Politik | Militär

Kein Dienst unter der Tricolore

Matteo Salvini macht sich für eine sechsmonatige Wehrpflicht in Italien stark. Heftigen Gegenwind gibt es von Seiten der Süd-Tiroler Freiheit.
Frecce Tricolori
Foto: Seehauserfoto
  • Der Gesetzesentwurf ist bereits ausgearbeitet: Matteo Salvini und seine Lega wollen eine Wiedereinführung der Wehrpflicht in Italien. Dem Verkehrsminister zufolge sei die Wehrpflicht eine wichtige Form der staatsbürgerlichen Erziehung, die es dem Einzelnen ermögliche, sich an gemeinnützigen Initiativen wie Such- und Rettungsaktionen, Katastrophenschutz, Erste Hilfe und Waldschutz zu beteiligen. Die Süd-Tiroler Freiheit will davon nichts wissen. Das genannte Argument sei in Bezug auf Südtirol hinfällig, da sich hier viele Bürger ohnehin schon ehrenamtlich in Vereinen betätigen würden. Dass Salvini mit dem Vorhaben eine staatsbürgerliche Erziehung implementieren will, damit die Jugend Italiens die Liebe zum Vaterland kennenlernt, sieht die Süd-Tiroler Freiheit kritisch: „Das ist mit dem Minderheitenschutz im Grunde genommen nicht vereinbar. Sollen die jungen Südtiroler etwa lernen, dass sie die Liebe zu Italien halten sollen?“, wettert der Landtagsabgeordnete der Partei Sven Knoll. Das Problem an dem Gesetzesentwurf sehe er vor allem in folgendem Aspekt: Wer Jugendliche an Waffen ausbildet, habe im Hinterkopf, dass diese die Geräte irgendwann dann auch verwenden. Gerade in Zeiten von Krisen und Konflikten in Europa, wo manche Staaten wie Frankreich davon sprechen, dass Europa Armeen im Krieg gegen Russland einsetzen muss, sollte man sich laut dem STF-Mann die Frage stellen, was der Wehrdienst bedeutet: „Heißt das, dass Südtiroler Jugendliche vielleicht in Zukunft irgendwo für Italien in den Krieg ziehen müssen?“, fragt sich Knoll. 

     

    „Warum lernt man dort italienisch? Weil das Recht auf Gebrauch der Muttersprache missachtet wird.“

  • Sven Knoll: „Heißt das, dass Südtiroler Jugendliche vielleicht in Zukunft irgendwo für Italien in den Krieg ziehen müssen?“ Foto: STF
  • Hinzukomme, dass viele ehemalige Südtiroler, die den Dienst absolvierten, ihn als verlorene Lebenszeit ansehen würden, ganz abgesehen von den Schikanen wie dem Verbot der Verwendung der deutschen Muttersprache während dieser Zeit. Die Süd-Tiroler Freiheit spricht außerdem davon, dass durch einen allgemeinen Militärdienst ein großer wirtschaftlicher Schaden entstünde, da viele Berufstätige für eine lange Zeit fehlen würden. Nicht zuletzt spiele auch das Thema der Kasernen und Militärwohnungen eine zentrale Rolle. Was mit den vielfach anderweitig genutzten Einrichtungen passieren würde, ist nämlich unklar. Die Landtagsfraktion stellt sich also die Frage, was mit diesen passiert. Ob alte Kasernen zum Beispiel wieder in Betrieb genommen oder sogar neue gebaut werden. Das oftmals gehörte Argument, dass man beim Wehrdienst die italienische Sprache lernt und sich manch ehemaliger Absolvent dies für seine Kinder wünscht, hält Knoll nicht für sinnhaft. „Warum lernt man dort Italienisch? Weil das Recht auf Gebrauch der Muttersprache missachtet wird. Es kann nicht sein, dass Menschen Befehle entgegennehmen müssen, die sie unter Umständen gar nicht verstehen“, kritisiert der Abgeordnete. Es habe in der Vergangenheit sogar Fälle gegeben, wo Südtiroler die Befehle nicht verstanden hätten und dies dann als Befehlsverweigerung aufgefasst wurde. 

