Kultur | Neuerscheinung

Den Opfern der zweiten Diktatur

Vor kurzem wurde das von Maria Kampp und Oswald Stimpfl verfasste Buch "oh! Bozen" vorgestellt. Zum 25. April eines der insgesamt 37 Kapitel daraus. Ein sehr ernstes.
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  • Das Durchgangslager gehört zu den dunklen Kapiteln der Bozner Geschichte. Es wurde im Sommer 1944 in Betrieb genommen. Rund 11.000 Menschen waren hier inhaftiert. Die Nationalsozialisten deportierten die meisten von ihnen anschließend in die Konzentrations- und Vernichtungslager nördlich des Brenners. 

    Die Gefangenen wurden größtenteils aus oberitalienischen Gefängnissen nach Bozen deportiert und hielten sich oft monatelang und unter furchtbarsten Bedingungen im Bozner Durchgangslager auf. Die meisten waren politische Gefangene. Einige waren aus „Rassegründen“ als Juden, Sinti und Roma oder aufgrund von Sippenhaft inhaftiert worden. Zu den Sippenhäftlingen gehörten auch Angehörige von Südtiroler Kriegsdienstverweigerern. Die Gedenkstätte verläuft parallel zu dem noch erhaltenen Teilstück der Begrenzungsmauer des in den 1960er-Jahren abgerissenen Durchgangslagers. Die Mauer wurde 2001 unter Denkmalschutz gestellt und ist als Erinnerungsort öffentlich zugänglich. Schautafeln erläutern die Lagerorganisation und die Funktionsweise der nationalsozialistischen Deportationsmaschinerie. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Dokumentation der Lebensbedingungen der Deportierten. Abbildungen zeigen Briefe, Tagebucheinträge, Zeichnungen und Musikstücke der Häftlinge, mit deren Hilfe sie sich trotz Gefangenschaf, Zwangsarbeit, Misshandlung und Folter innere Freiheit und Würde zu bewahren versuchten. Auf dem etwa eineinhalb Hektar großen Gelände am südwestlichen Stadtrand standen Häftlingsbaracken, ein Appellplatz, Arbeitsstätten, 30 Isolationszellen und Verwaltungsgebäude. 

  • Soeben erschienen: Viele Geschichten rund um Bozen. Heitere und weniger heitere... Foto: SALTO
  • Auch im Durchgangslager Bozen wurde gefoltert und gemordet. Menschen mussten unter sklavenähnlichen Bedingungen Zwangsarbeit leisten – innerhalb und außerhalb des Lagers. Einige Häftlinge bildeten eine Untergrundorganisation. Sie versuchte, die schlechte Versorgungslage der Deportierten zu verbessern und einen geheimen, unzensierten Briefkontakt mit deren Herkunftsfamilien zu ermöglichen. Unterstützung von außen erhielt sie vom „Komitee der nationalen Befreiung“ (CLN) und von vielen im nahen italienischsprachigen Semirurali-Viertel lebenden Familien. Zwischen Ende April und Anfang Mai 1945 ließ die Lagerführung die letzten der rund 3.000 inhaftierten Menschen frei. 

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    Nach Kriegsende wurde das Lager kurzzeitig als Internierungslager für deutsche Kriegsgefangene genutzt, später als Sommerferienlager der katholischen Arbeiterwohlfahrt, Abendschule und Kinderheim. Zeitweise wohnten dort auch Bozner Familien, die nach den Bombenangegriffen auf Bozen ihre Wohnungen verloren hatten. Nach dem Abriss befndet sich an der Stelle des Durchgangslagers heute eine Kindertagesstätte. Nur wenige der für die Gräueltaten Verantwortlichen wurden gerichtlich belangt und verurteilt. In den 1990er-Jahren entdeckte man am Sitz der Militäranwaltschaft in Rom den Armadio della Vergogna (Schrank der Schande) mit Akten über Kriegsverbrechen, auch Unterlagen zum Durchgangslager Bozen. Dadurch konnte der ehemalige Lageraufseher, der sich Jahrzehnte zuvor unbehelligt nach Kanada abgesetzt hatte, vor Gericht gestellt werden. Das Militärgericht Verona verurteilte ihn wegen Mord und Folter zu lebenslanger Haf. Erst 2008 konnte er an Italien ausgeliefert werden, wo er nach zwei Jahren Haft verstarb. 

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Simonetta Lucchi Sa., 27.04.2024 - 08:01

Molti materiali relativi al campo di concentramento di Bolzano sono stati studiati e approfonditi da insegnanti di Bolzano, uno dei quali ha scritto anche a titolo volontario il testo del pezzo teatrale "Lager" che da oltre vent'anni viene portato nelle scuole. Purtroppo non c'è stato (c'è) riconoscimento né memoria anche del lavoro di tanti che ogni giorno trasmettono e approfondiscono queste vicende, compresa la raccolta infinita e ancora aperta delle testimonianze, del genocidio dei sinti e dei rom, delle responsabilità e del non detto.

Sa., 27.04.2024 - 08:01 Permalink