ergänzt werden. Nicht zuletzt mit Schützenhilfe von Veith-Gegenspieler Sepp Noggler will man das Gesetz offenbar auch als Vehikel nutzen, um die Erfolgschancen für die anstehenden Rekurse zu erhöhen. Denn in der zuständigen Gesetzgebungskommission brachte Noggler gemeinsam mit seinen Parteikollegen Oswald Schiefer, Albert Wurzer sowie Maria Hochgruber Kuenzner einen Abänderungsantrag durch, mit dem ein bisher bestehendes Verbot von krebserregenden und giftigen Pflanzenschutzmitteln auf allen öffentlichen Flächen der Provinz gestrichen wurde. Ersetzt wurde dieser Passus durch die Bestimmung, dass die Landesregierung das kompetente Organ zur Anwendung des Gesetzes und zur Umsetzung des nationalen Aktionsplans zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln sei.
Mals, das unbequeme Gespenst
Laut dagegen protestiert hat bereits in der Gesetzgebungskommission der Grüne Abgeordnete Riccardo dello Sbarba. Er wird diese Woche im Landtag einen Minderheitenbericht zu dem Gesetzesentwurf vorlegen. Auch wenn das Wort Mals von der Mehrheit tunlichst vermieden werde, sei es über den gesamten Arbeiten am Gesetzesentwurf geschwebt wie ein unbequemes Gespenst, kann man darin unter anderem lesen. „Die Mehrheit verfolgt mit diesem Gesetz offenbar das Ziel, zu verhindern, dass die Erfahrungen in Mals Schule machen.“ Hieße das Ziel dagegen die Bevölkerung vor schädlichen Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln zu schützen, hätte man im Gesetz viel eher konstante Messungen in allen Anbaugebieten festlegen müssen, sagt der Grüne Landtagsabgeordnete. Denn wie auch die in mehreren Betrieben oder Schulhöfen gefundenen Rückstände im Obervinschgau beweisen würden, reichen die bestehenden gesetzlichen Normen in manchen Fällen nicht aus, um die Bevölkerung tatsächlich zu schützen.
Dello Sbarbas Vorschlag: Auf Basis der Ergebnisse solch regelmäßiger Messungen sollten Gemeinden die Kompetenz erhalten, im Fall von Überschreitungen spezifische Maßnahmen ergreifen zu können. „Die allgemein gültigen Bestimmungen sollten dagegen genauso wie das Monitoring in der Hand des Landes bleiben“, so Riccardo dello Sbarba. Nach einem gescheiterten Versuch in der Gesetzgebungskommission will er nun im Landtag mit Abänderungsanträgen einen zweiten Versuch starten, die Norm doch nicht in diese Richtung zu drehen. Verbündete dafür sind aber mit Ausnahme des Movimento 5 Stelle wenige in Aussicht. „Wenn sich die Provinz Südtirol an den bereits bestehenden Good Practices im eigenen Land orientiert und sie fördert, könnte sie als europaweites Vorbild für eine ökologische Wende in der Landwirtschaft fungieren. Lassen wir uns diese Gelegenheit nicht entgehen“, schließt der Minderheitenbericht des Grünen Abgeordneten. Doch es sieht ganz danach aus, als bliebe er damit in der Minderheit.
Herrn Noggler, der selbst
Herrn Noggler, der selbst Kirschenbauer in Mals ist, muss in diesem Fall wohl Befangenheit unterstellt werden? Offensichtlich will er sich ab dem nächsten Jahr ganz der Landwirtschaft widmen und braucht deswegen die Stimmen seiner Wähler aus Mals nicht mehr, denn sonst würde er sich sicher neutraler Verhalten.
Wäre es nicht sinnvoller endlich dem Volkswillen Gehör zu schenken und alles daran zu setzen eine zukunftsfähigere Landwirtschaft zu betreiben?
Der "primitive" Mensch wird immer den einfacheren Weg wählen, wenn es auch der falsche ist.
Nicht für ungut. Aber hätte
Nicht für ungut. Aber hätte man am Anfang die Fragestellung von einem Richterkollegium prüfen und genehmigen lassen, anstatt von Veith`schen Parteifreunden, dann wären die jetzigen Probleme dieses Glaubenskrieges wesentlich kleiner.
Abgesehen davon kann ich nicht nachvollziehen, warum Noggler die Malser Stimmen nicht mehr brauchen würde.