  • Ein Antrag gegen das Vorhaben

    Die Rot-Weiße-Fraktion: „Nein zu jeglicher Wehrpflicht in Süd-Tirol!“ Foto: SALTO

    Mit einem Begehrensantrag, der bereits eingereicht wurde, wollen die Landtagsabgeordneten Knoll, Atz-Tammerle, Zimmerhofer und Rabensteiner deshalb den Südtiroler Landtag dazu verpflichten, das Römische Parlament und die Regierung dazu aufzufordern von der Einführung einer allgemeinen Wehrpflicht abzusehen. Sollte es doch so weit kommen, solle der Landtag aufgrund des Minderheitenschutzes eine Sonderregelung für Südtiroler mit deutscher und ladinischer Muttersprache einfordern, sodass diese vom Dienst befreit werden. „Das ist im internationalen Kontext durchaus üblich“, erklärt Knoll, „In Israel beispielsweise ist die arabische Bevölkerung vom Wehrdienst ausgenommen.“ Wer den Dienst trotzdem machen möchte, soll natürlich die Möglichkeit erhalten. Es sei nämlich wichtig, dass es jedem freisteht, den Wehrdienst für einen „fremden Staat“ auszuüben oder nicht, damit kein Jugendlicher, der sich dem Staat nicht zugehörig fühlt, zum Dienst gezwungen werden kann.

    Bereits im vergangenen Jahr hatte sich der Landtag aufgrund eines Beschlussantrages der Süd-Tiroler Freiheit gegen jegliche Form einer Wiedereinführung der Wehrpflicht in Italien ausgesprochen. Der Einbringerpartei zufolge gelte es nun, dies auch in Rom zu unterstreichen. 

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Hartmuth Staffler Mi., 15.05.2024 - 17:50

Antwort auf von Josef Ruffa

Das Schweizer Miliz-System, das stark an unsere vergangene Wehrfreiheit mit unseren Schützen lau Landlibell von 1511 erinnert, wäre für Südtirol ideal. Zum letzten Mal hat sich unser Wehrsystem bei der Abwehr der italienischen Aggression im Jahr 1915 bewährt. Unsere Schützen konnten die mit einer personellen Übermacht von 10:1 und einer materiellen Übermacht von 50:1 engreifenden Italiener drei Jahre lang aufhalten, Italien hat uns erst nach Kriegsende als Kriegsbeute zugesprochen bekommen.

Mi., 15.05.2024 - 17:50 Permalink
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Cicero Do., 16.05.2024 - 08:37

Antwort auf von Hartmuth Staffler

Ein eigenes Milizsystem für Südtirol wird es nicht geben, da Landesverteidigung ureigenste staatliche Aufgabe ist und Südtirol ist nun mal Teil Italiens, ob man das wahrhaben will oder nicht. Wie sollte ansonsten eine Landesverteidigung funktionieren? Nehmen wir an Südtirol würde von Norden her angegriffen; ich weiß ein sehr weit hergeholter Fall. Sollten dann italienische Truppen unser Land verteidigen oder würden das wieder die erwähnten Schützen übernehmen? Falls zweites der Fall sein sollte wird mir aber Angst und bange, da vor einigen Wochen der ehemalige Schützenoberhäuptling Anderlan der Ukraine indirekt die Empfehlung gab besser zu kapitulieren um den Krieg nicht länger in die Länge zu ziehen.

Do., 16.05.2024 - 08:37 Permalink
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Hartmuth Staffler Fr., 17.05.2024 - 14:52

Antwort auf von Cicero

Ich habe mich auf die Antwort von Josef Ruffa bezogen, der Sven Knoll das Studium des Schweizer Systems empfohlen hat, ohne anscheinend zu wissen, wie das funktioniert, weshalb ich versucht habe nachzuhelfen. Selbstverständlich weiß ich, dass wir, so lange wir zu Italien gehören, unsere Wehrfreiheit nicht wiedererlangen werden. Um so weniger besteht aber ein Grund, das wir Italien, das uns seinerzeit angegriffen hat, nun gegen wen auch immer verteidigen sollten. Absurder geht es wohl nicht.

Fr., 17.05.2024 - 14:52 Permalink
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Cicero Sa., 18.05.2024 - 07:59

Antwort auf von Hartmuth Staffler

Schon mal darüber nach gedacht, dass wir nicht primär Italien, sondern uns selber vertridigen?? Ein, hoffentlich nie stattfindender, nächster Krieg wird wohl eher nicht an der Dolomitenfront zwischen Kaiserjägern und Alpini ausgefochten, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach an der NATO Ostflanke, an der Europa und unsere freiheitliche Gesellschaft verteidigt wird und ja, wenn notwendig sollten wir da auch Italien mit verteidigen, auch wenn „uns“ Italien vor 110 Jahren angegriffen hat.

Sa., 18.05.2024 - 07:59 Permalink
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Cicero Do., 16.05.2024 - 08:24

Viel Wirbel um Nichts. Erstens handelt es sich um einen Vorschlag von Salvini und es wurde noch nichts beschlossen und zweitens ist es mit Blick auf die aktuelle Sicherheitslage in Europa nicht falsch zumindest über ein Miliz- oder Wehrpflichtmodell nachzudenken.

Ich selber bin in den "Genuss" gekommen den damals noch verpflichtenden zwölfmonatigen Wehrdienst abzuleisten und ich kann keines der genannten Horrorszenarien bestätigen. Ich habe dort wirklich nette Kollegen aus dem gesamten Staatsgebiet kennengelernt, die oftmals von den Südtiroler Realitäten keine Ahnung hatten und meistens eher interessiert gefragt haben als nationalistische Töne zu spucken. Das Argument mit den Befehlen die man eventuell nicht versteht ist eigentlich ein Armutszeugnis dafür, dass man nach neun Jahren Pflichtschule und damit verbundenem italienisch Unterricht nicht im Stande ist die Sprache zumindest soweit zu lernen, um wirklich simple Befehle zu verstehen. Und auch die Aussage es handele sich um "verlorene Lebenszeit" zieht für mich in Zeiten von Weltreisen nach dem Maturaabschluss, überlangen Studienzeiten usw. nicht.

Do., 16.05.2024 - 08:24 Permalink
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Factum Est Do., 16.05.2024 - 12:29

Antwort auf von Cicero

Zu meiner Schulzeit in de 70gern des letzten Jahrhunderts wurden Uns Lehrpersonen vorgesetzt die aus der Poebene kamen und kein Wort Deutsch verstanden. Im Gegensatz zu meinem späteren Militärdienst in den 80gern sehe ich dort eher einen Missbrauch von Schutzbefohlenen.
Beim Militärdienst war ich Einziger deutschsprachiger in der Camerata. Dies hatte zur Folge dass ich meine Italienisch Kenntnisse zwar nur in Verbindung der anwesenden Bergamasci und den dort gesprochenen Dialekt verdanke, aber Es hat doch massgeblich positive Zeichen für die Zweisprachigkeit hinterlassen.

Do., 16.05.2024 - 12:29 Permalink
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Factum Est Fr., 17.05.2024 - 12:26

Antwort auf von Hartmuth Staffler

Eine Frage Herr Staffler? Sie haben natürlich Recht wenn ich Worte falsch schreibe. Mich würde aber eher interessieren ob Sie überhaupt den Staatsdienst geleistet haben?
Für mich muss ich noch erwähnen dass ich seit meiner Militärzeit vor 40 Jahren kein Gewehr oder andere Kurzwaffen mehr in den Händen hatte.

Fr., 17.05.2024 - 12:26 Permalink
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Stefan S Do., 16.05.2024 - 08:38

Wenn eine allgemeine Wehrpflicht auch alternativ mit Sozialdienst abgeleistet werden kann finde ich es durchaus angebracht. In D wird das Thema auch aktuell wieder relevant.

Do., 16.05.2024 - 08:38 Permalink
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Hartmuth Staffler Do., 16.05.2024 - 13:42

Das Problem ist doch, dass wir keine Italiener sind, und dass wir Militärdienst bei einem Militär leisten sollten, das uns 1915 angegriffen hat, ein rein imperialistischer Angriffskrieg, der auf unserer Seite zehntausende Tote und Verwundete gekostet hat. Das italienische Militär hat übrigens in seiner unrühmlichen Geschichte ausschließlich Angriffs- und Vernichtungskriege geführt, ein weiterer Grund dafür, dass wir bei diesem Verein nicht mitmachen sollten.

Do., 16.05.2024 - 13:42 Permalink
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Cicero Do., 16.05.2024 - 15:59

Antwort auf von Hartmuth Staffler

1915 hat das Königreich Italien das Kaiserreich Österreich Ungarn angegriffen. Beide Staaten existieren heute nicht mehr; noch dazu ist der Angriffskrieg im Strudel des 1. Weltkriegs erfolgt den Österreich Ungarn mit den Angriff auf Serbien eröffnet hat. Schwierige Diskussion.

Fakt ist, dass weder die Republik Italien, noch die BRD, noch die Republik Österreich seit 45 einen Angriffskrieg geführt haben und ich habe auch nicht das Gefühl, dass ein Verlangen danach besteht. Eine Wiedereinführung der Wehrpflicht ist für mich daher nur aus dem Blickwinkel der Eigenverteidigung zu sehen und da sollte Südtirol als Teil Italiens, der EU, der NATO auch seinen Beitrag leisten und nicht auf Ereignisse verweisen die über 100 Jahre zurück liegen.

Do., 16.05.2024 - 15:59 Permalink
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Factum Est Fr., 17.05.2024 - 12:39

Antwort auf von Cicero

Diesem kann ich nur zustimmen. Was mich verwirrt ist der Kommentar des Herrn Staffler bezüglich Angriffskrieg der D und Ö Kaiserreiche. Im 1. WK war es der deutsche Kaiser der den Westen und Frankreich angegriffen hatte um die Schmach der verlorenen Schlachten Jahrzehnte vorher zu sühnen. Genauso war es Deutschland unter Hitler der den Osten und Polen angegriffen hat. D und Ö müssen eigentlich froh sein dass Sie als Staaten Heute noch genannt und existieren können. Schon aufgrund der vielen Millionen Toten hätten Sie kein Recht gehabt nach einem Jahrzehnt von 1945 wieder an den Aufbau eines Heeres zu erlangen.

Fr., 17.05.2024 - 12:39 Permalink
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Hartmuth Staffler Fr., 17.05.2024 - 15:00

Antwort auf von Factum Est

Unleugbare Tatsache ist, dass uns Italien am 23. Mai 1915 den Krieg erklärt hat und dass es sich um einen imperialistischen Angriffskrieg gehandelt hat. Entweder man respektiert die Geschichte, um auch etwas daraus zu lernen, oder man vergisst alle vergangenen Verbrechen und Menschenrechtsverletzungen, das heißt man will gar nicht lernen.

Fr., 17.05.2024 - 15:00 Permalink
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Cicero Sa., 18.05.2024 - 07:45

Antwort auf von Hartmuth Staffler

Uns?? Wer ist uns? Das Königreich Italien hat der KuK Monarchie den Krieg erklärt. Die KuK Monarchie als „uns“ zu bezeichnen finde ich als überzeugter Republikaner sehr, sehr schwierig und noch dazu ist das Italien von heute genauso wenig mit dem Königreich von damals zu gleich zu setzen, wie es die Republik Österreich mit der KuK Monarchie ist. Mir ist durchaus bewusst, dass die Folgen des 1. WK tiefe, tiefe Einschnitte für unser Land bedeutet haben und Wunden rissen die nur sehr langsam verheilt sind, aber bald 110 Jahre später hat sich die Weltlage geändert und ein gemeinschaftlicher, europäischer Blick auf viele Dinge hilft auch die Vergangenheit zu überwinden.

Sa., 18.05.2024 - 07:45 Permalink
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Cicero Sa., 18.05.2024 - 07:51

Antwort auf von Hartmuth Staffler

Ich werfe mal etwas provokant ein, dass ihre Verweise auf 1915 und in diesem Zusammenhang die Bezeichnung „uns“ mit Blick auf die Donaumonarchie eher auf ein Nachtrauern vergangener Zeiten schließen lassen.

Ich für meinen Teil bin davon überzeugt, dass (auch) die brutalen, blutigen, schmerzhaften Ereignisse der ersten Hälfte des 20. Jh. uns Europäer zu einer säkularen, demokratischen, friedlichen Gesellschaft haben werden lassen und ich trauere dem Früher daher null komma null nach.

Sa., 18.05.2024 - 07:51 Permalink
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Josef Fulterer So., 19.05.2024 - 19:39

Es war doch der Kaiser Franz Josef, der sich vom Krieg-lüsternen deutschem Wilhelm + seinen eigenen albernen Militär-?...Fachleuten überzeugen ließ, dass man sich von den Serben nichts gefallen lassen soll ...
Der Rest mit dem Desaster zweier Weltkriege ist bekannt ...

So., 19.05.2024 - 19:39 Permalink